Oder sie stirbt
-Team auf den Fersen war sowohl für Ridgeline als auch für mich alles hoffnungslos außer Kontrolle. Sie konnten unmöglich glauben, dass sie das Ganze noch einmal vertuschen und mich als Alleinverantwortlichen hinstellen konnten.
Bevor alles so aus dem Ruder lief, hatten sie mich einfach lebend gebraucht, damit Festman Gruber, ihr Arbeitgeber, nicht des Mordes an Keith Conner verdächtigt werden konnte. Doch jetzt schienen Verrone, DeWitt und wer auch immer sonst noch zu Ridgeline gehören mochte, nur noch verzweifelte Maßnahmen zur Schadensbegrenzung zu ergreifen. Sie wollten ihre eigene Haut retten, mehr nicht. Was bedeutete, dass sie die Achillesferse ihres Gegners suchten. Sich selbst in Deckung brachten. Und Zeugen beseitigten. Mikey Peraltas »Autounfall« und der »Racheakt« an Deborah Vance zeigten ziemlich eindeutig, was sie mit Ariana und mir vorhatten, sobald wir ihnen nicht mehr nützlich waren. Wir wussten mittlerweile einfach zu viel. Wir hatten zu viel gesehen. Sie würden Ari so lange behalten, bis ich mich ganz auf ihre Bedingungen einließ.
Abgesehen von den kopierten Dokumenten, war die CD meine einzige Munition.
Wenn ich sie Ridgeline übergab, würden sie meine Frau und mich umbringen.
Ich blickte auf das Handy. Die zehn Ziffern glühten auf dem Display. Dann betrachtete ich die CD auf dem Beifahrersitz. Das Handy. Die CD . Handy. CD .
Es wurde Zeit, den Plan zu ändern und in die Offensive zu gehen.
Ich konnte sie nur schlagen, indem ich sie bei ihrem eigenen Spiel besiegte.
Mit neuer Entschlossenheit stellte ich das Handy aus, fuhr den Computer hoch und schob die CD ins Laufwerk. Eine einzige PDF -Datei erschien. Ich klickte sie an. Fünfzehn Seiten. Tabellen und Graphen. Ein Stempel, » VERTRAULICH «, ebenso auffällig wie durchsichtig, prangte diagonal auf jeder Seite. Auf dem Deckblatt stand: FESTMAN GRUBER – NUR FÜR DEN INTERNEN GEBRAUCH – NICHT KOPIEREN . Es folgten mehrere Paragraphen, die mit rechtlichen Konsequenzen drohten.
Ich klickte mich von Seite zu Seite, ließ den Blick über die Zahlen und Tabellen gleiten und hoffte die ganze Zeit darauf, in all diesen Daten ein Muster zu entdecken. Eine Grafik auf Seite 10 namens »Interne Studie« sorgte schließlich für Klarheit, sogar für mich, dessen Mathematikkenntnisse nach dem ersten High-School-Jahr völlig verkümmert waren.
Drei Graphen stellten die Dezibelstärke von Sonaranlagen über diverse Monate dar. Ein blauer, eine gleichmäßig horizontale Linie, zeigte den gesetzlichen Grenzwert an. Ein zweiter, der sich weit oberhalb dieses Wertes bewegte, zeigte die Dezibelwerte, die die Sonarsysteme von Festman Gruber erreichten. Sie lagen ganze dreihundert Dezibel darüber – wesentlich höher als der Wert, den Keith mir durch den Rauch seiner Nelkenzigarette damals entgegengeschleudert hatte.
Mit anderen Worten: Die Sonaranlagen von Festman Gruber waren illegal.
Eine grüne Kurve am unteren Rand, die weit unter dem gesetzlichen Grenzwert lag, gab mir jedoch Rätsel auf. Die Legende bezeichnete diesen Graphen als
NV
.
Die Buchstaben riefen mir irgendetwas in Erinnerung, ein Bild, das ich in den Dokumenten gesehen hatte, die ich von der Festplatte des Ridgeline-Kopierers geholt hatte. Ich griff mir den Stapel, blätterte die unheimlichen Aufnahmen von mir durch, Keith Conners Telefonrechnungen sowie die dominoartig angeordneten Überweisungsaufträge, bis ich schließlich zu dem Foto kam, das die Überwachungskamera von dem älteren Mann mit dem silbergrauen Ziegenbart geschossen hatte, als er gerade seiner Limousine entstieg. Und auf dem nächsten Bild fand ich, wonach ich suchte: das Logo auf der Scheibe am Eingang des Hochhauses. Das Design des Logos war elegant gestaltet: Ein in einen Kreis eingeschriebenes N war um ein Viertel im Uhrzeigersinn gedreht, so dass sich die Diagonale und der rechte Aufstrich des Ns wie ein V lasen.
NV , eingeschrieben in einen hübschen kleinen Kreis.
Es handelte sich offensichtlich um eine Firma.
Ich betrachtete die glänzende, heißwachspolierte Limousine, das beeindruckende Gebäude, die selbstsichere Ausstrahlung des Mannes. Das alles legte die Annahme nahe, dass er eine hohe Funktion bei NV innehatte. Und die Tatsache, dass er von Ridgeline beobachtet wurde, legte nahe, dass seine Firma ein Konkurrent von Festman Gruber war.
Ich brauchte einen Namen.
Dem Foto schloss sich die Kopie einer Handyrechnung auf den Namen Gordon Kazakov an. Abermals studierte ich die
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