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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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der Wind umschlägt?«, fragte Sigbrit Holland.
    Einen Augenblick sahen sie sich schweigend an. Dann sagte Odin: »Wenn das eine Pferd nicht ziehen kann, muss man auf das andere setzen.« Der kleine alte Mann zwirbelte wieder an seinem Bart und erinnerte sich, wie Baltazar damals, als Rigmarole sich in dem Meteorsturm das Bein gebrochen hatte, den Schlitten den ganzen Weg zu Mutter Maries Stall alleine gezogen hatte. »Nein, es gibt wahrlich kein Unglück, dem ein wenig Glück nicht abhelfen kann«, fügte er zufrieden hinzu und klopfte auf das Hufeisen in seiner Brusttasche.
    »Wenn das eine Pferd nicht ziehen kann, muss man das andere ein bisschen mehr beanspruchen«, wiederholte der Fischer Ambrosius. »Natürlich!«, rief er lachend. »Wenn wir uns des Windes nicht sicher sein können, müssen wir uns die andere Kraft zu Nutze machen, die auf der Insel herrscht.«
    Sigbrit Holland sah ihn fragend an.
    »Den Magnetismus«, lachte der Fischer. »Wir befestigen eine riesige Eisenkugel an dem Korb.« Er setzte sich und fuhr mit einem breiten Lächeln fort: »Wir müssten uns schon sehr irren, wenn die magnetischen Kräfte nicht den Rest erledigen, wenn der Wind uns erst nahe genug herangetragen hat.«

    »Woher sollen wir so einen riesigen Magneten bekommen?«
    »Gunnar der Kopf«, antwortete der Fischer ohne zu zögern und wandte sich an den Mann mit dem riesigen Kopf.
    Gunnar der Kopf errötete vor Stolz und nickte fast feierlich, während er sich an seinem rechten Ellenbogen kratzte.
    »Ich werde den größten Eisenfußball machen, den man hier je im Land gesehen hat«, sagte er mit einem breiten Grinsen. Nicht umsonst war er früher nicht nur ein ausgezeichneter Fußballspieler, sondern auch ein ausgezeichneter Schmied gewesen.
    Wenn ihre Vermutungen stimmten, würde die Eisenkugel von dem Magnetismus der Insel beeinflusst werden, sobald der Ballon die innere Klippenreihe überflogen hatte, und die Kugel würde sie dann den restlichen Weg bis zur Mitte der Insel ziehen. Zumindest glaubten sie, dass das passieren würde. Sicher sein konnten sie nicht.
     
    Am nächsten Tag rief Harald Adelstensfostre die südnordische Ballongesellschaft an und spielte den exzentrischen Altnordländer, der zum Jahrtausendwechsel quer über Norden fliegen wollte. Und sie hatten Glück: Die südnordische Ballongesellschaft wusste, dass einige Mitglieder, die gerade einen neuen Ballon gekauft hatten, daran interessiert waren, ihren alten Ballon billig loszuwerden. Andererseits hieß billig dreißigtausend, und dazu kamen noch die Kosten für Reparatur und Umbau des Ballons, und das hieß Geld, das sie nicht hatten.
    »Können wir nicht einfach die Taucherausrüstung verkaufen? «, schlug Sigbrit Holland vor.
    »Leider nein«, sagte der Fischer Ambrosius. »Es war eine Spezialanfertigung. « Er legte die Pfeife in den Aschenbecher und rieb sich das Kinn. »Nein, wir müssen das Geld anderswoher bekommen. «
    Einen Augenblick war es still im Steuerhaus.
    »Es gibt kein anderswoher«, sagte Sigbrit Holland schließlich. »Wenn uns doch jemand etwas schulden würde.«
    Der Fremdling brach in ein raues, wieherndes Hiksen aus, als wäre das das Groteskeste, das er seit langem gehört hatte.
    Aber genau in diesem Augenblick musste Odin an Bischof
Bentsen und an den Dienst denken, den Viktor Valentino ihm in Aussicht gestellt hatte.
     
    Lieber Bischof Bentsen.
    Der Unterzeichnende nimmt sich hiermit die Freiheit, Bischof Bentsen an den Dienst zu erinnern, den er dem Bischof erwiesen hat, indem er, als der Bischof ihn darum gebeten hat, sehr lange, sehr schöne Ferien gemacht hat, und bittet bei dieser Gelegenheit nun den Dienst in Anspruch nehmen zu dürfen, den der Gesandte des Bischofs, Herr Viktor Valentino, dem Unterzeichnenden in Aussicht gestellt hat. Der gewählte Dienst ist ein Betrag von fünfundsiebzigtausend, der zur Einrichtung der Luftverbindung gebraucht wird, die der Unterzeichnende benötigt, um zurück nach Smedieby zu kommen, woher er im letzten Jahr in einen furchtbaren Schneesturm gekommen ist.
    Sollte es dem Bischof nicht möglich sein, dem Unterzeichnenden den Dienst zu erweisen, den sein Gesandter ihm in Aussicht gestellt hat, wird der Unterzeichnende das selbstverständlich verstehen und sich für alle Zeit und Ewigkeit in Südnorden niederlassen.
    Erlauben Sie mir, diese Gelegenheit zu nutzen, dem Bischof meine höchste Achtung und meinen höchsten Respekt auszusprechen.
    Ihr ergebener
Odin
     
    Bischof Bentsen

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