Odins Insel
dessen Zehen zu treten er nicht hatte vermeiden können. Endlich lichtete sich die Menge, und der heldenhafte, wenn auch etwas erschütterte Lennart Torstensson lief den Kai hinauf, so schnell er, ohne Misstrauen zu erwecken, konnte. Er war jedoch noch nicht weit gekommen, als der Kai von einer anderen Gruppe erregter Menschen versperrt wurde. Sie war kleiner und von deutlich orientalischer Herkunft, aber ebenso erregt wie die erste Gruppe. Der heldenhafte, wenn auch etwas erschütterte Lennart Torstensson drängte sich durch die hintersten Reihen.
»Wahrlich, der Mensch ist in einem Zustand des Verlusts. Außer denen, die glauben und gute Werke tun und einander zur Wahrheit mahnen und einander zum Ausharren mahnen« , sagte ein alter gebrechlicher dunkelhäutiger Mann. »Allah versucht uns, er prüft unseren Glauben, unsere Geduld, unsere Güte. Wir dürfen nicht aufgeben, wir müssen am Glauben festhalten.« Der alte Mann machte eine Pause, um Atem zu holen. »Wir dürfen unserer menschlichen Schwäche nicht erlauben, die Oberhand zu gewinnen und böse gegen Brüder handeln, die wir auf den richtigen Weg führen sollten. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Herzen voller Hass sind, wir müssen sie mit Güte und Liebe
für jeden Einzelnen anschwellen und blühen lassen.« Der alte Mann senkte den Kopf, als hätte er bereits eine Schlacht verloren, die nicht einmal begonnen hatte. Er konnte nicht gleichzeitig die Mullahs in und außerhalb Südnordens und die wütenden jungen Männer unter seinen eigenen Anhängern bekämpfen. Mit müder Stimme fuhr er fort: »Ungeachtet was mit dem Großen Mann, mit Allahs Boten, dem Propheten Jesus, geschehen ist, werden die, die Böses getan haben, von Allah, von Allah allein, bestraft werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass die, die Böses tun, uns vom Pfad der Liebe und des Friedens abbringen, den Allah…«
Der heldenhafte, wenn auch etwas erschütterte Lennart Torstensson konnte nichts mehr verstehen, weil neben ihm eine kleine Gruppe junger Menschen wütend miteinander flüsterte. Eine aus der Gruppe, eine auffallend schöne schwarzäugige Frau, trat einen Schritt vor.
»Es reicht uns!«, rief sie aufgebracht und starrte mit vor Wut funkelnden Augen den alten Mullah an. »Die Gläubigen sind nur jene, die an Allah und seinen Gesandten glauben und dann nicht zweifeln, sondern mit ihrem Besitz und ihrer Person für Allahs Sache streiten. Das sind die Wahrhaften.« Die Frau warf den Kopf in den Nacken, und ihr langes Haar tanzte unter dem Kopftuch. Sie ließ den Blick über die Moslemischen Modernisten schweifen, aber es war eine große Sünde, sich gegen einen alten Gebetsführer aufzulehnen, einen gelehrten Mann wie Hasan Al-Basri, und niemand erwiderte ihren Blick.
»Wahrlich, die Religion vor Allah ist Islam. Und die, denen das Buch gegeben ward, wurden uneins, erst nachdem das Wissen zu ihnen gekommen war, aus gegenseitigem Neid« , sagte Hasan Al-Basri leise und brach das verstörte Schweigen, das Aishas wütendem Ausbruch gefolgt war.
»Die Ungläubigen haben Allahs Boten entführt«, fuhr die wütende Frau mit funkelnden Augen fort. »Die Ungläubigen wissen, dass der Große Mann beweisen wird, dass sie Unrecht haben, wenn sie ihn reden lassen. Sie wissen, dass er sagen wird, dass Allah der Einzige ist und dass Mohammed, sein Prophet, den einzigen Weg gewiesen hat, dem wir folgen sollen, und dass
nur die, die diesem Weg gefolgt sind, ihrem Schöpfer in der anderen Welt begegnen werden.«
»Lasst die Alten weise sein und lasst die Jungen alt werden«, seufzte Hasan Al-Basri und schloss die Augen, um Allah stumm um die wahre Seelenruhe zu bitten, die nur mit der Weisheit kommen kann, die ein Privileg des Alters ist. »Allahs Wille geschehe. «
»Der Augenblick ist gekommen, wo wir zu den Waffen greifen müssen. Das ist Allahs Wille!«, rief Aisha und ließ erneut die Augen umherschweifen, und diesmal erwiderten viele ihren Blick.
»Ja, die Zeit zu handeln, ist gekommen!«, rief ihr Bruder Ali.
»Die Zeit ist reif! Die Zeit ist reif!«, kam es nun von allen Seiten.
Und die Umstände waren auf ihrer Seite. Die Moslemischen Modernisten waren des Friedens und der Ruhe müde, und die Moslemischen Modernisten waren der wiederholten Demütigungen müde, denen sie in ihrem Kampf um den nähesten Platz neben dem Großen Mann ausgesetzt gewesen waren. Im selben Augenblick, in dem Aisha sich herumdrehte, winkte und den Kai hinaufging, hörten die Moslemischen Modernisten
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