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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Vestibül verharrte sie einen Augenblick zögernd. Zweifellos war sie überrascht, mit diesem zeremoniellen Empfang hatte sie wohl nicht mehr gerechnet. Dann aber nahm sie mit raschem Fuß die drei Stufen und trat entschlossen in die Halle. Ihr wohlgebildetes, strenges Gesicht zeigte nicht die geringste Unruhe. Sie warf den Mantel ab, wie sie es immer tat, wenn sie das Haus betreten hatte. Eine Magd fing ihn auf. Indem Fausta einen Blick rundum warf, sagte sie: „Es ist gut, daß ihr alle hier seid! Ich habe euch etwas mitzuteilen!“
    Odo trat einen Schritt auf sie zu.
    „Erlaubt, edle Frau, daß ich zuerst …“
    „Nein, Herr Odo!“ unterbrach sie ihn. „Es ist besser, Ihr schweigt und laßt ewig unausgesprochen, was Ihr mir in diesem Augenblick sagen wolltet. Ich habe Gründe, Euch nicht anzuhören … Gründe, die Euch anscheinend noch nicht bekannt sind, die man Euch aber gewiß bald mitteilen wird.“
    Sie hatte mich längst entdeckt und warf mir jetzt einen Blick zu, der sagte: „Nur zu! Das ist mir vollkommen gleichgültig!“
    „Was Ihr wissen sollt, edle Herren“, fuhr sie dann fort, „und auch ihr anderen Männer, die ihr mir treu gedient habt, ist dieses: Ich habe beschlossen, der Welt zu entsagen. Diesmal wird es endgültig, unwiderruflich und vollkommen sein! Ich werde den Schleier nehmen und das Gelübde ablegen. Armut, Keuschheit, Gehorsam … niemals wird eine Nonne so streng nach diesen Geboten gelebt haben, wie ich es tun werde! Von meinem Eigentum will ich mich trennen. Das Herrenhaus meines Wittums wird zu einem Kloster umgebaut, und alles, was heute mein Eigen ist, soll dann der Gemeinschaft der frommen Schwestern gehören. Oh, ich will nicht Äbtissin werden! Der neue Bischof, der unser Kloster weihen wird, soll eine Würdigere bestimmen. Ich will nur die Letzte, Demütigste, Bescheidenste sein! Meine künftige Wohnung habe ich auch schon bestimmt. Die kleine Kirche, die zum Kloster gehören wird, hat einen Anbau, ein winziges Hüttchen. Dort will ich als Klausnerin leben, auf Stroh gebettet, ärmer und elender noch als die anderen Schwestern. Als die niedrigste seiner Mägde will ich mich dort dem Dienst des Herrn widmen. Dies soll die Sühne für mein vergangenes Leben sein, welches in diesem Augenblick endet. Lebt wohl, meine Herren! Noch heute reise ich ab. In meiner neuen Wohnung soll man mich aufsuchen, damit alles, was Recht und Ordnung verlangen, getan wird, um meinen Entschluß zu verwirklichen!“
    Sie warf einen langen, stolzen Blick auf die Reihen der Versammelten, der triumphal wurde, als er mich erreichte. Dann wandte sie sich ab, um zu gehen.
    Odo, schweißüberströmt und fassungslos, vertrat ihr den Weg.
    „Edle Frau, ich …“
    „Niemand versuche, mich aufzuhalten!“ schrie sie ihn an. „Ich sagte, es ist unwiderruflich!“
    Er gab erschrocken den Weg frei. Sie ließ ihn stehen und stieg in ihr Zimmer hinauf.
    Die um die Verlobungsfeier gebrachten Gäste standen ratlos und mißvergnügt herum.
    „Was ist in sie gefahren?“ fragte Odo. „Begreifst du das, Vater? Was hat sie vor? Will sie jetzt plötzlich eine Heilige werden?“
    „Schon möglich“, erwiderte ich. „Wenn schon nicht Gräfin, so wenigstens das. Sie wäre dann auch nicht die erste mit einer unheiligen Vergangenheit.“
    Frau Fausta machte ihre Absicht wahr und reiste tatsächlich noch am selben Tag ab. Nicht hoch zu Roß, sondern bescheiden auf einem Maultier, begleitet von wenigen Getreuen, verließ sie die Stadt. Solange wir uns dort noch aufhielten, hörten wir nichts mehr von ihr. Wir blieben allerdings nicht mehr länger als knapp eine Woche. Es versteht sich, daß es vor allem Odo war, der zum Aufbruch drängte. Der Schauplatz seiner gescheiterten Brautwerbung war ihm verleidet.
    Erst nach unserer Rückkehr in die Königspfalz, als die geschilderten Ereignisse schon vier Monate zurücklagen, erhielten wir wieder Nachricht von der Fausta. Mitglieder einer Abordnung des Hofes, die zur Weihe des neuen Bischofs in das neustrische Comitat gereist waren, hatten von ihr gehört und sie aufgesucht. Sie waren des Lobes voll … ja, sie schwärmten geradezu! In einer Zeit, da überall in den Klöstern ein Verfall der Moral zu beobachten sei, mahne die fromme Klausnerin zur Besinnung und leuchte voran bei dem längst fälligen Aufbruch. Ihr Beispiel vollkommener Askese sei auch auf die anderen Nonnen übergesprungen, so daß sich das neugegründete Kloster schon eines außerordentlichen Rufes

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