Ödland - Thriller
retten‹. Außerdem fordern Sie in Ihrer Broschüre die ›Soldaten Gottes‹ auf, nicht nur streng im Glauben und nach festen, moralischen Grundsätzen zu leben, sondern auch ›Laster und Sünde zu bekämpfen‹. Was genau verstehen Sie unter ›bekämpfen‹ Müssen wir den Ausdruck wörtlich nehmen?«
»Zunächst möchte ich Sie bitten, mich Meister oder Reverend zu nennen, denn ich bin ein Auserwählter Gottes und kein gewöhnlicher Sünder. Das Verb ›bekämpfen‹ bezieht sich selbstverständlich auf die Fehde, die jeder gegen seine eigenen Laster und Sünden ausfechten muss, aber natürlich auch gegen die Versuchungen Satans und die gottlose Propaganda, die in unserer Gesellschaft wie Krebsgeschwüre wuchern - wie zum Beispiel Pornografie, HarshRock, Homosexualität, Alkohol, Drogen, das ausschweifende Leben der modernen Frauen und so weiter.«
»Mit anderen Worten: Es handelt sich um einen Kampf gegen uns selbst und unsere schlechten Neigungen. Oder rufen Sie etwa dazu auf, Laster und Sünde dadurch aus der Welt zu schaffen, dass Sie Menschen eliminieren, die Ihren Überzeugungen nicht entsprechen?«
»Auf gar keinen Fall. Das Wichtigste der Zehn Gebote lautet: Du sollst nicht töten. Natürlich missionieren wir, um möglichst viele Seelen zu erretten. Aber denjenigen, die sich in der Unzucht suhlen und sich zu Füßen des Satans wälzen, droht unser Herr eine Strafe an: die ewige Verdammnis. Ich wüsste nicht, was wir darüber hinaus tun sollten.«
»Zum Beispiel Attentate verüben. Ich erinnere nur an die Explosion des Abschlussdamms in den Niederlanden oder das Blutbad in Portobello in London, die Vergiftung der Love-Parade in Los Angeles mit Tabun, den Schiffbruch der Princesse de Nubie mit ihren fünfundvierzigtausend Emigranten oder...«
»Einen Augenblick bitte! Haben Sie Beweise für diese Vorwürfe? Besteht auch nur der geringste Verdacht, dass die Göttliche Legion in diese verabscheuungswürdigen Taten verwickelt sein könnte? Ich hoffe für Sie, dass Sie sich rechtlich abgesichert haben, denn aufgrund solcher Behauptungen kann ich Ihnen eine Klage wegen übler Nachrede und Rufmord anhängen. Nun, wie sieht es aus, Herr Journalist? Sie sind doch immer so gut informiert! Wo bleiben Ihre Beweise?«
Djouch
Der Marabut sprach die Wahrheit: »Sie sind nur auf der Durchfahrt ... Sie spüren nichts ... Sie ermüden sich ... Sie zerbrechen ... Die gerade Linie ist zu lang.« Und er fügte hinzu: »Eine Kurve würde genügen...« Der Mensch, zerstreut, kopflos, viel zu sehr damit beschäftigt, in einer überheizten oder klimatisierten Kabine voller Rauch seine Musik zu hören, hat vergessen. Der Lastwagen rollt, kommt vom Weg ab, stürzt um. Schweigen, der einsame Mensch wartet. Andere Lastwagen kommen vorbei, nehmen ihren Kollegen mit oder begraben ihn.
Desen Paveert, Épaves, 1983
Entgegen allen Erwartungen erfolgt der Angriff der Plünderer in der Gegend von M'zab, nicht weit von der Abzweigung nach Hassi R'Mel, auf halber Strecke zwischen Laghouat und Ghardaia. Nach den von SOS-Europa gelieferten Informationen hätten Laurie und Rudy ihn ein gutes Stück weiter südlich erwartet, in den Dünen des Westlichen Großen Erg, etwa in der Gegend von Timimoun. Auf keinen Fall aber in M'zab, einer meist von friedlichen und gläubigen Händlern bewohnten Gegend. Auch nicht so nah bei Hassi R'Mel, dem letzten großen Gasfeld und damit letzten Naturschatz Algeriens, und schon gar nicht auf dieser belebten Straße, die ständig von der Polizei kontrolliert wird und wo die Tanklastzüge mit ihrem wertvollen Inhalt von Militäreskorten begleitet werden.
Die Abenddämmerung zaubert Kupfertöne auf die tief gefurchten Plateaus, versieht ausgetrocknete Wadis mit blauen Schatten, verwandelt Sanddünen in goldene Ströme, lässt aus kalkigen Gesimsen Palastruinen und versteinerte Tiergottheiten entstehen und dehnt die Schatten jedes kleinen Steins und der wenigen staubigen Akazien, die mit ihren gewundenen Zweigen die seltenen Buschgruppen dominieren, ins Unermessliche. Die Hitze lässt nach, ebenso wie der Schirokko, der sie seit den Anhöhen von Ouled Nail begleitet hat und tief aus dem heißen Süden kommt. Der Sonnenuntergang am westlichen Horizont prunkt in Ockerfarben, die vom Smog der Gasfelder von Hassi R'Mel stammen. Glücklicherweise verbirgt das hügelige Gelände die weniger ansehnlichen Türme, Antennen und Bohrtürme vor den Augen der Reisenden. Die Landschaft ist düster und trostlos. Jenseits
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