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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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Spruchbändern durch die Straßen der nordnordischen Hauptstadt marschierten. Sie verlangten von ihrer Regierung, dem ungläubigen und gotteslästerlichen Südnorden sofort und ohne Verzug den Krieg zu erklären. Koste es, was es wolle: Den falschen Propheten musste Einhalt geboten werden.
     
    Und den falschen Propheten würde Einhalt geboten werden, allen zusammen, das hatte der heilige Anders Andersen schon lange gewusst. Deshalb mussten sich die Lämmer des Herrn nicht sorgen, denn wenn der Tag anbrach, würde der Herr selbst alle falschen Propheten und Ungläubigen richten und – mithilfe seines Hirten, des großen Mannes – nur seine wahren Lämmer erlösen.
    Bis zu diesem Tage brauchten die Lämmer des Herrn nichts anderes zu tun als beten, heiliges Gras rauchen und ihre Haare in heiligen Feuern in den Straßen von Fredenshvile verbrennen – als Opfer an Gott den Herrn, den Allmächtigen, und seinen Sohn, den Hirten, den Großen Mann. Und natürlich sollten sie ihren Kampf fortsetzen, um in Gottes Namen die wenigen Seelen zu retten, die – durch ihre Bereitwilligkeit, ihr weltliches Vermögen den Lämmern des Herrn und dem heiligen Anders Andersen zu übertragen – noch immer zu retten waren. Denn das Lamm sollte auftun das erste der sieben Siegel, und dann das zweite und das dritte, bis alle sieben Siegel aufgetan waren, denn nur das Lamm war würdig, erwürgt wurde es und hat mit seinem Blut für Gott erkauft Menschen aus allen Geschlechtern und Sprachen und Völkern und Nationen.
     
    »Das ist alles gut und schön«, sagte der Fischer Ambrosius und rieb sich das Kinn. »Aber was sollen wir machen?«

    Nähere dich der Insel und Eisen bricht los. Nur ein Inselschmied schlägt Schuhe, die schwimmen können. Brynhild Sigurdskaer hatte Recht gehabt: Die Lösung versteckte sich im Erstgenannten, das Erstgenannte versteckte sich im Letztgenannten. Kapitän Hans Adelstensfostres Frachtbücher bekräftigten die Sprüche. Der Kapitän hatte im Großen und Ganzen die gleichen Waren nach Urö transportiert wie zu der südlichen Nachbarinsel, abgesehen von Nägeln, Werkzeug, Messern und anderen aus Eisen gefertigten Dingen. Nicht ein einziges Mal hatte Kapitän Hans Adelstensfostre auch nur ein einziges Stück Metall zu der Insel transportiert; das hatten sie übersehen.
    Sie wussten nicht, warum das so war. Vielleicht waren die Klippen voll magnetischen Eisenerzes, das – auf Grund der Lage der Klippen oder auf Grund des Windes oder der Feuchtigkeit vom Meer oder von etwas anderem, von dem sie nichts wissen konnten – die Insel und den Luftraum über ihr zu einem gigantischen elektromagnetischen Feld machte. Selbst wenn sie früher den Gedanken an Magnetismus verworfen hatten – Flugzeuge waren aus Aluminium und dürften deshalb von dieser Kraft nicht beeinflusst werden – war es nicht unmöglich, dass das elektromagnetische Feld die Instrumente oder Motoren so beeinflusste, dass die Flugzeuge abstürzten. Doch ungeachtet der Ursache, war eines sicher: Sie taten gut daran, auf ihrer Reise zu der Insel nicht das kleinste Stückchen Metall mit sich zu führen. Tauchen kam nicht in Frage, die Flaschen und Luftventile und möglicherweise auch andere Teile der Ausrüstung würden zerrissen werden, sobald sie sich der Insel näherten.
    Sie sahen einander an. Keiner konnte die Frage des Fischers Ambrosius beantworten. Das grüne Fischerboot, das früher einmal grün-orange gewesen war, legte sich plötzlich stark auf die Seite. Eine Tasse fiel um, rollte über den Tisch und ging zu Bruch, als sie auf den Boden fiel. Der Sturm war so heftig, dass er die Wellen bis in die Schiffshalle drängte. Der Fischer Ambrosius erhob sich und sammelte die Scherben auf.
    »Ich mag nicht segeln«, klagte Gunnar der Kopf. »Ich mag überhaupt nicht segeln.«
    »Bei diesem Wetter macht sich wohl keiner von uns etwas daraus
zu segeln«, brummte der Fischer und schmiss die Scherben in den Abfalleimer.
    »Es hat uns nicht viel geholfen, die Lösung zu finden.« Sigbrit Holland schüttelte den Kopf. »Ihr könnt nicht segeln wegen der Klippen, ihr könnt nicht tauchen wegen der Ausrüstung, und ihr könnt nicht fliegen…«
    »Ohne die Flügel der Gedanken und der Erinnerung fliegt man nirgendwohin«, unterbrach Odin. Ihm war etwas eingefallen, das Herr Bramsentorpf gesagt hatte. Und obwohl Herr Bramsentorpf entführt worden war, konnte es ja durchaus sein… »Ob es wohl sein könnte, dass jetzt, wo die Regeln erfüllt sind, auch Herrn

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