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Oder sie stirbt

Oder sie stirbt

Titel: Oder sie stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregg Hurwitz
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Annahme verführte, dass er Freiwild war, aber das war natürlich absurd. Wenn man in seinem Leben herumschnüffelte, blieb es trotz allem ein Übergriff. Und die letzten zwei Tage hatten mir die Bedeutung dieses Wortes wieder so richtig vor Augen geführt. Meine Taten – und meine Motive – geboten mir, noch einmal über das nachzudenken, was ich hier tat. Doch erst einmal faltete ich das Blatt zusammen und steckte es in die Hosentasche. »Danke, Punch.«
    Er winkte ab.
    Auf dem Weg zum Auto drehte ich mich noch einmal um. »Warum hast du mir doch noch geholfen? Du hast doch gesagt, dass du inzwischen nicht mehr so leicht Gefälligkeiten einfordern kannst?«
    Er rieb sich die Augen kräftig mit Daumen und Zeigefinger. Als er aufblickte, waren sie noch blutunterlaufener als zuvor. »Kurz bevor ich total auf den Hund kam und Judy mir das Sorgerecht für unseren Jungen absprechen lassen wollte, da war er in der Schule ein bisschen in der Klemme, und du hast ihm geholfen. Mit diesem Referat über das Buch.«
    »Aber das war doch überhaupt nicht der Rede wert.«
    »Für ihn schon.« Er trottete zurück zu seinem Stuhl.
    Als ich losfuhr, saß er einfach nur reglos da und starrte auf die Fassade seines Hauses.
     
    Auf dem Heimweg befiel mich ein ungutes Gefühl, das immer stärker wurde, je weiter ich im abendlichen Stoßverkehr über die Roscomare Road vorankroch. Im Haus der Millers brannte kein einziges Licht. Ich fuhr in die Garage und parkte neben Aris weißem Pick-up. Dann warf ich einen Blick in unseren Briefkasten – jede Menge Rechnungen, aber keine DVD .
    Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich vor lauter Anspannung die Luft angehalten hatte. Don und Martinique kümmerten sich um ihren eigenen Kram, unser Briefkasten hielt keine weiteren bösen Überraschungen bereit, und für einen Moment sah die Welt wieder normal aus.
    Als ich die Haustür aufmachte, schrillte ein Alarmton los. Ich zuckte zusammen und ließ die Aktentasche fallen, so dass meine Papiere auf den Boden flatterten. Oben ging eine Tür auf, und Sekunden später kam Ariana die Treppe heruntergerannt, bewaffnet mit einem Federballschläger. Als sie mich sah, atmete sie auf und tippte einen Code in die Tastatur neben dem Geländer. Sofort verstummte der Alarm.
    »Willst du zu einer Gartenparty?«, fragte ich und deutete auf den Federballschläger.
    »Das war das Erste, was ich zu fassen kriegte, als ich in den Schrank gegriffen habe.«
    »In der Ecke steht ein Baseballschläger. Und ein Tennisschläger. Wie bist du ausgerechnet auf
Badminton
verfallen? Was hattest du vor, wolltest du den Eindringling mit Federbällen bombardieren?«
    »Ja, und dann wäre er auf deinen Papieren im Flur ausgerutscht.«
    Wir brauchten einen Moment, bis wir über unsere mittelmäßigen Reaktionen lachen konnten.
    »Der neue Code lautet 27 093 «, verkündete sie. »Und die neuen Schüssel liegen in der Schublade.«
    Wenn ich an diesem Abend noch einmal hinausging, um das Grundstück zu kontrollieren, durfte ich nicht vergessen, zuvor den Alarm auszustellen. Wir standen uns gegenüber, ich mit den Papieren um die Füße, sie mit dem Badmintonschläger in der Hand, und plötzlich wurden wir verlegen.
    »Okay«, sagte ich vorsichtig. Ihr unausgesprochenes Ultimatum von der vorigen Nacht stand zwischen uns und machte die Luft zu dick zum Atmen. Ich wusste, ich hätte etwas sagen müssen, aber mir wollte nichts einfallen. »Tja dann … gute Nacht«, schickte ich lahm hinterher.
    »Gute Nacht.«
    Wir musterten uns noch ein paar Sekunden und wussten beide nicht, was tun. Irgendwie war diese gezwungene Höflichkeit schlimmer als alles andere.
    Schließlich gab Ariana sich geschlagen und rang sich ein Lächeln ab. Aber es zitterte leicht an ihren Mundwinkeln. »Soll ich dir den Schläger dalassen?«
    Sie blieb am Geländer stehen und gab den Code ein, um die Alarmanlage wieder zu aktivieren. Wenig später hörte ich durch die offene Schlafzimmertür, dass sie sich die x-te Wiederholung einer Bob-Newhart-Sitcom ansah.
    Die Tür ging zu, aber ich blieb noch eine Weile so im Dunkeln stehen und blickte nach oben.

[home]
    14
    I ch verbrachte eine unruhige Nacht auf dem Sofa und stand endgültig auf, als das erste Licht des Morgens mal wieder unterstrich, wie nutzlos diese durchsichtigen Gardinen waren. Ich stand auf und rannte vors Haus, um nachzusehen, ob wieder eine DVD in unserer Morgenzeitung steckte. Ich riss die Tür auf, und die Alarmanlage kam mir natürlich erst

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