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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Regierungsmitgliedern oder Verwaltungsbeamten begangen werden. Nicht nur, dass die Betroffenen umgehend ihren Posten verlieren und auf einer schwarzen Liste vermerkt werden, sondern sie müssen auch so lange im Gefängnis schmoren, bis sie den veruntreuten Betrag vollständig zurückgezahlt haben. Dank der unnachgiebigen Anwendung dieser strengen Gesetze kann Burkina sich rühmen, die Korruptionsquote auf null gedrückt zu haben, was in Afrika eher ungewöhnlich ist. Kawongolo riskiert nicht nur seine Stellung, sondern auch sein Renommee, seine bescheidenen Rücklagen - die ihm nicht einmal gestatten, das Flugticket für seine Frau zu bezahlen - und auf lange Sicht auch sein Leben, denn eine solche Niederlage würde er nicht verkraften. Dass er das Risiko überhaupt auf sich genommen hat, liegt daran, dass seine Frau Saibatou an einer schlecht behandelten Onchozerkose leidet und früher oder später ihr Augenlicht zu verlieren droht. Die einzige Chance für ihre Augen besteht in einer Linsenoperation, die allerdings nur in Europa oder Amerika durchgeführt werden kann. Und das Flugticket kostet genauso viel wie die Operation ... Saibatou Kawongolo ist Malerin. Sie legt ihre gesamte Energie und ihr Talent in ihre Bilder, die sie überall ausstellt und die auch den Präsidentenpalast schmücken. Ihr Augenlicht zu verlieren wäre für sie gleichbedeutend damit, ihr Leben zu verlieren. Victor aber ist auch nach fünfzehnjähriger Ehe noch genauso verliebt in seine Frau wie am ersten Tag, und er kann nicht mit ansehen, wie sie langsam dahinsiecht. Aus diesem Grund hat er - übrigens ohne Wissen seiner Frau - nach und nach das Geld für die Reise abgezweigt, immer in der Angst, entdeckt zu werden oder die Summe nicht rechtzeitig zusammenzubekommen.
    »Nun, ich habe mich informiert«, antwortet Nummer 1 mit einem winzigen Lächeln. »Wer sucht, der findet...« Er lässt dem in Bedrängnis geratenen General einige Sekunden Zeit, die schlechte Nachricht zu verdauen. »Aber natürlich bleibt diese Angelegenheit unter uns. Und der Herr Botschafter hat selbstverständlich nichts gehört. Nicht wahr, Jackson?«
    »Wer? Ich?« Jackson, der gerade von einer Flasche Bourbon geträumt hat, zuckt zusammen. »Nein, natürlich nicht«, fängt er sich wieder. »Ich schweige wie ein Grab.«
    »Natürlich ist es hochgradig ärgerlich«, fährt Nummer 1 fort, »dass Sie, der Sie eigentlich die Zügel dieses Landes in Händen halten, nicht über die Mittel verfügen, Ihre Ehefrau behandeln zu lassen, während die Präsidentin sich den Luxus leistet, am Ökonogischen Forum in Nassau teilzunehmen.«
    »Wie bitte? Ist sie eingeladen worden?«
    »Hat sie Ihnen das etwa nicht gesagt?« Nummer 1 lächelt den General offen an. »In diesem Fall wird sie Ihnen vermutlich auch nicht mitteilen, dass das Forum die Reisekosten seiner Gäste nicht übernimmt. Es dürfte also das Volk von Burkina Faso sein, das der Präsidentin den Flug in das charmante Steuerparadies bezahlt. An Ihrer Stelle würde ein solches Privileg mich in Rage bringen.«
    »Wohl wahr«, knurrt Kawongolo. »Ich werde sie zur Rede stellen, da können Sie Gift drauf nehmen!«
    Nummer 1 legt dem aufgebrachten General beruhigend die Hand auf die mit Tressen besetzte Schulter.
    »Ich glaube, es nützt nichts, jetzt noch großes Theater zu veranstalten. Man hat Sie vor vollendete Tatsachen gestellt, mehr nicht. Ich könnte Ihnen Dutzende von Fällen zitieren, wo Ähnliches passiert ist.« Er hebt die Hand an sein Ohr. »Entschuldigen Sie, ich bekomme gerade einen Anruf.« Er schiebt den makellosen Ärmel seines schwarzen Jacketts zurück und enthüllt einen schicken Minicomputer. »Ja? ... Morgen? Sehr gut! ... Nein, ich werde alles Notwendige veranlassen ... Wer? ... Wie? ... Habt ihr das Hauptquartier informiert? ... Okay, prima.« Er unterbricht die Verbindung, zieht den Ärmel hinunter und wendet sich wieder seinem Gesprächspartner zu. »Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei der Krankheit Ihrer Ehefrau. Ist es nicht zum Verzweifeln, dass Sie sie nicht behandeln lassen können, weil Sie nicht genügend Geld haben? So wenig Geld, dass Sie sich zu einer illegalen Handlung gezwungen sehen, obwohl Sie eigentlich angetreten sind, das Gesetz zu verteidigen. Für andere hingegen genügt es, eine Unterschrift unter eine Rechnung zu setzen, um ein Flugticket zu bekommen.«
    »Und da meinen Sie ernsthaft, es nütze nichts, einen Skandal zu provozieren? Immerhin steht meine Ehre auf dem

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