Ödland - Thriller
Schafe und die Relikte einer ehemals intensiven Landwirtschaft und Viehzucht - zerstörte, leer stehende Gebäude und viele Hektar unfruchtbaren, roten Laterit. Die Temperatur, die im Ouarsenis-Massiv noch recht frisch war, stieg unerbittlich an. Die Klimaanlage der Fahrerkabine arbeitete auf vollen Touren. Den ersten Eindruck von der Wüste bekamen sie, als sie am Zahrez-Rharbi vorüberfuhren, einem großen chott, dessen Grund eine blendend weiße Salzebene ist, und wenig später beim Anblick der ersten Sanddünen am Fuß des Djebel El-Ouachba. Das Klima und die Vegetation am Nordhang des Sahara-Atlas muteten dagegen fast mediterran, allenfalls etwas weniger üppig an. Sie legten einen zweiten Pfefferminztee-Stopp in Djelfa ein, einer düsteren, wenig einladenden Garnisonsstadt. Die vielen Soldaten schäkerten unaufhörlich mit Laurie, was Rudy zu seinem eigenen Erstaunen ziemlich störte.
Je weiter sie auf den südlichen Ausläufern des Atlas vorwärtskamen, desto mehr offenbarte sich die Wüste. Sie durchquerten eine trockene, zerklüftete mineralische, vom Sandwind zerfressene und von der Sonne ausgeglühte Landschaft. Tief beeindruckt und vielleicht auch ein wenig bedrückt durch den offensichtlichen Mangel an Leben wollte Laurie in Laghouat einen weiteren Zwischenstopp einlegen, der, wie sie annahm, letzten zivilisierten Bastion vor der großen Leere. Aber Rudy lehnte ab. Wenn sie in diesem Rhythmus weiterfuhren, so behauptete er, kämen sie erst in Burkina Faso an, wenn alle Menschen dort längst verdurstet wären. Er wollte auf jeden Fall noch bis Ghardaia kommen, um Wasservorräte, Tank und Proviant aufzufüllen, ehe sie sich auf den Weg in die von Laurie so getaufte »große Leere« machten - auf die 260 Kilometer Piste, die sie von der Saharastadt El Goléa trennten.
In der Nähe von Hassi R'Mel jedoch, etwa hundert Kilometer vor Ghardaia, setzt ein Trupp Plünderer ihrer Hoffnung auf ein bisschen Ruhe ein Ende.
Die Gauner tauchen ganz plötzlich in einem ziemlich zerbeulten, aber stark motorisierten Allrad-Toyota hinter einem zerklüfteten Kalkfelsen auf. Eine dichte Staubwolke zeigt ihren Weg auf der unebenen Piste an. Etwa hundert Meter hinter dem Mercedes erreichen sie die Transsaharienne, kommen schnell näher, überholen in vollem Tempo und stellen sich fünfzig Meter vor dem Lastzug quer. Sechs bewaffnete Kerle springen heraus. Ihre Augen glänzen unter den farblosen Cheches. Sie richten ihre MAS 36 und Kalaschnikows auf den Mercedes. Rudy tritt die Bremse fast durch.
Jetzt kommen ihm seine Erfahrungen aus dem Lehrgang beim Kommando Survival zugute: Mit einem Blick erfasst er die Situation. Er kann den Toyota nicht beiseitedrängen, ohne den Lkw zu beschädigen. Auch über die Seitenstreifen kann er nicht ausweichen, die just an dieser Stelle sehr stark abfallen - was vermutlich der Grund für die Wahl des Ortes ist. In jedem Fall aber würden die Männer auf sie schießen. Die Plünderer der Transsaharienne sind berüchtigt dafür, mitleidlos zu töten und zu allem bereit zu sein. Echte Männer eben ...
»Rudy, was sollen wir jetzt tun?«, stammelt Laurie mit zitternder Stimme.
Während er den Lkw wenige Meter vor dem Toyota zum Stehen bringt, wirft Rudy Laurie einen verschwörerischen Blick zu und holt seine Luger unter dem Sitz hervor. Die Leichtigkeit der Waffe hatte die Soldaten in Djelfa ausgesprochen erheitert.
Einer der Plünderer, ein Mensch mit einem ehemals indigofarbenen Turban, bedeutet ihnen ungeduldig, dass sie schleunigst auszusteigen hätten. Wahrscheinlich ist er der Boss der Truppe.
»Zieh deine Shorts aus und steig aus!«, befiehlt Rudy knapp.
»Spinnst du? Sie werden mich vergewaltigen!«
»Als Ablenkungsmanöver, kapiert? Und jetzt mach voran!«
Als Laurie sieht, wie Rudy die Luger mit einer geübten Handbewegung lädt, versteht sie. Sie zieht ihre Shorts aus, entblößt blasse Oberschenkel und ein schwarzes Spitzenhöschen, öffnet die Tür, steigt rückwärts mit vorgestrecktem Po aus. Ihr T-Shirt hat sie bis über den Bauchnabel hochgerollt.
» Arrouah la ziz! La ziz! Choufla ziz!«, rufen die Plünderer einander zu. Sie können den Blick nicht von den langen Beinen wenden, die sich langsam die Stufen hinabbewegen.
Rudy hat unterdessen die Scheibe hinuntergelassen, die Luger in den Winkel der Windschutzscheibe positioniert und die elektronische Zielvorrichtung aktiviert. Als der Indigo-Turban sich im Fadenkreuz befindet und das grüne Kontrolllämpchen
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