Oder sie stirbt
Fiberestore-Spot ist zwei Jahre alt. Der Vertrag lautet auf eine Deborah B. Vance, aber dieser Name taucht beim Einwohnermeldeamt nicht auf. Schauspielerinnen sind ätzend. Die müssen sich alle fünf Minuten neu erfinden, arbeiten ständig unter verschiedenen Namen, ziehen um und zahlen ihre Steuern nicht. Und ihre Finanzen sind ungefähr so übersichtlich und griffig wie Spaghetti. Ich hab bei SAG und AFTRA angerufen, den Schauspielergewerkschaften, aber niemand hat unter diesem Namen Beiträge bei ihnen gezahlt. Ich könnte noch weiter nachforschen, aber …« Er warf Sally einen Blick zu, der Bände sprach, »… das ist nicht unser Fall, und Sie können sicher sein, dass das Morddezernat uns für jeden unserer Schritte …«
Von draußen hörte man ein: »Officer, es geht wirklich nicht, dass der Patient unbeschränkt Besuch bekommt …« Eine dröhnende Stimme antwortete ihr: »Nicht Officer. Captain.«
Valentine sah zu Sally, und seine Lippen formten ein lautloses
Fuck.
Im nächsten Moment ging auch schon die Tür auf, und der Captain trat mit seinem Assistenten ein. Seine Augen, die genauso kaffeebraun waren wie seine Haut, schweiften durch den Raum. Mit seiner mittleren Größe und seinem Körper, der durch das fortgeschrittene Alter nicht mehr ganz so topfit war, wäre er im Grunde keine besonders imposante Erscheinung gewesen, doch die Autorität strahlte von ihm aus wie ein radioaktives Glühen. An seinem Hals pochte eine Ader, doch abgesehen davon schien er seine Wut unter Kontrolle zu haben. »Sie haben tatsächlich den Hauptverdächtigen mitgenommen, um im Todesfall einer Person zu ermitteln, die in seinem eigenen Fall eine Rolle spielt?« Er zeigte mit zwei Fingern auf mich. »Sie können nicht mal wissen, ob er nicht selbst am Steuer des Unfallwagens saß.«
»Das ist unmöglich, Sir.«
»Ach ja? Und warum, Detective Richards?«
»Weil wir seit dem Zeitpunkt seiner Entlassung zusammen waren.«
»Sie haben ihn in der Stadt abgeholt?« Er spuckte jede Silbe einzeln aus.
Peraltas Monitor gab weiter seine beruhigenden Piepser von sich.
»So ist es, Captain.«
Er atmete tief durch und blähte die Nasenflügel. »Darf ich Sie mal einen Moment allein sprechen?«, bat er die beiden. Dann blieb sein Blick kurz an mir hängen – die erste Würdigung meiner Anwesenheit. »Sie warten im Flur.«
Wir nahmen alle drei Haltung an. Während ich mich auf einen Stuhl im Wartezimmer setzte, folgten Sally und Valentine dem Captain in ein leeres Krankenzimmer. Die Tür schloss sich mit einem leisen Klicken, dann herrschte absolute Stille. Kein donnernder Bariton, kein wütendes Nebelhorn, nur schauderhafte Grabesstille.
Mein Handy summte, und während ich es herauszog, hoffte ich inständig, dass es Ari wäre. Doch die Nummer auf dem Display war die meiner Eltern. Ich atmete tief durch und schob das Telefon wieder in die Tasche. Schlechter Zeitpunkt für Erklärungen.
Der Captain kam aus dem Zimmer, sein Assistent hechelte neben ihm her, und die beiden zischten so nah an mir vorbei, dass sie mir fast auf die Füße gestiegen wären. Valentine folgte einen Moment später. Seine Stirn glänzte schweißfeucht. Er blieb kurz vor mir stehen, blickte aber weiter starr geradeaus. »Ich hab vier Söhne, Davis. Das macht ’ne Menge Rechnungen, die ich jede Woche zahlen muss. Der Fall liegt beim Morddezernat, und zwar ausschließlich. Tut mir leid, Mann, aber ich werd für Sie nicht meine Karriere aufs Spiel setzen.«
Ich deutete auf Mikey Peraltas Zimmer. »Die haben ihn umgebracht.«
»Der Junge ist schon zweimal wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen worden. So ein Autounfall ist da keine große Überraschung.«
»Das wussten sie. Deswegen haben sie ihn doch ausgesucht.«
»Ach, das auch noch, was?« Er strich sich mit Daumen und Zeigefinger über den Schnurrbart. »Die Sache ist eine Nummer zu groß für Sie. Die Polizei, die Verschwörer, die Presse – alle beobachten Sie. Wenn Sie auch nur das geringste bisschen Ärger verursachen – und es muss wirklich nur das geringste bisschen sein –, dann sind Sie geliefert. Und wir werden Ihnen nicht helfen können. Mein Rat ist: Gehen Sie nach Hause, beruhigen Sie sich, und warten Sie ab, bis sich die Dinge von selbst geordnet haben.«
Er steuerte auf die Fahrstühle zu. Ich studierte meine Schuhspitzen und war mir schmerzlich bewusst, dass Sally sich noch hinter der geschlossenen Tür auf der anderen Seite des Korridors befand. Meine einzig
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