Oder sie stirbt
Wust aus Telefonen und Headsets. Ein paar andere – ohne Türschild und mit heruntergelassenen Jalousien – waren so still wie das Wartezimmer eines Chirurgen. Offenbar wechselten die Mieter hier relativ häufig.
Während ich mich unter den hier und da montierten schäbigen Überwachungskameras duckte, schritt ich den Gang weiter ab, las die Firmenschilder, blickte in Gesichter und fragte mich, was ich hier eigentlich machte. Schließlich war ich am anderen Ende angelangt, wo eine Treppe wieder hinunterführte. Gerade wollte ich wieder hinuntergehen, als mein Blick auf das Messingschild fiel, das an der letzten Bürotür hing: BITTE KEINE PAKETE OHNE EMPFANGSBESTÄTIGUNG HINTERLASSEN . BITTE KEINE PAKETE BEI NACHBARFIRMEN ABGEBEN . Am Türknauf hing eine Nachricht von FedEx. Abgesehen von der Nummer, 1138 , stand, wie bei so vielen anderen, nichts weiter an der Tür.
Ich griff nach der FedEx-Nachricht und starrte auf den schlampig hingekritzelten Firmennamen:
Ridgeline Inc.
Mein Gesicht fing an zu prickeln, so aufgeregt war ich auf einen Schlag. Natürlich war auch eine gewisse Angst dabei. Pass auf, was du suchst – es könnte sein, dass du es findest. In diesem Fall die Basisstation der Männer, die mir die E-Mails geschickt und mir einen Mord angehängt hatten, die drei Menschen auf dem Gewissen hatten und sicher nicht zögern würden, noch mehr zu ermorden.
Der orange-blaue Zettel besagte, dass man bereits zum zweiten Mal die Zustellung eines Pakets von einer FedEx-Filiale in Alexandria, Virginia, versucht hatte. Die Stadt lag in unmittelbarer Nähe von Washington, D.C., und wimmelte nur so von politischen Strippenziehern und Mittelsmännern, die unter der Hand Geschäfte mit Politikern machten. Die Herkunft dieses Pakets ließ nichts Gutes ahnen.
Da die Jalousien des Bürofensters nicht ganz heruntergelassen waren, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und spähte durch die Lamellen. Das Vorzimmer war sehr schlicht gehalten. Computer, Kopierer, Aktenvernichter. Keine Pflanzen, keine Bilder, kein Familienfoto neben dem Monitor. Nicht mal ein zweiter Stuhl für eventuelle Besucher. Eine Tür führte in ein Hinterzimmer, wahrscheinlich auf einen Flur und zu weiteren Zimmern. Ich trabte nach unten und um die Ecke auf die schmutzige Straße, die hinter dem Gebäude verlief. Auf der Rückseite von Büro 1138 verlief eine wacklige Feuerleiter, die zu einer dicken Stahltür führte. Das Schloss glänzte, und Spuren von Sägespänen auf dem Boden sprachen dafür, dass es erst vor kurzem eingebaut worden war.
Ich lief zurück und stellte mich wieder vor die Vordertür, für den Fall, dass sie in der Zwischenzeit beschlossen hatte, von selbst aufzugehen. Hatte sie aber nicht.
Und jetzt?
Mir fiel der FedEx-Bote wieder ein, der mir auf der Treppe entgegengekommen war.
Rasch wählte ich die kostenfreie Nummer, die auf der Benachrichtigung stand, gab den Paketverfolgungscode ein und wartete einen Moment, während eine Xylophon-Version von »Arthur’s Theme/Best That You Can Do« dudelte. Als sich der Kundendienstmitarbeiter meldete, sagte ich: »Hallo, ich bin von der Firma Ridgeline. Ich habe anscheinend ganz knapp eine Paketlieferung verpasst, und ich glaube, Ihr Bote müsste noch in der Gegend sein. Könnten Sie ihn wohl anfunken und ihn bitten, noch mal umzukehren?«
Ich wartete nicht vor der Tür, da ich keine Lust hatte, hier zu stehen, wenn jemand mit schwarzen Danner-Stiefeln auftauchte. Quälend langsam verstrichen zwanzig Minuten. Meine steigende Angst und Mutlosigkeit erreichten gerade ihren Gipfel, als ich plötzlich den großen weißen FedEx-Van entdeckte, der sich einen Weg durch den lebhaften Verkehr bahnte. Ich stellte mich wieder vor die Bürotür und setzte die Spitze eines meiner eigenen Schlüssel ans Türschloss. So wartete ich eine halbe Ewigkeit, bis ich Schritte auf der Treppe hörte, und als er den Gang betrat, drehte ich mich um.
»Hey«, sagte ich, »bin grade am Aufsperren.«
»Die letzten Male hab ich euch immer verpasst.« Er reichte mir einen dünnen Express-Umschlag und das elektronische Clipboard. »Ganz schön schwierig mit euch.«
Ich kritzelte ein unleserliches
J. Edgar Hoover
auf das Display und gab ihm das Gerät zurück. »Tja«, meinte ich, »da haben Sie wahrscheinlich recht.«
Ich musste mich zwingen, die Strecke über die Treppe nach unten und zum Parkwächter nicht zu sprinten. Während ich darauf wartete, dass mein Auto geholt wurde, behielt ich das Büro von
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