Oder sie stirbt
hat natürlich keine Bilder von sich selbst geschickt. Daher ja auch die Todesdrohungen.«
»Todesdrohungen?« Mir wurde klar, warum sie Deborah Vance ausgewählt hatten und wie sie ihre Spuren verwischen wollten, sobald sie aus dem Weg geräumt war.
»Nichts, was man ernst nehmen müsste«, fuhr er fort. »Männer mögen es eben nicht, wenn man sie blamiert, das ist alles. Vor allem, wenn man ihre guten Absichten ausnützt.«
»Wem sagen Sie das.«
»Also ist sie erst mal in Deckung gegangen, hat den Namen gewechselt, wie man das eben so macht. Wir haben uns aus den Augen verloren. Dabei hatten wir vor ein paar Jahren ein paar gute Werbespots, damals wurden gern Schauspieler anderer Ethnien gebucht. Ich hab ihr den Fiberestore- und zwei Imodium-Spots verschafft.« Er schmunzelte. »No business like show-business, oder? Aber an ihren betrügerischen Aktionen war ich nie beteiligt.«
»Woher wissen Sie dann davon?«
Er zögerte ein bisschen zu lang und sah, dass ich es bemerkt hatte. »Wir haben uns unterhalten.«
»Warum ist sie immer noch auf Ihrer Homepage?«
»Die hab ich jahrelang nicht mehr aktualisiert.«
»Ja, stimmt. Ich hab auch ein Bild von einem Kunden entdeckt, der bereits verstorben ist.«
Er senkte jäh den Blick, und die Gesichtszüge verrutschten ihm auf der Polsterung. Eine Schublade wurde geräuschvoll geöffnet, dann wischte er sich den Nacken mit einem Taschentuch ab. »Die Polizei hat gesagt, Mikey hätte einen Unfall gehabt.«
»Sind sie zu Ihnen gekommen?«
»Nein. Ich hab gelesen, dass …«
»Die Polizei weiß über Peralta und Deborah Vance Bescheid, ist aber noch nicht darauf gekommen, dass Sie die Verbindung zwischen diesen beiden sind. Sie sollten ihr sagen, dass Sie Deborah zu denselben Leuten geschickt haben wie Peralta.«
Sein beträchtliches Gewicht verschob sich, und er zupfte unglücklich an seinem rötlichen Gesicht herum. »Manchmal krieg ich so Nebenjobs rein. Das ist aber ganz legale Arbeit. Eröffnungsfeiern von Einkaufszentren, Theaterdinner, Kindergeburtstage, was weiß ich. Die Leute wollen manchmal einen bestimmten Typ mieten.« Inzwischen hörte man auch die Sorge in seiner Stimme. »Ich konnte doch nicht ahnen … Ein Unfall mit Fahrerflucht. Und Mikey hat gern mal einen zu viel getrunken. Sogar in der Zeitung stand, dass es ein Unfall mit Fahrerflucht war.«
»Nein«, widersprach ich. »Mikey Peralta wurde umgebracht wegen diesem Job.«
LaRussos Gesicht verwandelte sich wieder. Obwohl er es die ganze Zeit gewusst hatte, hatte er es irgendwie fertiggebracht, die Wahrheit nicht an sich heranzulassen. »Das können Sie doch gar nicht wissen.«
»Ich bin in dieser ganzen Geschichte kein Außenseiter. Ich weiß es sehr wohl.«
Er knüllte das Taschentuch in der Faust zusammen. »Haben Sie Keith Conner wirklich ermordet?«
»Glauben Sie, dann wäre ich hier, um Ihrer Kundin das Leben zu retten?«, gab ich zurück. »Machen Sie sich da nichts vor: Deborah Vance werden sie als Nächste umbringen. Und dann werden sie sich wahrscheinlich auf Sie konzentrieren.«
»Ich weiß … ich weiß nichts über den Typen. Das lief alles übers Telefon. Und per Überweisung. Ich hab nie ein Gesicht zu sehen bekommen. Du lieber Gott, glauben Sie wirklich …?« Tränen traten ihm in die Augen.
»Wir müssen sie warnen.«
»Wie ich dem Typen schon gesagt habe, sie ist nur noch per Mail zu erreichen. Nicht mal
ich
kann sie anders erreichen.« Er konnte meinem Blick nicht mehr standhalten und blätterte in ein paar Papieren. Er warf einen Stapel Ordner auf den Boden, bückte sich und tauchte mit einem ledernen Filofax wieder auf. Seine Hände zitterten. »Sie ist nicht mehr ans Telefon gegangen.«
»Dann geben Sie mir eine Adresse«, verlangte ich. »Und Sie selbst sehen besser zu, dass Sie diese Stadt verlassen.«
Sie machte die Tür auf und lachte mich an. Ich glaube nicht, dass sie mich auslachte, sie hob eher auf die Absurdität unseres Wiedersehens ab – hier standen wir also vor ihrer Erdgeschosswohnung in Culver City. Ihre Art und ihre Haltung waren ganz anders als die von Elisabeta. Sogar ihr Gegacker hatte ein anderes Timbre, irgendwie akzentfrei. Sie sah gut aus, wie in dem Fiberestore-Werbespot – weniger aufgedunsen und abgearbeitet als bei unserer ersten Begegnung. Ich überlegte, wie viel Make-up man wohl brauchte, um jemanden in eine verhärmte Ungarin zu verwandeln.
In ihrem flauschigen roten Bademantel, der ihr bis zu den Knien ging, sah sie
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