Oder sie stirbt
ZUSTELLUNG AM SELBEN TAG . Während ich meine Schlüssel herausfummelte, sprangen mir ein paar Absendernamen ins Auge –
Larry King Live,
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, Barbara Walters.
Gerade als ich den Schlüssel ins Schloss stecken wollte, ging die Tür auf, und ich hörte Ariana schreien: »Ich hab es Ihnen schon einmal gesagt – bleiben Sie von meiner Veranda weg, oder ich rufe wieder die Polizei …«
Sie erstarrte, und wir sahen uns sprachlos über die Schwelle hinweg an. Auf ihrem angespannten Gesicht flackerte ein Blitzlichtgewitter, das dem Crescendo meines Herzschlags entsprach.
Wie wär’s mit einer Umarmung zum Wiedersehen Sind Sie böse auf Ihren Können wir einen Moment Was Sie jetzt fühlen müssen
–
Ari packte meine Hand und zog mich nach drinnen. Die Tür flog zu, und ich war zu Hause.
»Schließ ab«, sagte sie, und ich gehorchte. Sie konnte meine Hand nicht loslassen. Zusammen gingen wir zum Sofa und setzten uns fast ruhig nebeneinander. Auf dem stumm gestellten Flachbildschirm zeigte Fox News gerade eine Aufnahme aus dem Hubschrauber, der über uns kreiste. Ich beobachtete mich selbst von oben, ein verblüffter kleiner Punkt, der sich aus der Menge löste und sich mühsam seinen Weg über den Bürgersteig bahnte.
Als es an der Tür klingelte, schloss sich Arianas schweißfeuchte Hand noch fester um meine. Unser Telefon klingelte. Dann Aris Handy. Dann meines. Dann unser Festnetztelefon. Und noch einmal. Jemand klopfte höflich an die Haustür. Aris Handy. Wieder meines.
Die Polster waren vom Sofa gerissen und ungeschickt wieder hingelegt worden, bestimmt von den Polizisten, die die Wohnung durchsucht hatten. Auf dem Boden lagen Papiere und Rechnungen verstreut. Der Küchenschrank stand offen, die Schubladen waren herausgezogen und auf den Boden ausgeleert worden. Sie hatte die Hölle durchgemacht, und ich war schuld.
Neben meinem Schuh lag eine meiner vielen Anwaltsrechnungen, die die Polizisten angesehen und wieder fallen lassen hatten. Jetzt brauchte ich obendrein also auch noch einen Strafverteidiger, was bedeutete, dass wir das Haus wohl verkaufen mussten, wenn nicht gerade ein Wunder geschah.
Was hatte ich uns angetan?
»Ich bin aufgewacht, und da warst du weg«, sagte Ariana.
»Ich wollte nicht, dass du Angst kriegst.«
»Und, hat’s geklappt?«
»Nicht so besonders.«
Sie wollte gerade etwas sagen, doch dann fluchte sie gereizt, wühlte in ihrer Tasche, drehte den Störsender auf und warf ihn auf das Kissen zwischen uns. Schweigend und mit möglichst unverfänglicher Miene hielt ich ihrem Blick stand. Sie brauchte einen Moment, um wieder ruhig atmen zu können. »Das Bett war noch warm. Und ich musste mich einfach damit abfinden und konnte nichts mehr tun. Wo ich doch genau wusste, dass du zu diesem Hotel gefahren bist.«
»Ich konnte nicht anders«, sagte ich, »ich musste einfach hinfahren.«
»Ich hatte ein ganz sicheres Gefühl, dass da was faul war. Ich dachte, dass du dabei ums Leben kommst. Ich hätte sogar beinahe die Polizei gerufen. Aber dann haben sie ja mich angerufen. Ich dachte …« Sie drückte eine Faust gegen die Lippen, bis ihr abgehackter Atem sich wieder beruhigt hatte. »Sagen wir’s mal so: Ich hätte nie gedacht, dass ich mal erleichtert sein könnte zu hören, dass du verhaftet worden bist.«
Die Telefone begannen wieder ihre Fanfaren zu schmettern, und als das Festnetztelefon einmal kurz schwieg, um wieder zu Luft zu kommen, stand Ari auf, nahm den Hörer ab und legte ihn daneben. Dann setzte sie sich wieder zu mir und ergriff meine Hand. Wir starrten in die Luft. »Sie haben alles durchsucht. Sogar meine Tampax-Packung. Sie haben die Mülleimer ausgeleert. Als ich ins Schlafzimmer kam, saß da ein Polizist, der gerade in meinem Tagebuch las. Er hat sich nicht mal entschuldigt, der hat einfach bloß umgeblättert.«
Mein Mund war staubtrocken. »Du hast es gewusst«, sagte ich. »Und ich habe nicht auf dich gehört.«
»Es gibt auch eine ganze Menge, worauf ich nicht gehört habe.«
Ich sah auf die Anwaltsrechnung vor meinem Schuh. Mein Gesicht glühte. »Was ich uns damit angetan habe … Wenn ich das irgendwie rückgängig machen könnte …«
»Ich verzeihe dir.«
»Das solltest du nicht.«
»Tu ich aber.«
Ich blinzelte und spürte die Nässe auf meinen Wangen. »Einfach so?«
Ihr Griff war so fest, dass mir die Finger weh taten. Über unseren Köpfen schlugen die Rotorblätter der Helikopter durch die Luft. Sie meinte nur: »Irgendwo
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