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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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seit 1814, seit Südnorden Altnorden an die nordnordische Krone verloren hatte, keinen Krieg mehr gegen Nordnorden geführt. »Fürs Erste ist es ja nur eine Warnung«, unterbrach der Staatsminister die Gedanken der Königin.
    Die Königin antwortete nicht. Von der Androhung einer
Kriegserklärung war es nur ein kleiner Schritt bis zu einer Kriegserklärung.
    »Herr Staatsminister«, sagte sie schließlich. »Könnte man nicht die Verhandlungen wieder aufnehmen und sehen, ob Nordnorden zur Vernunft kommt?«
    »Nicht so lange die nordnordische Regierung uns weiter beschuldigt, den kleinen alten Mann im Land versteckt zu halten, Ihre Majestät.« Der Staatsminister ballte die Hände, um nicht versehentlich dem Drang nachzugeben, mit den Fingern zu knacken. »Wir haben alles versucht, Ihre Majestät. Aber die nordnordische Regierung weigert sich, uns anzuhören. Es ist sogar so weit gekommen, dass die nordnordische Polizei sich weigert, bei der Verfolgung der Entführer von Herrn Bramsentorpf zu kooperieren, was nur beweist, dass die nordnordische Regierung ihn selbst entführt haben muss.«
    Wieder nahm sich die Königin Zeit, bevor sie sprach.
    »Die Regierung unternimmt nichts mehr, um Herrn Odin Odin zu finden?«
    »Wir haben alles getan, was in unseren Kräften stand, um ihn zu finden. Aber es hat zu nichts geführt«, antwortete der Staatsminister und verfluchte insgeheim den Justizminister und seine etwas zu brillanten Ideen. »Herr Odin Odin hat uns mit aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, dass er nicht zurückzukommen beabsichtigt, wenn wir nicht unseren Anspruch auf die Insel aufgeben, was wir nicht können – selbst wenn wir wollten.« Er sah der Königin in die Augen. »Und das wollen wir doch auch nicht, Ihre Majestät?«
    Die Königin sah den Staatsminister verwundert an. Sie rätselte, warum ihm die Insel plötzlich so wichtig war. Aber seine Gründe waren für sie von untergeordneter Bedeutung, so lange sie sich darin einig waren, dass es um die Ehre der südnordischen Krone und – was nur sie wusste – um die Ehre von König Enevold IV. ging. Sie schüttelte leicht den Kopf.
    »Nein, Herr Staatsminister. Selbst wenn es möglich wäre, wäre es nicht im Interesse des Königinnentums, den Anspruch auf die Drude-Estrid-Insel aufzugeben.«
    Das Gesicht des Staatsministers hellte sich auf.

    »Ich bin froh, Ihre Majestät, dass wir uns in dieser Angelegenheit einig sind.«
    »Aber gibt es denn wirklich keine andere Möglichkeit, diesen Konflikt zu lösen, Herr Staatsminister?«, fragte die Königin noch einmal. »Wenn wir erst einmal die Schwelle zum nächsten Jahrtausend überschritten haben und die Weltuntergangspropheten ihre Fehleinschätzungen einräumen müssen, wird sich die Situation, was die Nordnordländer angeht, wahrscheinlich ebenfalls ändern.«
    »Ich befürchte, dass das sehr unwahrscheinlich ist«, sagte der Staatsminister so staatsministerisch, wie er konnte. »Der nationale Fanatismus wird nicht aufhören, bis die Frage der Zugehörigkeit der Insel geklärt ist, und die Frage der Zugehörigkeit kann nicht geklärt werden, bevor wir den Fanatismus nicht bekämpft haben.« Der Staatsminister beugte sich auf dem Sofa vor. »Da wäre auch noch zu berücksichtigen, dass eine Eskalation des Konflikts mit Nordnorden der Regierung die Möglichkeit gibt, mit Mitteln gegen die Weltuntergangspropheten vorzugehen, die in Friedenszeiten nicht möglich sind.« Er lachte kalt. »Nächtliche Sperrstunde, Verbot von Demonstrationen, Inhaftierung verdächtiger Elemente. Ja«, der Staatsminister lachte wieder, »in einer Kriegssituation kann so manches als Bedrohung der Sicherheit der Nation angesehen werden…«
    Es herrschte kurze Stille, dann fragte die Königin: »Gibt es eine parlamentarische Mehrheit für die Eskalation des Konflikts? «
    »Ja, die informellen Beratungen haben ergeben, dass eine große Mehrheit dafür ist, die Ehre des Landes zu verteidigen.« Der Staatsminister lächelte. Er dachte an die Meinungsumfragen – es war offensichtlich, dass keine der großen Parteien es wagen würde, sich den Ärger der Wähler zuzuziehen, indem sie sich gegen ein verschärftes Vorgehen gegenüber Nordnorden wandte.
    Die Königin sah aus dem Fenster in den dunklen Himmel. Natürlich musste das südnordische Königinnentum seine Ehre verteidigen. Sie seufzte still und fragte dann mit fester Stimme:
    »Wie wollen Sie vorgehen?«
    »Zuerst einmal werden wir die Grenzkontrollen verschärfen
und den

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