Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
Vom Netzwerk:
verstecken.
    Diesen Juni … They’re Watching.
    Ich trat an den Schreibtisch. Dort lagen meine persönlichen Sachen in einer Plastikwanne, wie sich das gehörte. Mit zitternden Fingern steckte ich sie ein. Dann durchwühlte ich die chaotischen Papierstapel in den Posteingangsfächern. Ein Ordner fiel zu Boden, und sein ganzer Inhalt rutschte heraus. Verdutzt starrte ich auf das fächerförmig ausgebreitete Papier – die Seiten waren leer. Dann durchsuchte ich noch einige andere Ordner und stellte verwirrt fest, dass sie samt und sonders nichts anderes als unbenutztes Kopierpapier enthielten. In der obersten Schreibtischschublade lagen ebenfalls nur Stapel von unbenutzten Blöcken und Hängeregistern. Dort fand ich allerdings auch einen Schlüssel für die Handschellen. Mit großer Erleichterung befreite ich mein Handgelenk.
    Die Schublade mit den Hängeregistern enthielt einen Revolver. Ich starrte ihn an, als handle es sich um eine zusammengerollte Schlange.
    Ich war benommen, überfordert und funktionierte nur noch auf Autopilot. Es kam mir fast so vor, als würde ich meinen Körper von außen dirigieren. Als ich mich von der Schublade abwandte, steckte der Revolver in meinem Hosenbund.
    Dann stolperte ich zum Aktenvernichter, hob den Deckel an und zog eine durchsichtige Tüte mit kreuz und quer geschredderten Papierstreifen heraus. Höchstwahrscheinlich waren sie sowieso völlig nutzlos, aber ich wollte zumindest
irgendetwas
mitnehmen. Als ich mit zitternder Hand die Bürotür öffnete, sah ich wieder das Messingschild: BITTE KEINE PAKETE OHNE EMPFANGSBESTÄTIGUNG HINTERLASSEN . BITTE KEINE PAKETE BEI NACHBARFIRMEN ABGEBEN .
    Ich stolperte auf den Gang im Obergeschoss der Starbright Plaza.
    Es war Nacht. So unglaublich es mir vorkam, aber in der realen Welt war alles ganz normal. Unten hörte ich Menschen, die noch arbeiteten, telefonierende Stimmen, die verkauften, verkauften, verkauften. Im Café klirrte das Besteck. Die Straßenlaternen gossen ihr quecksilbernes Licht auf die Dächer der schnittigen Autos. Ein Regen, der eigentlich keiner war, überzog alles mit Tau.
    Als ich schon halbwegs die Treppen hinunter war und die Tüte mit dem geschredderten Papier an mich drückte, blieb ich stehen. Mir war plötzlich Jerrys Warnung wieder eingefallen:
Drucker, Kopierer, Faxe – heutzutage haben solche Geräte alle eine Festplatte, und wenn die auf diese Festplatten zugreifen, wissen sie sofort, was ihr da gedruckt oder gefaxt habt.
    Ich kehrte um und rannte zurück. Als sie die Räume leer geräumt hatten, hatten sie den sperrigen Kopierer stehenlassen. Ein abgenutzter Sharp, der sicher schon einige Jahre auf dem Buckel hatte. Weder auf der Glasplatte noch in der seitlichen Halterung für die fertigen Kopien lag etwas. Ich öffnete die vordere Plastikabdeckung und starrte auf die mechanischen Innereien. Voilà. Ein harmlos aussehendes beigefarbenes Rechteck. Mit einer zurechtgebogenen Büroklammer stocherte ich so lange herum, bis ich die Festplatte herausziehen konnte. Dann kritzelte ich schnell die Seriennummer des Kopierers auf einen Zettel und flüchtete.
    Was erwartete mich? War der Haftbefehl für den Mord an Ariana schon ergangen? Was war noch alles passiert, seit die Blendgranate in meinem Schoß losgegangen war?
    DeWitt und Verrone – und wer auch immer ansonsten noch zu Ridgeline gehören mochte – hatten vorgehabt, mich lange genug festzuhalten, um sich die CD wiederbeschaffen zu können und den Mord an Ariana so zu inszenieren, dass er ohne jeden Zweifel mir in die Schuhe geschoben wurde. Dann hätten sie mich freigelassen, damit ich in die Ruinen meines Lebens zurückstolperte, und ich hätte mich von bestens gerüsteten Detectives verhaften lassen und mich für die Morde an Keith und meiner Frau einsperren lassen können.
    Ich hatte kein Auto. Mein Portemonnaie war leer. Ich hatte DeWitt und Verrone zu der Seitenstraße in Northridge geschickt, weil das eine Fahrt von gut vierzig Minuten bedeutete – nach der sie allerdings sehr plötzlich feststellen würden, dass es dort gar keine Ziegelmauer gab. Das ließ mir gerade genug Zeit, um nach Hause zu fahren, mir Bargeld und ein Scheckbuch zu holen sowie die Liste der Anwälte einzustecken, die Ariana für mich herausgesucht hatte. Dann hieß es aber auch schon wieder möglichst schnell verschwinden, bevor die echte Polizei anrückte, um mich festzunehmen. Ich konnte mich in einem Motel einquartieren und neue Pläne schmieden. Nachrichten

Weitere Kostenlose Bücher