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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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getroffen?«
    »Vor ein paar Monaten. Ich hatte die ganze Zeit diese komischen DVD s bekommen. Aufnahmen von mir selbst, wie ich rumschleiche und Promis nachspioniere. Aufnahmen von mir, wie ich gerade Aufnahmen mache. Total bizarr, wie so ein französischer Film oder so.«
    Die Überschneidung seiner Geschichte mit derjenigen, die Doug Beeman mir erzählt hatte, brachte mich kurz ins Grübeln. War das hier am Ende nur der nächste Winkelzug in diesem Spiel? Konnte ich überhaupt noch erkennen, was echt und was erfunden war? Ich traute mir selbst nicht mehr, und der Welt schon gar nicht. Mein Blick glitt durch den unaufgeräumten Van, um nach Hinweisen auf ein doppeltes Spiel zu suchen und die Entfernung zum Türgriff abzuschätzen. Aber dann fiel mir wieder ein, dass ich Joe Vente im Internet überprüft hatte und er echt war, oder zumindest so echt, wie die Menschen in Los Angeles eben echt sein konnten. Sally und Valentine hatten ihn auch vernommen und seine Existenz damit bestätigt. Ein paar von meinen Instinkten mussten also noch funktionieren. Ich musste mich unbedingt wieder beruhigen und handlungsfähig bleiben.
    »Zuerst dachte ich, das ist ein Konkurrent«, erzählte er, »einer von den Typen, die ich eben manchmal aussteche. Ich meine, das wär doch naheliegend, oder? Als die Kiste immer unheimlicher wurde, dachte ich, dass irgendeiner von den Stars jemand angeheuert hätte, um es mir heimzuzahlen. Vielleicht ein Promi, dessen Kind ich beim Fußballtraining geknipst hatte, oder den ich in einer öffentlichen Toilette beim Pinkeln erwischt hatte oder so.«
    Ich versuchte, ganz lässig zu bleiben, als ich nachhakte: »Wen hast du denn beim Pinkeln erwischt?«
    Er nannte einen Namen.
    Ich pfiff durch die Zähne. »Die hast du echt beim Pinkeln fotografiert?«
    »Dann hab ich genau so eine E-Mail bekommen wie du, nur ohne das ›Sie braucht Ihre Hilfe, oder sie wird sterben‹. Einfach nur ein MPEG von einem Kofferraum in einer Seitenstraße. Mann, ich musste unbedingt rausfinden, was dahintersteckte. Und so fand ich die Tasche, und dann folgte ich der Wegbeschreibung und gab Elisabeta das Geld. Die ganze Geschichte, mit ihrer Enkelin und so. Ich bin so richtig da rausgeschwebt – wie auf einem guten Trip. Aber ein paar Tage später bekam ich dann diesen Anruf, und sie haben mich zu dem Grundriss meines Hauses geführt, in dem eingezeichnet war, wo sie die Überwachungsgeräte installiert hatten. Das ganze Haus war voll davon. Ich bin total ausgerastet. Ich hab den Scheiß aus den Wänden gerissen und in eine Mülltonne gestopft, die sie mir genannt hatten, zusammen mit den DVD s und dem anderen Dreck. Und das war’s dann bei mir. Sie haben mir noch weitere E-Mails geschickt, aber ich konnte einfach nicht mehr.«
    Fasziniert starrte ich ihn an. Joe Vente war ihre Testperson gewesen. Durch ihn hatten sie gelernt, was funktioniert und was nicht. Dann hatten sie ihre Strategie verfeinert und die Reihenfolge geändert, Drohungen eingebaut und sich eine wirkungsvollere List ausgedacht.
    »Und dann haben sie dich in Ruhe gelassen?« Ich konnte es fast nicht glauben.
    »Ich hab einfach nicht mehr mitgespielt. Was konnten sie denn schon tun?«
    Ich hatte keine Antwort, nur ein Echo des Bedauerns in der Brust. »Du warst klüger als ich«, meinte ich. »Du hattest mehr Selbstbeherrschung.«
    »Klüger?« Er gackerte. »Selbstbeherrschung?«
    »Was denn sonst?«
    Er wühlte in einer Tasche und zog eine Art Aufnahmegerät hervor. Aus der Mitte einer durchsichtigen, konkaven Kuppel, die an einen kleinen Regenschirm erinnerte, ragte eine dünne Antenne. »Kennst du das? Das ist ein Parabolmikrofon. Man hält es in eine Richtung und klick, sammelt und bündelt es Schallwellen. Damit kann ich Geflüster in hundert Metern Entfernung verstehen. Ich kann sogar eine Vorrichtung daran anschließen, die die Vibrationen von Glasscheiben analysiert. Wohnzimmer, Autos auf dem Freeway, Sprechzimmer, die ganze Palette rauf und runter. Soll heißen, ich weiß, wie die Welt tickt, ich hör ja selber alle ab.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.
    »Ich kann dir nicht ganz folgen«, erklärte ich.
    »Sie haben mich
schachmatt
gesetzt«, rief er wütend. »Das Ganze hat mich einfach wahnsinnig gemacht, ich wusste überhaupt nicht mehr, wohin vor lauter Panik. Ich hatte nicht den Mut zum Weitermachen. Ich bin ein Heuchler und ein Parasit, aber zumindest belüg ich mich nicht selbst. Also hab ich mich ganz

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