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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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Diashow wirkte wie ein unbeabsichtigter Kommentar zu Hollywood – Träumer und Möchtegernschauspieler in einem Spielautomaten, mit ersetzbaren, austauschbaren Gesichtern. Und entbehrlichen, wie Mikey Peralta hatte erfahren müssen.
    Da zuckte ich zusammen und deutete auf den Bildschirm. Da war sie. Ihr Foto war nur für ein paar Sekunden zu sehen, aber ein Irrtum war ausgeschlossen. Kummervolle Augen, Charakternase.
    »Genau so hab ich sie mir vorgestellt«, meinte Ariana.
    Die Bilder drehten sich weiter und ließen Elisabeta wieder im Dunkel verschwinden.
     
    Ich saß im finsteren Wohnzimmer und sah auf die Straße hinaus. Der Vorgarten glänzte frisch vom letzten Regen. Ich konnte keine Vans oder Fotografen oder Teleskope in den Fenstern der gegenüberliegenden Wohnungen ausmachen. Sie waren immer noch da und versteckten sich in der Nacht, aber eine Weile konnte ich einfach so tun, als wäre alles so, wie es immer gewesen war. Ich konnte so tun, als wäre ich heruntergekommen, um mich in den Sessel zu setzen, eine Tasse Tee zu trinken, um über einen Unterrichtsplan oder mein nächstes Drehbuch nachzudenken. Meine Frau lag oben in einem Frangipani-Schaumbad und telefonierte entweder mit ihrer Mutter oder sah ihre Möbelzeichnungen durch. Später würde ich hochgehen und Liebe mit ihr machen, und dann würden wir gemeinsam einschlummern, mit ihrem Arm auf meiner Brust. Irgendwann würde ich aufwachen und sie in der Küche finden, wo sie sich mit einer lavendelfarbenen Mariposa im Haar eine Scheibe Speck grillte.
    Aber dann brachen Gable und seine Landsleute in meinen Tagtraum ein. Ich stellte mir vor, wie sie zu dieser späten Stunde noch in ihrem Büro saßen und sich mit Grafiken, Fotos und Skizzen der mutmaßlichen zeitlichen Abläufe abmühten, die auf ihren Tischen lagen und an den Wänden hingen. Sie wollten unbedingt die Einzelteile einer Geschichte zusammensetzen, die zum Großteil bereits fertiggeschrieben war. Oder vielleicht fuhren sie auch schon mit hundert Sachen über die Roscomare Road, mit neuer Entschlossenheit und einem unterschriebenen Haftbefehl in der Tasche. Vielleicht waren es ihre Scheinwerfer, deren Lichtkegel gerade über die kunstlose Hecke aus Buchsbaum glitten, die links und rechts von der Verandatreppe des Hauses gegenüber wuchs. Aber es war nur ein Jeep, der im langsamen Gaffertempo vorbeifuhr, so dass die vier glupschäugigen College-Gesichter unser Haus bestaunen konnten.
    Mein Tee war inzwischen kalt geworden. Ich leerte die Tasse in die Spüle, ging an dem Abfallhaufen auf unserem Küchenboden vorbei und trottete nach oben. Als draußen ein Auto eine knallende Fehlzündung hatte, machte ich vor Schreck beinahe einen Satz. Ich war darauf gefasst gewesen, dass die Männer vom Morddezernat gerade meine Haustür eintraten. Wie sollten wir leben, wenn wir nur abwarten konnten und wussten, dass der entscheidende Moment jederzeit kommen konnte? Und zwar höchstwahrscheinlich genau dann, wenn wir am wenigsten damit rechneten.
    Im Schlafzimmer lief der Fernseher. Ariana hatte sich im Bett zusammengerollt und sah sich eine spontane Mahnwache in Hollywood an. Teddys und Fotomontagen. Ein heulender Teenager hielt ein Bild von Keith als Junge in die Kamera. Selbst als Kind hatte Conner schon erstaunlich gut ausgesehen. Perfekte Gesichtszüge, Stupsnase, der wohlproportionierte Kiefer. Sein Haar war hellblond, etwas heller als in seinen erwachsenen Jahren. Er hatte einen Gartenschlauch in der Hand, trug eine Badehose und zwei Cowboypistolen in seinem Hüfthalfter und zeigte der Kamera ein entzückendes Lächeln.
    Die Nachrichten schalteten weiter zu Conners Haus in Kansas. Keiths Vater, ein Hydrant von einem Mann, hatte ein grobes, fast hässliches Gesicht. Ich erinnerte mich, dass er beruflich irgendetwas mit Metallblechen zu tun hatte. Seine untersetzte Frau hatte die hübschen Wangenknochen und den Sängermund, den Keith geerbt hatte. Die Schwestern kamen ebenfalls eher nach der Mutter – aufgerüschte Kleinstadtschönheiten aus neureichem Hause. Die Mutter weinte lautlos und wurde von ihren Töchtern getröstet.
    Mr. Conner sagte gerade: »… hat uns dieses Haus direkt nach seinem ersten Filmvertrag gekauft. Und den Mädchen das College bezahlt. Der großzügigste Mensch, den ich je gekannt habe. Seine Umwelt lag ihm am Herzen. Und er wusste, was er auf der Leinwand tat. Gott sei Dank sah er ja seiner Mutter ähnlich.« Seine Frau lächelte unter Tränen. Er fing ihren Blick auf und

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