Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
Vom Netzwerk:
durch die nächtliche Stille schnitt: »Durchsucht den Garten hinterm Haus!« Ich sah einen Kopf mit Sturmhaube, der sich harmonisch mit dem Lauf einer MP 5 bewegte, die Küche durchquerte und auf die Hintertür zusteuerte.
    Meine blutleere Faust, mit der ich Arianas nutzlose Schlüssel umklammerte, hob sich gegen den dunklen Boden ab. Die Waffe, die ich noch im Hosenbund stecken hatte, übte einen verlockenden Druck aus. Ich legte meine Hand auf den Kolben, zog sie aber wieder zurück, als hätte ich mich verbrannt. Was sollte ich tun? Die Waffe auf ein SWAT -Team richten?
    Also kauerte ich mich unten gegen die Zaunlatten. Im Rücken spürte ich die Vibrationen der Schritte, die sich von hinten näherten. Spinnweben legten sich über meine nasse Stirn. Dann hörte ich, wie der Knauf unserer Hintertür gedreht wurde. Direkt über mir legte sich eine fleischige Hand auf die Zaunlatten.
    Ich presste mich in den Winkel, in dem das zersplitterte Holz in der feuchten Erde verschwand. Von hier aus gab es kein Entkommen mehr. Mit knochentrockenem Mund blickte ich mich panisch in alle Richtungen um.
    Da sah ich durch den wuchernden Sumach die Stelle, an der der Zaun zwischen unserem Grundstück und dem der Millers weggesackt war. Ein Pfosten war umgestürzt und hatte eine Lücke zwischen den Latten hinterlassen. Auf allen vieren krabbelte ich über den weichen Boden.
    Die Stiefel des Polizisten schlugen gegen den Zaun, und ich hörte ihn aufstöhnen, als er sich hochstemmte, um hinüberzublicken. Ein Mann des SWAT -Teams trat gerade die Hintertür ein, die schwungvoll aufflog und den Knauf in die Außenwand bohrte.
    Hinter mir landete der Polizist auf unserer Seite des Zauns. Eine Sekunde bevor unser hinterer Garten durch den Schein mehrerer Taschenlampen erleuchtet wurde, entwischte ich durch die Zaunlücke auf das Grundstück der Millers.
    Ich rollte mich zur Seite und landete mit den Füßen in Martiniques Blumenbeet. Rasch überquerte ich den gepflegten Rasen und den betonierten Hof und gelangte durch die Hintertür in ihre Küche.
    Martinique wusch gerade ab und trug dazu lächerliche gelbe Gummihandschuhe. Als sie mich sah, ließ sie die Salatschüssel sinken und starrte mich mit leicht geöffnetem Mund an. Ich war auch erstarrt – mit den Füßen stand ich noch auf der obersten Terrassenstufe, aber mein Gewicht lag schon auf der Hand, die den Türknauf umfasste. Hinter ihr sah ich Don im Wohnzimmer vor dem Fernseher sitzen, in dem gerade CNBC mit voller Lautstärke lief. Ein Finanzguru ließ sich über die Hypothekenkrise aus, während der Wasserhahn in der Küche einen kräftigen Wasserstrahl ausspie. Ich wagte kaum, die Augen zu bewegen, um den ganzen Raum zu erfassen. Rechts von mir sah ich Waschmaschine und Trockner, auf denen Schmutzwäsche, die Tagespost und Dons Laptoptasche lagen. Von hier waren es fünf Schritte bis zur Garagentür.
    Martinique wandte den Kopf und öffnete den Mund, um nach Don zu rufen, doch irgendetwas hielt sie zurück.
    Stumm bewegte ich die Lippen zu einem
Hilf mir.
    Draußen pflügten Autoreifen geräuschvoll durch die Pfützen, und blaues Licht lief wellenförmig über die in Wischtechnik gestrichene Zimmerdecke. »Was dieser Trottel jetzt wohl wieder verbockt hat?«, überlegte Don laut, stand auf und ließ die Fernbedienung aufs Sofakissen fallen. »Ich geh mal hoch, mal sehen, ob ich von da oben was erkennen kann.« Er drehte sich um und kippte seinen restlichen Scotch auf einmal hinunter. Dabei machte er sich gar nicht die Mühe, Martinique oder mich anzusehen, sondern stellte das Glas mit einem »Das ist auch schmutzig« auf den Wohnzimmertisch und wandte sich zur Treppe. Weder sie noch ich hatten einen Atemzug getan.
    Schließlich wanderte ihr Blick zum Fenster, wo die Lichtkegel der Taschenlampen am Zaun entlangglitten. Einen Moment lang dachte ich, dass sie gleich um Hilfe schreien würde.
    Doch ihre Stimme hörte sich an wie ein leises Schnurren, als sie sagte: »Ich werde mich nicht einmischen.« Mit grimmiger Miene stellte sie die Salatschüssel ab und ging an mir vorbei, gefolgt von einem zarten Duft nach Mandelseife. Sie öffnete ein Schränkchen über der Waschmaschine, wo der Schlüssel für Dons Range Rover an einem silbernen Haken baumelte. »Ich hab zu viele Teller abzuwaschen, als dass ich irgendetwas mitkriegen könnte.«
    Sie kehrte zur Spüle zurück, griff sich pflichtbewusst die nächste Schüssel und arbeitete leise summend weiter. Ich machte zwei Schritte,

Weitere Kostenlose Bücher