Oder sie stirbt
Leben zu stammen. Dabei war es erst zwölf Stunden her, dass ich Joe Vente gebeten hatte, der Polizei den Tipp zu geben, ihr Apartment zu durchsuchen.
Erst jetzt bemerkte ich das halbe Dutzend Fotografen, die wie die Ratten aus dem Schatten gekrochen waren. In Anbetracht der gezogenen Waffe blieben sie auf Abstand, aber unser bizarres Kräftemessen wurde von Blitzlichtern effektvoll untermalt.
»Sie haben Detective Richards und Detective Valentine auf diese Frau hingewiesen«, fuhr Gable fort. »Sie hat doch die ungarische Großmutter gespielt, stimmt’s? Für die Sie die mysteriöse Tasche Bargeld aus dem Kofferraum des mysteriösen Honda geholt haben, oder? Ich möchte die wahre Geschichte hören.« Sein Atem bildete kleine feuchte Wölkchen. »Und ich möchte hören, was Sie für ein Alibi haben.«
»Ich habe kein Alibi, verdammte Scheiße.«
»Ich habe Ihnen doch noch gar nicht gesagt, wann sie ermordet wurde.« Er wirkte verwirrt und verunsichert.
»Glauben Sie tatsächlich, ich würde mich auch nur
so
viel um Keith Conner und Deborah Vance scheren? Meine Frau ist tot. Und Sie rennen hier rum, als wäre dieser ganze andere Scheiß irgendwie wichtig. Das ist doch alles, was ihr könnt. Ihr rettet niemanden. Ihr seid Historiker – wenn alles passiert ist, kommt ihr an, schreibt Berichte und zeigt mit dem Finger auf die Leute.«
Ich trat einen Schritt zur Seite und hatte die Paparazzi jetzt genau hinter mir. Gables Waffe bewegte sich nicht. »Die haben meine Frau umgebracht«, fuhr ich fort. »Sie haben sie entführt und umgebracht.« Als ich es laut aussprach, bekam die Realität noch viel mehr Wucht. Ich musste kämpfen, um ruhig weitersprechen zu können. »Sie haben versucht, mich in einer … einer nachgestellten Gefängniszelle …«
»In einer nachgestellten Gefängniszelle?«
Ich suchte nach einer Antwort. Die Sache mit dem falschen Vernehmungszimmer war so abwegig und dreist, dass es mir selbst absurd vorkam, als ich es aussprach.
Gable konnte sich nicht recht entscheiden, ob er amüsiert oder wütend sein sollte. »Lassen Sie mich raten – wenn wir da hinfahren, ist natürlich alles weggeräumt.«
Eine Stange, ein Spiegel und ein Poster. DeWitt und Verrone nahmen wahrscheinlich gerade alles von den Wänden, während wir sprachen, so dass das Ridgeline-Büro bei unserem Eintreffen so leer sein würde wie eine frisch gewischte Tafel. »Ja«, meinte ich, »genau so wird es sein. Und dann werden Sie Arianas Leiche in einem Wassergraben in Fryman Canyon finden, und die Beweise werden alle darauf hindeuten, dass ich sie getötet habe. Und Sie Idioten werden mir nicht glauben, weil ich keinen einzigen konkreten Nachweis für die Existenz dieser Mörder habe – bis auf das hier.«
Ich packte mein T-Shirt, zog es hoch und entblößte dabei den Revolver, der in meinem Hosenbund steckte. Doch Gable sah mich gar nicht an. Er blickte auf das Garagentor.
Das gerade leicht zitternd von innen geöffnet wurde.
Ich ließ die Arme sinken und das T-Shirt wieder herunterfallen, bevor Gable mir einen Blick zuwarf.
Auf dem Zementboden unserer Garage ertönten Schritte. Nun bewegte Gable seine Waffe doch und zielte langsam Richtung Haus.
Da trat Ariana in unser Blickfeld.
Zuerst konnte ich es nicht glauben. Und dann lief ich wie benebelt auf sie zu, stolperte über den Bordstein und stand zu guter Letzt in der Garage neben ihrem Auto. Ich fasste sie bei den Schultern und spürte ihr Fleisch und ihre Knochen unter den Händen.
»Du warst tot«, sagte ich.
»Dein Gesicht …«
»Du warst weg, sie hatten dich in ihrer Gewalt, und du warst tot.«
»Nein«, widersprach sie, »
du
warst weg.« Sie nahm meinen Kopf zwischen die Hände und drehte ihn leicht hin und her, um das Ausmaß des Schadens zu begutachten. »Meine Besprechung hat sich verzögert, und ich hab noch schnell ein paar Prepaidhandys gekauft, nachdem du ja das letzte mitgenommen hattest. Als ich nach Hause kam, war niemand da.«
»Du warst also die ganze Zeit … die ganze Zeit …?« Schluchzte ich, oder stieg da wildes Gelächter aus meiner Kehle?
Gable stand auf unserer Auffahrt im Gegenlicht der Blitzlichter, während die Fotografen im Dunkeln verschwanden und nur noch einen murmelnden Hintergrundchor abgaben. Gables Schultern waren leicht herabgesackt, und in der körnigen Dunkelheit sah er aus wie eine Gestalt aus einem Film noir.
»Wir sollten Sie einfach einweisen lassen und könnten uns damit eine Menge ersparen«, rief er
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