Oder sie stirbt
mich meldete: »Hallo, Jerry, hier ist Patrick.«
»Mann«, rief er, »Patrick. Ich kann nicht mit dir reden. Wie du vielleicht weißt, steckst du gerade mitten in einem Prozess mit meinem Arbeitgeber.«
»Ich weiß, ich weiß. Hör zu, ich wollte dich nur etwas fragen. Ich bin hier drüben im Formosa-Café. Meinst du, du könntest zwei Minuten für mich erübrigen?«
Er senkte die Stimme. »Hey, es reicht schon, dass man mich mit dir zusammen sieht, und schon steck ich bis zum Hals in Schwierigkeiten.«
»Es geht nicht um den Prozess.«
Als er nicht gleich antwortete, drängte ich ihn auch nicht. Schließlich atmete er tief durch. »Das wollte ich dir auch geraten haben. Du hast zwei Minuten.«
Er legte auf, und ich wartete mit klopfendem Herzen. Nach einer Weile kam er und sah sich nervös in dem leeren Restaurant um. Grußlos setzte er sich auf den Hocker neben mir. Von seiner rauhbeinigen Herzlichkeit, die er sich bei den Marines angeeignet hatte, war nichts mehr zu spüren.
»Ich bin nur gekommen, weil wir beide wissen, dass du ein Scheißpech hattest«, begann Jerry. »Keith ist ein Wichser und ein Lügner. Der hat uns allen nur Ärger eingebrockt. Ehrlich gesagt, ich kann’s kaum erwarten, hier wegzukommen.« Er wies mit einer gereizten Geste aufs Fenster, hinter dem das Studiogelände zu sehen war. »Ich will zurück in den richtigen Sicherheitsdienst. Einen
anständigen
unanständigen Job machen.«
»Ich hab gehört, dass Keith für zwei weitere Filme angeheuert worden ist.«
»Ja, aber der Blödmann macht als Nächstes irgend so eine bescheuerte Umwelt-Doku. Mickelson wollte ihn überreden, noch ein bisschen abzuwarten und einen weiteren Kassenerfolg hinzulegen, aber nein, es musste
jetzt
sein.« Er grinste. »Ich schätze, Mickelson wollte ihm sagen, dass unsere Umwelt in zwei Jahren noch genauso in der Scheiße steckt wie heute. Aber er hat ihn wohl nicht überzeugen können.« Er hob die breiten Schultern und ließ sie wieder fallen. »Aber danach kommt er wieder zu uns.« Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas und linste auf seine Armbanduhr. »Also, worum geht’s bei dir?«
»Im Moment macht mir irgendjemand echt die Hölle heiß. Er hat mich gefilmt und ist nachts sogar in mein Haus eingedrungen, und ich dachte mir, es könnte vielleicht jemand vom Studio sein. Ich weiß, dass du die Ermittlungsakten verwaltest – hat da irgendjemand besonderes Interesse gezeigt?«
»Nein, Mann.« Ich konnte ihm seine Erleichterung richtig anhören. »Also, dieser Prozess ist echt Mist, aber im Grunde ist so was für das Studio nichts Außergewöhnliches. Das gehört zum Geschäft.«
»Zu
ihrem
Geschäft«, meinte ich. Sein Blick kam mir fast desinteressiert vor. »Ist deines Wissens nach jemand so wütend auf mich, dass er das Ganze auf eine persönliche Ebene ziehen möchte?«
»Meines Wissens nach eindeutig nein. Und ich weiß es ziemlich gut, Patrick. Ich lese E-Mails, kommuniziere mit den Anwälten, diesen ganzen Mist. Du weißt doch, wie die mich sehen, die lieben diesen ganzen Security-Quark. Ich bin der harte Kerl im Haus, aber gleichzeitig auch Papi für alle. Wenn die sich einen Nagel abbrechen, schreien sie auch nach mir. Wenn einer vom Parkservice zu lange auf die falschen Beine gafft, muss ich ein Wörtchen mit ihm reden. Diesen ganzen Mist. Das ist ganz schön kompliziert geworden heutzutage. Aber eines hat sich nach wie vor nicht geändert: Wenn sie dir eins verpassen wollten, würden sie sich auch an mich wenden.«
Im Grunde wusste ich selbst nicht recht, was ich erwartet hatte. Natürlich würde Jerry es mir nicht auf die Nase binden, wenn das Studio es tatsächlich darauf abgesehen hatte, mich zu schikanieren. Aber ich sah ihm in die Augen und glaubte ihm. Was ich hier gerade am Hals hatte, hatte mit dem Studio überhaupt nichts zu tun.
Er warf einen nervösen Blick zur Tür. »Sonst noch was?«
»Kannst du mir Keith Conners neue Adresse geben?«
»Was glaubst du eigentlich?«, knurrte er. Ich hob ratlos die Hände. »Glaubst du allen Ernstes, Keith Conner würde sich in dein Haus schleichen?«, fragte er.
»Er selbst wohl nicht. Aber er hat haufenweise Geld und dienstbare Geister um sich herum, und es sieht mir auch ganz so aus, als wäre er ein bisschen rachsüchtig veranlagt. Ich muss unbedingt mit ihm reden.«
»Ich glaube, das ist das
Einzige,
worüber sich seine Anwälte, deine Anwälte und unsere Anwälte einig sind. Du wirst nicht mit ihm reden.
Niemals.
« Damit
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