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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Plasmabarriere der Enklave, ein Gitter aus flirrendem blauem Licht, an deren Eingang ein Kontrollposten eingerichtet ist, der einem militärischen Hochsicherheitstrakt alle Ehre machten würde: Schilderhaus, Wachmannschaften, Wachtürme, Laserwaffen und Maschinengewehre.
    »Ich lass dich hier aussteigen, Mann«, erklärt der Schwarze. »Ich hab keine Akkreditierung für Manhattan. Aber drinnen gibt's ja auch Taxis.«
    Nachdem er hundert Dollar für die Wahnsinnsfahrt hat hinlegen dürfen, muss Anthony sich zu Fuß den Eingangskontrollen stellen, denen sein VIP-Pass nicht genügt. Er wird durchsucht, gescannt und befragt, seine Fingerabdrücke und Retinamuster werden abgenommen und eine DNA-Analyse gemacht. Die ärgerliche Prozedur dauert eine gute halbe Stunde, ehe man ihn mit einem simplen »Okay, Sie können durch«, aber ohne ein Wort der Entschuldigung eintreten lässt. Verdammt noch mal, tobt Fuller innerlich, das geht allmählich wirklich ein bisschen zu weit. Immerhin gehöre ich zur Elitel Muss ich mich wirklich wie der letzte Abschaum behandeln lassen?
    Im Innern der ruhigen, sauberen und taghell beleuchteten Enklave versucht Anthony nun zum inzwischen fünften Mal, seinen Anwalt Samuel Grabber zu erreichen, bekommt aber immer wieder die gleiche Antwort: Ihr Gesprächspartner ist zurzeit nicht erreichbar. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Tonsignal. Nachdem er nicht sofort ein Taxi findet, muss er einen guten Teil des Weges zu Fuß zurücklegen, um nicht am Boden anzufrieren, denn Plasmabarrieren sind leider nicht in der Lage, Schneestürme und Frost aus dem Innern von Enklaven zu verbannen. Irgendwann erwischt Fuller einen freien Taxomat, der ihn mehr rutschend als fahrend die letzten paar Hundert Meter über makellose Straßen transportiert, ihn mit künstlichem Veilchenparfüm und Aufzuggedudel malträtiert, ihm dreißig Dollar abknöpft und sich mit einer abgehackten Roboterstimme von ihm verabschiedet: »Ich wün-sche ei-nen an-ge-neh-men A-bend. Ta-xo-mat stets zu Diens-ten.«
    Ende einer Dienstreise. Durchgefroren, bleich und mit klappernden Zähnen unterzieht sich Fuller einer letzten Kontrolle mit Scan und eingehender Durchsuchung vor dem monumentalen Eingang des New Trade, einem Turm aus High-Tech-Glas in Form eines Kreuzes, das man in den Zwanzigerjahren anstelle des abgehalfterten 9/11-Memorials errichtet hat. Das verwilderte Gelände war der damals gerade erst zum Status der Enklave erhobenen Insel Manhattan einfach nicht mehr würdig. In der 34. Etage des New Trade befindet sich der provisorische Sitz des Internationalen Handelsgerichtshofs, der nach der Überschwemmungskatastrophe in den Niederlanden von Den Haag nach New York umziehen musste. Und hier, vor dem koreanischen Richter Kim Il Jong Li, der selbstverständlich chinesische Interessen vertritt, muss Fuller seinen Standpunkt darlegen, der besagt, dass der unterirdische Wasserfund unterhalb des ehemaligen Bamsees rechtmäßig ihm zusteht. Sein Plädoyer wird lauten, dass Burkina Faso versuche, ihn um seine Rechte zu betrügen, und ihn dafür entschädigen müsse.
    Zwanglos
    Selbst innerhalb der amerikanischen Elite, die in den Enklaven lebt und zumindest noch vorgibt, die Geschicke der Welt zu lenken, macht sich allmählich der Anflug eines globalen Gewissens, eines nicht mehr nur auf sich selbst und das eigene Land ausgerichteten Denkens breit. Die Vereinigten Staaten, die sich immer für die von Gott auserwählte Nation hielten und sich weigerten, den neuen Zwängen der Menschheit Rechnung zu tragen, beginnen ganz allmählich, sich dem Rest der Welt zu öffnen, weil sie begreifen, dass der Rest der Welt der entscheidende Faktor für das eigene Überleben ist. Das neue, sich in zunehmendem Maß verbreitende Credo des Durchschnittsamerikaners lautet inzwischen nicht mehr »Die Welt hat Amerika zu dienen«, sondern »Amerika hat der Welt zu dienen«.
Eskil Erlander, Das Ende des schwarzen Jahrhunderts, Anfänge eines globalen Gewissens (2030)
    »Sie kommen aber ganz schön spät!«
    Fuller klappert trotz der angenehmen Wärme noch immer mit den Zähnen. Er packt Samuel Grabber am Arm, zieht ihn in die Eingangshalle zum Trinkwasserspender und wirft allen Beobachtern - insbesondere den anwesenden Journalisten - geradezu mörderische Blicke zu.
    »Ach, wissen Sie, das Wetter«, weicht er aus. »Aber ich habe wer weiß wie oft versucht, Sie zu erreichen, Sam. Wo, zum Teufel, haben Sie gesteckt?«
    Das Gesicht des Anwalts, eines

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