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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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Stunden und Stunden in Sekunden. Devin sprach von »auf Wechselbalgzeit laufen« und meinte damit diesen Zustand, in dem die Zeit zu schnell dahinrast, und ganz gleich wie viel man noch hat, es ist immer zu wenig. Während der Fahrt konnte ich an nichts anderes denken als daran, wie es mich damals schier umgebracht hatte, Gillian zu verlieren. Ich konnte nicht zulassen, dass Mitch und Stacy so etwas zustieß. Ich musste es irgendwie verhindern.
    Mitch kam mir am Auto schon entgegen. »Mitch«, sagte ich und nahm ihn in die Arme. Er hielt sich einen Moment bebend an mir fest, bevor ich ihn auf Armeslänge von mir weghielt und ihm in die Augen sah. »Wo ist Stacy?«
    »Drinnen«, sagte er. Seine Stimme zitterte genauso wie sein Körper. »Sie kann die Kinder nicht aus den Augen lassen. Sie hat mich gezwungen, Karen nach unten zu tragen, damit sie sie im Schlaf bewachen kann.«
    »In Ordnung. Kannst du mir ein paar Fragen beantworten, bevor ich reingehe?«
    Er starrte so lange stumpf ins Leere, dass ich schon Angst bekam, er verstünde mich gar nicht. Dann schüttelte er sich und sagte: »Ich kann’s versuchen.«
    »Stacy sagte, Andrew und Jessica sind weg.« Er nickte. Ich fuhr fort: »Hast du sie ins Bett gehen sehen?«
    »Ja. Da waren sie noch da, und Cassie sagt, dass Jessica noch im Bett lag, als sie heute früh ging.«
    »Gut zu wissen.« In diesem Moment sprang Spike vom Wagendach auf meine Schulter und ankerte sich durch meine Lederjacke hindurch mit einem vollständigen Satz Krallen. Ich zuckte heftig zusammen. Katzen sind stumpfes Gerät im Vergleich mit Rosenkobolden.
    Mitch starrte ihn an. »Toby, warum sitzt ein Rosenkobold auf deiner Schulter?«
    »Spike wollte unbedingt mit, und ich hatte keine Zeit für Diskussionen.« Spike schnupperte hörbar die Luft und knurrte grollend. Ich runzelte die Stirn. »Das hat er noch nie gemacht. Spike? Was stimmt nicht?« Ohne weitere Warnung schnellte er sich von meiner Schulter und raste auf das Haus zu, dass unter seinen Pfoten die Grassoden aus dem Rasen flogen. Er sah wütend und angriffslustig aus, als stürmte er zur Verteidigung seines Reviers gegen einen unwillkommenen Eindringling. Ich warf Mitch einen schnellen Blick zu. »Geh du zu Stacy.« Dann setzte ich Spike nach.
    Beim Rennen über den Rasen holte ich ein Stück von Spikes Vorsprung auf, aber dann sprang er durchs Fenster ins Wohnzimmer, wohingegen ich gezwungen war, die Tür zu nehmen. Er erreichte die Treppe vor mir, indem er in weiten Sätzen über die Möbel hinwegschoss, während ich mich an Stacy und den Kindern vorbeischlängeln musste. Wir jagten die Stufen hoch zum oberen Flur, wo er im Kreis lief und zornig mit den Dornen rasselte. Er stieß ein tiefes, knurrendes Geräusch aus, fast unterhalb der Hörgrenze, als ob irgendetwas an diesem Flur ihn ganz wild machte. Das gefiel mir gar nicht. Spike gehörte ursprünglich der Gräfin von Schattenhügel. Er konnte ziemlich gut einschätzen, was gefährlich war und was nicht, und wenn dieser Flur ihn dermaßen auf die Palme brachte …
    Ich zog mein Messer, hielt es an der Hüfte. »Wo lang?« Spike sah auf und fauchte. Ich seufzte. »Das hilft nicht weiter.«
    Es gab sechs Türen. Eine führte in den Wäscheschrank, die daneben ins Badezimmer. Die Tür zu Cassandras Zimmer war halb angelehnt und offenbarte ein Stück Fußboden mit herumliegenden Papierstapeln und hingeworfenen Klamotten. Die Tür zu Mitchs und Stacys Zimmer stand offen und zeigte das ungemachte Bett. Mitch arbeitet nachts. Stacy musste ihn geweckt haben, als sie die Kinder vermisste.
    Die vorderste Tür führte zu Jessicas und Karens Zimmer, die Tür zu Anthonys und Andrews Zimmer lag gegenüber auf der anderen Seite des Flurs. Beide Zimmer waren unaufgeräumt, an der Grenze zum Chaos. Nichts Ungewöhnliches in diesem Alter. Ich schaute erst ins Mädchenzimmer und hielt nach Spuren eines Kampfes Ausschau. Es herrschte Unordnung, aber innerhalb des normalen Rahmens für einen Raum, den sich zwei halbwüchsige Kinder teilten. Was immer passiert war, Jessica hatte dieses Zimmer anscheinend kampflos verlassen.
    Als ich gerade über die Schwelle treten wollte, legte sich eine Hand auf meine Schulter. Ich verkrampfte mich, und nur der Gedanke an Anthony und Cassandra hielt mich davon ab, gleich Klinge voran herumzuwirbeln. Manchmal denke ich, ich werde langsam gewaltgeil. Dann fällt mir ein, wer und was alles schon versucht hat, mich umzubringen, und ich frage mich, warum die Paranoia

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