Ödland - Thriller
getanzt wird. Er schiebt Laurie in den Mercedes, springt hinterher und lässt den Wagen an. Vorsichtig lotst er ihn durch die verdutzte Menschenmenge, die seiner Meinung nach längst nicht schnell genug beiseitespringt. Mit viel Glück findet er die Piste, die zur Transsaharienne, nach Timimoun und noch weiter führt. Hauptsächlich noch weiter ...
»Kannst du mir vielleicht endlich erklären, was hier los ist?«, schreit Laurie ihn an. »Hast du wieder jemanden umgebracht oder was?«
»Nein, ich habe uns gerade das Leben gerettet. Schau dir mal den Himmel an!«
Ungläubig lässt Laurie die staubige Scheibe hinabgleiten und schaut hinaus. Draußen über dem Reg frisst sich ein düsteres Chaos langsam in den Himmel. Es wird von fahlen Blitzen durchzuckt und erbebt unter dumpfem Donnergrollen. Ein eisiger Wind peitscht ihr ins Gesicht. Kalt und schwer klatschen die ersten Regentropfen auf ihre Wangen.
Break in the Rush
Enklave Manhattan (NY)
Sicherheitsbestimmungen
Werden Sie bei den Sicherheitsbeamten am Eingang vorstellig. Weisen Sie sich aus (Plaketten, Karten, Akkreditierungsdokumente).
Unterziehen Sie sich den erforderlichen Durchsuchungen und Scans.
Nicht akkreditierten Begleitpersonen ist der Zutritt grundsätzlich nicht gestattet.
Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb der Enklave: 40 km/h. Jederzeitige Kontrolle möglich. Halten Sie Ihre Papiere griffbereit.
Bestimmungen und Regeln sind ausnahmslos zu befolgen. Unsere Polizei ist berechtigt, auch ohne Vorwarnung von der Schusswaffe Gebrauch zu machen .
Verdächtige Personen und Objekte sind den Aufsichtsbehörden sofort zu melden.
Auf dem gesamten Territorium der Enklave gilt absolutes Rauchverbot .
Anthony Fuller hat die Nase voll von der ebenso unerträglichen wie nicht enden wollenden Reise. Kaum vorstellbar, dass zu Zeiten von Richard III., einer noch gar nicht so lange zurückliegenden Epoche, ein inneramerikanischer Flug von einer Stadt zur anderen eine reine Formalität war - ein allenfalls widriger Umstand, den man dazu benutzte, seine Akten durchzusehen, mit einem Partner geschäftliche Dinge zu besprechen oder sich einen »break in the rush« zu gönnen, wie Anthonys Vater sich gern auszudrücken pflegte. Aber heute? Fuller fühlt sich in die Zeit der Pioniere zurückversetzt, als Postkutschen über unbefestigte, von Indianern heimgesuchte Straßen schaukelten und man jederzeit mit einem Angriff von Banditen oder wilden Tieren rechnen musste. Allerdings meisterten die Pioniere damals sämtliche Gefahren, um Amerika aufzubauen, und nicht, wie Fuller heute, um die kümmerlichen Reste seiner Ansprüche vor einem »Tibunal von Schlitzaugen« ( dixit Bournemouth) zu verteidigen.
Gleich beim Start in Kansas City hatten sie eine Flugzeugpanne - und das, obwohl es sich um Fullers eigene Dienst-Boeing handelte. Den Grund erfuhr er erst, nachdem er fürchterlich herumgebrüllt hatte: Das Kerosin war aus Kostengründen mit billigem, in Mexiko erstandenem Ethanol versetzt worden. Ausgerechnet in Mexiko! Warum nicht gleich in China? Wenig später zwang ein katastrophales Gewitter die Maschine zur Notlandung in Indianapolis. Glück im Unglück war, dass Fullers Pilot über ausreichend Erfahrung verfügte, das Flugzeug mithilfe der Instrumente sicher auf der im strömenden Regen fast unsichtbaren Piste zu landen. Zwei geschlagene Stunden mussten sie im Finstern ausharren, während eine geradezu biblische Sintflut auf den Flughafen niederprasselte. Fuller fürchtete schon, niemals wieder aus diesem Loch herauszukommen. Doch irgendwann bekam die BBJ-3A wieder Starterlaubnis, um eine halbe Stunde später zu erfahren, dass der Flughafen Newark wegen »ungünstiger klimatischer Bedingungen zeitweise außer Betrieb« sei und der Flug nach J. F. Kennedy umgeleitet würde. Eine Stunde lang ließ man sie wegen Überlastung des Luftraums über dem Flughafen kreisen, um schließlich im nächsten Chaos zu landen. »Die Temperatur am Boden beträgt zurzeit minus 23 Grad Celsius, und es weht ein Blizzard mit 140 Kilometern pro Stunde«, verkündete der Kopilot mit entschuldigendem Lächeln. Trotzdem wünschte er Fuller einen schönen Tag. Hätte Anthony sich nicht wohlweislich mit Calmoxan vollgestopft, um nervliche Belastungen gleich von vornherein auszuschließen, hätte er dem Kopiloten vermutlich die Fresse poliert, obwohl der ja nun zugegebenermaßen nichts dafür konnte.
Eine Landung in Newark hätte für Fuller den Vorteil gehabt, über den Pulasky Skyway
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