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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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sich umgehend die Rehabilitierung des Erstgenannten zu sichern.
    Sie nannten sich die Rächer, seine neuen Kameraden, und sie waren gegen Regierung, Religion, Fremde und vieles andere, das Esra nicht richtig verstand. An dem Tag, an dem er zu Hause hinausgeworfen worden war, hatte er einen von ihnen am frühen Morgen getroffen. Und weil er fror und weil er kein Geld hatte und keinen anderen Ort, wo er hingehen konnte, war Esra mit dem jungen, braun gekleideten Mann mit der Bürstenfrisur mitgegangen, der stark unter dem Einfluss von etwas stand, das Esra später als altes Bier und alten Schnaps identifizieren konnte. Esra gefiel es nicht besonders, auf dem Sofa in dem feuchten Kellerraum zu schlafen, der immer voller Leute war und nach altem Bier, vollen Aschenbechern und Generationen von Staubmilben stank, und vor allem gefielen ihm seine neuen
Kameraden nicht, die primitiv, ignorant und brutal waren. Aber er hatte schnell begriffen, dass die Kameraden eine einmalige Chance boten und hatte seinen Namen sofort in Es geändert. Es bestand kein Grund, schlechte Stimmung aufkommen zu lassen.
    Und sie waren alle begeistert von ihm, die Rächer, und sie hegten nicht das geringste Misstrauen bezüglich der Motive, die ihren neuen Kameraden in Wirklichkeit antrieben, als Es (alias Esra) sich den Plan ausdachte, die Wiedergeborenen Juden dazu zu verführen, sich in eine verlorene Schlacht zu werfen.
     
    Der Fischer Ambrosius öffnete die Augen; ein Geräusch hatte ihn geweckt. Die Rikke-Marie schaukelte leicht. Der Fischer setzte sich auf und lauschte, aber außer dem sanften Lecken des Wassers gegen den Bootskiel war nichts zu hören. Er sollte vielleicht besser nachsehen. Aber jetzt war alles still, es war wohl doch nur der Wind gewesen. Der Fischer Ambrosius legte sich wieder hin, aber er hatte den Kopf noch nicht auf das Kissen gelegt, als das Geräusch wiederkehrte – ein schwaches Pochen, als würde jemand vorsichtig auf Holz klopfen.
    Es führte kein Weg darum herum. Der Fischer Ambrosius setzte sich auf und wollte gerade die Lampe an der Wand anzünden, als er sich anders entschied. Es gab keinen Grund zu zeigen, dass er im Anmarsch war. Er rieb sich die Augen, um ein wenig wacher zu werden, schwang die Beine aus der Koje und setzte den Fuß auf die kalten Planken. Der Fischer hatte nur ein T-Shirt an und musste eine Weile im Dunkeln suchen, bis er seine Hose fand. So leise wie möglich kletterte er die Leiter hinauf und ertastete sich den Weg durch die Dunkelheit des Steuerhauses zum nächsten Fenster. Die Uhr an der Wand schlug gerade halb zwei, als er die Gardine leicht zur Seite schob und in die blaue Sommernacht hinausblickte. Nichts.
    Der Fischer Ambrosius erstarrte. Das leise Klopfen ertönte wieder, und diesmal genau neben ihm. Jemand klopfte an die Tür. Er spähte aus dem kleinen Fenster neben der Tür und konnte den dunklen Umriss eines Menschen erkennen. Wenn es nicht mehrere waren, könnte er wohl … Er öffnete eine Schublade
und holte ein schweres Küchenmesser heraus. Der Fischer hob die Hand mit dem Messer und öffnete abrupt die Tür.
    »Ach. Du bist es.« Der Fischer ließ das Messer sinken und trat einen Schritt zurück, sodass sie hereinkommen konnte. Er machte das Licht an.
    Sigbrit Holland ließ ihre schwere Tasche auf die Kajütendiele fallen.
    »Aha, dann war es doch so, wie ich gedacht habe…« Sie zeigte auf das Messer in der Hand des Fischers.
    »Ja, wir mussten uns mit der Abfahrt ein bisschen beeilen«, brummte er und legte das Messer zurück in die Schublade.
    »Wer waren sie?«
    »Ich habe keine Ahnung. Eine Gruppe braun gekleideter Männer mit Bürstenhaarschnitt und einem weißen Lieferwagen. Ziemlich gut bewaffnet, es sei denn, die Waffen waren nicht echt natürlich. Sie hätten wer weiß wer sein können, die Weltuntergangspropheten oder ihre Gegner.« Er lachte trocken und fuhr sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar. »Wir hatten nicht den Eindruck, dass wir bleiben und fragen sollten.« Der Fischer Ambrosius sah auf Sigbrit Hollands Reisetasche. »Holde Frau«, sagte er mit plötzlicher Sanftheit. »Lass uns dir zeigen, wo du schlafen kannst.«
    »Bin ich noch immer willkommen?«
    Der Fischer antwortete nicht, nahm nur die Tasche und begab sich die Leiter hinunter in das Innere des Bootes. Er zündete eine kleine Wandlampe an, die ein schwaches gelbliches Licht in die Kajüte warf. Sigbrit Holland sah sich um. Abgesehen von dem Mal, als sie nach dem Auflaufen der

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