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Odice

Odice

Titel: Odice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anais Goutier
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Seminaren und die Klientinnen den ihren. Niemand ist auf eine finanzielle Entlohnung angewiesen.«
    »Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass mir Ihr Gewerbe und auch Ihre Geschäftspraktiken äußerst suspekt erscheinen, Monsieur de Lautréamont.«
    »Aber dennoch sind Sie fasziniert, Mademoiselle. Sie sind neugierig. Sie haben mich angehört. Ich denke, Sie haben Feuer gefangen und sind ernsthaft interessiert.« Sein Lächeln war äußerst charmant und dabei von einer gewinnenden Selbstgewissheit, die Odice erröten ließ.
    »Die Neugier und die Fähigkeit, Meinungen anzuhören und zuzulassen, gehören zu meinem Beruf. In den anderen Punkten aber irren Sie, Monsieur de Lautréamont. Es war interessant, Ihre Bekanntschaft zu machen. Aber jetzt muss ich mich leider entschuldigen«, erklärte sie knapp und verabschiedete sich überstürzt.
    Eric de Lautréamonts Händedruck war fest und verbindlich. Für Odice’ Geschmack hielt er ihre schweißfeuchte Hand jedoch einen Moment zu lange fest, wobei sich ihr Cartier-Trinity-Ring unangenehm in ihre Haut drückte.

    Erst als sie nach ihrem Autoschlüssel griff, fand sie die beigefarbene Visitenkarte in ihrer Manteltasche.
    Sie enthielt weder einen Namen noch eine Adresse, sondern lediglich die Nummer eines Mobiltelefons.
    Odice schüttelte grinsend mit dem Kopf und spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, das Kärtchen einfach fallen zu lassen. Doch stattdessen schob sie es in das kleine Fach in ihrer Prada, in dem sie Visitenkarten und Streichhölzer aufbewahrte. Schon auf dem Heimweg musste sie unentwegt an Eric denken. An seine attraktive, aristokratische Erscheinung, an sein überhebliches Amüsement, an seine atemberaubende Stimme.

    Es hatte noch drei Tage gedauert, bis sie die Nummer gewählt und erst beim dritten Anlauf bis zum Läuten durchgehalten hatte. Ihr Zeigefinger schwebte über der Taste mit dem roten Telefonhörer, bereit die Verbindung jederzeit zu unterbrechen.
    Dann erklang Eric de Lautréamonts volltönende, wohlklingende Stimme.
    »Mademoiselle, ich habe Ihren Anruf erwartet. Ich werde Ihnen die nötigen Informationen in Form einiger Fragebögen zukommen lassen. Sollten Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, diese Nummer zu wählen. Sie ist allein für den Kontakt zwischen Ihnen und mir bestimmt. Sollten Sie es sich aber doch anders überlegen, so vernichten Sie die Visitenkarte zusammen mit den Fragebögen. Ich versichere Ihnen, dass wir keinen weiteren Versuch unternehmen werden, mit Ihnen in Kontakt zu treten.«
    Damit legte er auf, ohne dass sie ein einziges Wort gesagt hätte. Er wollte ihr Unterlagen zukommen lassen, hatte aber nicht nach ihrer Adresse gefragt. Daraus ließ sich folgern, dass er ihre Anschrift bereits kannte. Allein diese Tatsache ließ Odice schaudern. Wie hatte sie sich nur auf ein solches Abenteuer einlassen können?

Kapitel 5
    Sind Sie bereit, Geschlechtsverkehr mit ihren Herren zu haben? Mit dieser Frage schlief Odice ein und die Folge war ein höchst erotischer Traum, in dem der geheimnisvolle Eric de Lautréamont die Hauptrolle spielte. Allerdings hatte Odice’ Traum nicht das Geringste mit Fesselspielen oder sadomasochistischen Praktiken zu tun, sondern war ganz und gar konventionell angelegt. Dennoch bewirkte er, dass sie am Morgen, noch vor dem Kaffee die gut verstauten Fragebögen erneut hervorholte und einen weiteren Blick riskierte.
    Sie würde den Fragebogen als eine Art Selbsttest behandeln, wie man aus spielerischer Neugier und zum banalen Zeitvertreib die Psycho- und Sextests in einschlägigen Frauenzeitschriften ausfüllt, um dann im Ergebnisteil auf der nächsten Seite höchst fragwürdige Informationen über das eigene Innenleben zu erhalten.
    Sie nahm also ihren Montblanc-Kugelschreiber zur Hand und begann die Bögen durchzugehen. Die erste Seite las sich wie eine gewöhnliche Meinungsumfrage und entsprechend schnell und ehrlich absolvierte Odice diesen Teil. Doch dann folgten die Fragen mit sexuellen Inhalten und sie ließ den Stift sinken, ließ den Fragebogen aber diesmal offen auf dem Schreibtisch liegen. Odice ging in die Küche, um den Kaffeevollautomaten anzuschalten und nahm zwei Stückchen italienisches Mandelgebäck aus der Bäckertüte. Dann kehrte sie mit Kaffee und Gebäck an ihren Schreibtisch zurück.
    Sie nahm sich vor, die Bögen nur auszufüllen, um etwas über sich selbst zu erfahren. Schließlich konnte sie die Blätter genauso gut im ausgefüllten, wie im unausgefüllten Zustand

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