Oder sie stirbt
nahm den Schlüssel vom Haken und ging in die Garage.
Dann kehrte ich noch einmal kurz um und nahm auch noch Dons Laptop mit. Martinique blickte nicht einmal auf, aber in ihren Mundwinkeln glaubte ich einen Hauch von Genugtuung zu erkennen.
Die Tür zur Garage öffnete sich geräuschlos auf gut geölten Scharnieren. Ein SWAT -Van und Polizeiautos versperrten die Straße vor unserem Haus, und überall wimmelte es von Polizisten. Auch im Garten liefen sie überall herum – ein Scharfschütze war sogar aufs Dach geklettert –, aber im Grunde waren sie hauptsächlich auf Büsche, Schatten und Funkgeräte konzentriert. Im Flurfenster im Obergeschoss sah ich Gables Gesicht. Er starrte hinaus, als wollte er der Dunkelheit den Kampf ansagen, und ließ den Blick ausdruckslos über den Rasen, die Straße und den schwarzen Range Rover gleiten, der gerade aus der Garage des Nachbarn rollte.
Wie jeder brave Bürger setzte ich schön den Blinker, als ich auf die Straße hinausfuhr und nach links hügelaufwärts steuerte.
[home]
54
I ch parkte das Auto in einer Nebenstraße hinter einer Tankstelle und sah die Gegenstände durch, die ich aus dem Chaos gerettet und jetzt säuberlich auf dem Beifahrersitz aufgereiht hatte. Dons Laptop. Ein dünner Stapel zweifach zusammengefalteter Dokumente, die in meiner Tasche ziemlich zerknittert und obendrein durch den Regen feucht geworden waren. Und der größte Clou von allen: eine silbrig weiße CD .
Ich hatte mir eine Golfmütze von Dons Rücksitz genommen und sie mir tief ins aufgeschürfte Gesicht gezogen. Die Glock steckte immer noch gut verborgen hinten im Bund meiner Jeans. Ich hatte die Nummernschilder des Range Rover gegen die eines erbsengrünen Buick ausgetauscht, der in einem Carport vor einem Wohnblock stand. Ich musste möglichst viel Zeit gewinnen, bevor der Diebstahl entdeckt wurde, und ein Sticker neben dem Kennzeichen –
Zacharys und Pauls Omi!
– sah mir ganz danach aus, als würde die Besitzerin des Wagens nicht unbedingt um halb zehn Uhr abends losfahren, um sich noch in irgendeinem Club zu vergnügen. Autos klauen war mir nicht mehr mies genug – ich war schon so weit gesunken, dass ich Großmütter beklaute!
Nervös fuhr ich Dons Toshiba-Laptop hoch und wollte schon die CD ins Laufwerk schieben, doch dann zögerte ich kurz. Wollte ich wirklich wissen, was darauf war? Konnten sie mich noch am Leben lassen, wenn ich das gesehen hatte?
Die Neugier quälte mich, aber ich besiegte sie, nahm die CD wieder heraus und legte sie auf den Ledersitz, von wo sie mich verlockend anstarrte. Was auch immer sie enthielt, sie barg garantiert mehr als genug neuen Ärger, und ich konnte es mir nicht leisten, noch mehr zwischen Ariana und mich zu bringen.
Je länger ich jetzt zögerte, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei mich fand. Oder dass Arianas Entführer die Geduld mit ihr verloren oder sie ihnen lästig wurde. Das Schlaueste wäre sicher, Verrone jetzt sofort anzurufen und ihm mitzuteilen, dass ich die CD hatte. Dann wüsste er zwar, dass ich ihn mit dem Bankschließfach belogen hatte, aber solange ich hatte, was er wollte, gab es keinen Grund, warum er sich um diese Lüge scheren sollte.
Der Akku des Prepaidhandys war so gut wie leer, also schaltete ich mein treues Sanyo ein. Jerry hatte ja behauptet, dass Anrufe von wenigen Minuten Dauer schwer zurückzuverfolgen waren, also würde ich mich einfach kurzfassen. Während ich mir im Geiste die Worte zurechtlegte, wählte ich Arianas Nummer. Doch als mein Daumen schon über der grünen Taste schwebte, hielt mich irgendetwas zurück.
Vielleicht war es das Bild von Mikey Peralta, wie er mit einer faustgroßen Delle in der Stirn in seinem Krankenhausbett lag. Oder der karminrote Heiligenschein, der sich unter Deborah Vance’ Haar auf dem Boden ausgebreitet hatte. Ich wollte so verzweifelt glauben, dass Ariana und ich in Sicherheit waren, solange ich den Inhalt der CD nicht kannte. Ich wollte glauben, dass die Männer von Ridgeline und ich mit einem Händeschütteln auseinandergehen würden, wenn ich ihnen gab, was sie verlangten. Doch die Wahrheit, die ich mir nicht eingestehen wollte, war der Grund, der meinen Daumen zögern ließ. Und die Realität traf mich wie ein Faustschlag in die Magengrube: Meine Frau und ich hatten die unsichtbare Grenze bereits überschritten, hinter der es kein Zurück mehr gab.
Nach dem Tod zweier Polizisten, mehreren Entführungen, dem Morddezernat sowie einem SWAT
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