Odins Insel

Zeitungen schloss, die er seinem prophetischen Neffen in den Bunker aus dem zweiten großen Krieg brachte.
    Die Polizei verdächtigte – ungerechtfertigter Weise – Hesekiel, den Rechtschaffenen, noch immer, hinter dem Bombenanschlag auf das moslemische Geschäft in seiner eigenen Straße zu stehen und – gerechtfertigter Weise – hinter dem Bombenanschlag auf die nordnordische Botschaft nur wenige Tage, bevor diese in Flammen aufging. Früher oder später würde die Polizei zweifelsfrei herausfinden, wo sich der prophetische Sohn versteckte. Und selbst wenn das eher später als früher passieren würde, da viele Polizisten nicht allzu freundliche Gefühle für die Nordnordländer und ihren Botschafter und die moslemischen Kaufleute im Land hegten, könnte es auch früher passieren, da die Polizei auch keine so freundlichen Gefühle für die Wiedergeborenen Juden hegte. Deshalb beschloss der älteste Onkel, dass es höchste Zeit war, die Sammelbüchse zu öffnen.
    Hesekiel, der Rechtschaffene, hatte nicht viel Ahnung von etwas so Weltlichem wie der Mathematik, sodass sein Vater und die fünf restlichen Onkel sowie die wenigen nicht mit ihnen verwandten Wiedergeborenen Juden das Geld zählten. In der Büchse war ein ansehnlicher Betrag, aber es war nicht genug. Der Vater und die fünf restlichen Onkel sowie die nicht mit ihnen verwandten Wiedergeborenen Juden gingen die Möglichkeiten durch: russische Hubschrauber hatten den Ruf, billig zu sein, aber die Wiedergeborenen Juden hatten trotzdem nur ein Zehntel dessen, was ein baufälliger MI17 kosten würde – der sie zur rechten Zeit und in zwei Flügen zur Insel des heiligen Sabbats bringen sollte.
    Man sah von einem zum anderen, und ohne weitere Diskussion beschlossen der Vater und die Mutter, die fünf restlichen Onkel, ihre Frauen und Kinder sowie die Witwe des sechsten Onkels und die wenigen nicht mit ihnen verwandten Wiedergeborenen Juden ihre Wohnungen sofort zum Verkauf anzubieten.
    Sie hatten nichts zu verlieren: Der Jüngste Tag war nahe!

     
    Und der Jüngste Tag war nahe. Um ganz genau zu sein, blieben dieser Welt nur noch einundzwanzig Tage. Das jedenfalls erzählte Simon Peter II. den Wiederauferstandenen Christen und allen anderen Südnordländern in seinen Reden, die jetzt jeden Morgen von einem sympathisierenden Radiokanal ausgestrahlt wurden – zum großen Ärgernis der Regierung, die inzwischen weder Macht noch Autorität hatte, das zu verbieten, da Südnorden eine gut funktionierende Demokratie war.
    Der Grund, dass Simon Peter II. am 3. Dezember erklärte, dass es nur noch einundzwanzig Tage bis zum Jüngsten Tag waren und nicht achtundzwanzig, wie die übrigen Unglückspropheten behaupteten, war der, dass er seit dem Verschwinden des Großen Mannes angefangen hatte, die Bibel zu studieren. Und in der Bibel hatte Simon Peter II. außer vielen anderen interessanten Geschichten etwas entdeckt, das bisher alle, er selbst eingeschlossen, übersehen hatten: Der Jüngste Tag würde sicherlich mit dem Jahrtausendwechsel anbrechen, aber der eigentliche Jahrtausendwechsel war natürlich an Jesu Christi Geburtstag und nicht eine Woche später!
    »Nein!«, rief Simon Peter II. in das Mikrofon. »Der Jüngste Tag bricht am Weihnachtsabend an, am Geburtstag von Jesus Christus, dem Großen Mann. Dem Großen Mann, dem Sohn des Herrn, der an seinem eintausendneunhundertneunundneunzigsten Geburtstag auf die Erde zurückgekommen ist, um die wahren Kinder Gottes zu retten, die Wiederauferstandenen Christen.« Der Lieblingsjünger und erste Apostel blinzelte leidenschaftlich. »Mit unserer Hilfe wird der Große Mann den Teufel überwinden, und an dem Tag, der vor seinem zweitausendjährigen Geburtstag in die Nacht führt, wird er die Wiederauferstandenen Christen trockenen Fußes über den Grund des Meeres zur Insel des Paradieses und in das tausendjährige Reich des Friedens auf der Erde führen. Selig ist der und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung. Über solche hat der zweite Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre. «

     
    Und das tausendjährige Reich des Friedens nahte. Aber nicht dieses Jahr, dieses Weihnachten. Nein, das tausendjährige Reich des Friedens auf der Erde würde an dem Tag kommen, an dem der wahre Jesus Christus auf die Erde zurückkam, und dieser Tag war noch nicht angebrochen.
    Wenigstens riefen das die Wahren Christen, während sie mit ihren wütenden flatternden