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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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verletzlich, frustriert, geschädigt gehalten.
    Man hatte ihn dafür bezahlt, mich zum Narren zu halten.
    Er verkörperte meine Hoffnungen und Ängste. Er hatte gewusst, wie verzweifelt ich ihn hatte erlösen wollen – und auch mich. Wie man es auch betrachtete: Dieser Betrug war einfach maßlos und demütigend gewesen.
    Sally sagte etwas, aber in meinen Ohren rauschte es, als wären sie die Echokammer für meine Gedanken. Ich blinzelte. »Ja?«
    »Ich habe gesagt, wenn wir Doug Beeman finden, können wir Ihre Unschuld beweisen.«
    Von irgendwo kam ein elektronisches Zirpen, und Sallys Hand zuckte zu ihrer Hüfte. Wir sahen einander an. Mit einer stummen Kopfbewegung deutete sie aufs Bad. Ganz langsam schlichen wir hinüber. Der ausgetretene Teppich schluckte das Geräusch unserer Schritte. Unter dem Druck ihrer Knöchel gab die Tür leise nach.
    Das Badezimmer war leer, aber als wir hinter die abgesprungenen Fliesen der Ablage spähten, sahen wir unter der Toilettenschüssel ein Handy liegen. Wahrscheinlich war es jemandem beim Hinsitzen aus der Hosentasche gerutscht und auf den schäbigen Badvorleger gefallen.
    Es zirpte wieder.
    Während Sally noch ausatmete, bückte ich mich und klappte das Telefon auf. Der Bildschirmschoner bestand aus einem Bild von Jessica Alba aus
Sin City,
darunter stand in violetten Buchstaben der Name des Besitzers: MIKEY PERALTA . Doug Beemans echter Name? Auf dem Handy, das er angeblich nicht besaß?
    Ich stellte auf Lautsprecher und hörte die Nachricht ab.
    »Sie haben eine Nachricht von …«
Es ertönte eine keuchende Stimme mit starkem New Yorker Akzent. »… Roman LaRusso.« Dann ging es weiter: »Mikey, hier ist Roman. Die Deo-Leute haben mich heute total panisch angerufen, weil sie dich am Morgen telefonisch nicht erreichen konnten. Ich dachte erst, du hast wahrscheinlich bloß einen Kater, aber dann habe ich gehört, dass du eventuell einen Unfall hattest – stimmt das? Geht es dir gut? Schaffst du es morgen ans Set? Ruf mich an. Bitte, ich mach mir echt Sorgen.«
     
    Zwanzig Minuten später waren wir im Valley Presbyterian Hospital und standen neben dem Körper von Mikey Peralta: Die Herztöne auf dem Monitor piepsten vernehmlich, und die Kurve verlief in so dramatischen Höhen und Tiefen, dass daneben jede Technologieaktie blass ausgesehen hätte. Eines seiner elfenbeinglatten Augenlider war geschlossen, das andere stand auf Halbmast, so dass man den weinroten Augapfel sehen konnte. Seine Stirn war auf der rechten Seite eingedrückt, ein blutleeres, faustgroßes Stück. Das blaugrüne Krankenhausnachthemd spannte über seinem kompakten Brustkorb. Seine Arme waren schlaff, die Finger unnatürlich nach innen gekrümmt. Dunkles, bauschiges Haar mit zurückweichendem Haaransatz rahmte das kalkweiße Gesicht auf dem Kissen.
    Hirntot.
    Die Krankenschwester der Intensivstation unterhielt sich hinter mir mit Sally. »… einen Unfallbericht. Genau, ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Ich nehme an, dass niemand das Ganze beobachtet hat, deswegen war er schon so gut wie weggetreten, als er eingeliefert wurde.«
    Ich musste immer noch gegen meinen Schock ankämpfen. Während Sally mehrmals das Zimmer verließ, wieder zurückkam, Anrufe annahm und Informationen sammelte, stand ich nur benommen neben dem gleichgültigen Körper. Es war mir unmöglich, ihn in Gedanken nicht Doug Beeman zu nennen.
    Ich trat an sein Bett und hob seine Hand an. Totes Gewicht. Ich drehte sie um. Die Innenseite seines Handgelenks war ganz glatt – die Narben von den Rasierklingen waren also auch nur Make-up und Special Effects gewesen.
    Sanft legte ich seinen Arm wieder auf die Matratze. Die Luft um ihn herum war geschwängert von Whiskygeruch.
    Als Valentine eintraf, berieten sich Sally und er mit gedämpfter Stimme. »Das wird dem Morddezernat garantiert nicht gefallen, dass der hier rumhängt.«
    »Weißt du, wir haben im Moment wirklich andere Sorgen«, erwiderte Sally. »Offensichtlich kümmern sie sich jetzt um ihre Fehler und verwischen mögliche Spuren. Sowie sie erfahren haben, dass Patrick wieder auf freiem Fuß ist …«
    »Ich bitte dich. Die haben keine Lust auf ein Jack-Ruby-Erlebnis mit ihm. Dadurch wird nur noch mehr ins Auge fallen, dass die Sache inszeniert wurde …«
    Ich drehte mich zu ihnen um, und beide verstummten. »Elisabeta wird die Nächste sein«, sagte ich. »Haben Sie sie gefunden?«
    »Ich konnte sie nicht ausfindig machen«, erklärte Valentine. »Dieser

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