Ödland - Thriller
überschuldeten Landes, das finanziell allmählich ausblute. Auf einen Nenner gebracht: Die Schuld an der dramatischen Situation trügen letztendlich die Weißen, und eigentlich stünde nach Ansicht des Premierministers eher dem Land Burkina Faso eine Entschädigung zu als umgekehrt...«
»So ein Arschloch!«, zischt Fuller. »Ich hoffe, Sie haben ihm gehörig das Maul gestopft.«
»Nicht wirklich«, muss Grabber zugeben. »Ich habe mich in meinem Plädoyer auf das internationale Recht und die Welthandelsgesetze berufen und argumentiert, dass die Entdeckung - oder Wiederentdeckung - des unterirdischen Wasservorkommens auf die betrügerische Nutzung einer privaten Satellitenaufnahme und vertraulicher Daten zurückzuführen ist, was der Richter mir zwar zugestanden hat, aber mit dem Hinweis auf den anhängigen Prozess zwischen GeoWatch und SOS-Europa nicht als Beweismittel zuließ. Vom juristischen Standpunkt aus gesehen waren meine Argumente zwar unwiderlegbar, wirkten aber angesichts der konkreten Katastrophe eines langsam verdurstenden Volkes wohl um einiges zu technisch und verkopft.«
»Sagen Sie mal, Grabber, auf wessen Seite stehen Sie eigentlich?« Anthony kann sich einen beißend ironischen Unterton nicht verkneifen. »Sie werden doch nicht etwa das Lager wechseln wie diese beiden Pfeifen von der CIA?«
»Welche Pfeifen von der CIA?«
»Das spielt jetzt keine Rolle. Ich habe Ihnen eine Frage gestellt, Sam.«
»Selbstverständlich stehe ich auf Ihrer Seite, Anthony. Schließlich bezahlen Sie mich dafür. Aber ganz objektiv gesehen ist es ungefähr so, als müsste ich einen Kriminellen verteidigen.«
Fullers Gesicht läuft dunkelrot an. In diesem Moment jedoch ertönt eine Klingel, und das Blinklicht über der Tür zum Gerichtssaal fordert die Prozessteilnehmer auf, an ihre Plätze zurückzukehren. Anthony hat keine Gelegenheit mehr, seinem Anwalt an die Gurgel zu gehen oder ihn zu verprügeln. Presse und Publikum strömen durch eine mit einem Scanner gesicherte und von zwei uniformierten Gorillas bewachte Tür in den Saal - als ob es nach so vielen Kontrollen überhaupt noch möglich wäre, irgendetwas Verbotenes bei sich zu tragen! Fuller schluckt seinen Zorn hinunter und folgt seinem Anwalt zur Klägerbank. Auch Issa Coulibaly nimmt auf seiner Seite Platz und schäkert dabei lächelnd und augenzwinkernd mit den anwesenden Damen. Als hätte er den Sieg schon sicher in der Tasche, stellt Fuller verbittert fest. Mit konzentrierter Miene betreten die Geschworenen den Gerichtssaal. Keiner wagt es, Anthony anzusehen, obwohl er, wie er verblüfft feststellt, zumindest zwei von ihnen kennt: den Vertriebsleiter von American Springwater, des Marktführers von in Flaschen abgefülltem Trinkwasser, und einen Berater von One World Consulting, einer von Fullers eigenen Firmen. Na wenigstens zwei, die sicher auf meiner Seite sind, denkt er zufrieden. Als der Richter, die beiden Beisitzer und die Gerichtsschreiberin den Raum betreten, stehen alle Anwesenden auf. Der pausbäckige Koreaner trägt einen Bürstenschnitt. Zwar mustert er Anthony mit seinen dunklen Schlitzaugen, doch sein Blick bleibt undurchdringlich, und sein Gesichtsausdruck verändert sich nicht.
Der Richter setzt sich, wendet sich den Geschworenen zu und wartet, bis das Publikum unter Geschiebe und Geraschel ebenfalls wieder Platz genommen hat.
»Ich übergebe dem Vorsitzenden der Jury das Wort. Wie lautet Ihr Urteil?«
Der Vertriebsleiter von American Springwater erhebt sich, wirft einen Blick in die Runde, wobei er sorgfältig vermeidet, Fuller anzusehen, und antwortet:
»Nach eingehender Beratung sind wir mit elf gegen eine Stimme zu dem Urteil gekommen, dass dem Staat Burkina Faso weder ein Treubruch noch der Tatbestand des Ressourcendiebstahls anzulasten sind. Wir beantragen daher Freispruch in allen Anklagepunkten.«
Im Saal brandet Applaus auf, dem sofort eine Welle von Buhrufen folgt. Energisch klopft der Richter mit seinem Hammer auf den Schreibtisch.
»Ruhe bitte! Aufgrund des Urteils der Jury und kraft des mir verliehenen Amtes erkläre ich hiermit den Freispruch der Beklagten, des Staates Burkina Faso, vertreten durch seinen Premierminister Issa Coulibaly, von allen Vorwürfen. Seitens der Klägerin, der Gesellschaft Resourcing Inc., hier vertreten durch ihren Anwalt Samuel Grabber und ihren Vorstandsvorsitzenden Anthony Fuller, besteht laut diesem Urteil keinerlei Rechtsanspruch auf das zur Debatte stehende unterirdische
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