Ödland - Thriller
seiner Mutter ging er nach Mali, wo er einen Posten im Vorstand der Afrikanischen Bank für Entwicklung annahm. Ein Jahr der Präsidentschaft Fatimatas hatte genügt, um die ohnehin schon angespannte Beziehung endgültig zerbrechen zu lassen.
Fatimata und Amadou hatten sich gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts kennengelernt, in einer Zeit der politischen Euphorie, als das kleine Burkina Faso glaubte, den Räubern des Westens, unter ihnen der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds, die Stirn bieten zu können. Damals war Fatimatas Vater Alpha Konaté, der Begründer der Erneuerungspartei von Burkina und engagierter Globalisierungsgegner, der für eine belastbare Wirtschaft und den Erhalt der Ressourcen eintrat, gerade zum Präsidenten gewählt worden. Zu seinem engsten Kreis gehörten zwei Brüder: Amadou und Adama Diallo, die sich glühend für die Ziele des Präsidenten einsetzten und eine vielversprechende politische Karriere vor sich hatten. Die junge, heißblütige Fatimata schlief mit beiden und bekam im Jahr 2008 einen Sohn von Amadou, den sie Moussa nannte. Ein Jahr später wurde sie von der Regierung ihres Vaters im Alter von erst 21 Jahren zur Ministerin für Frauenfragen nominiert und musste daraufhin ihre persönliche Situation regeln, denn die Traditionalisten, auf deren Unterstützung ihr Vater angewiesen war, hielten absolut nichts von ledigen Müttern. Und so heirateten Fatimata und Amadou ...
Ihre Liebe allerdings gehörte Adama, was sie sich erst einige Jahre später eingestand - zu spät. Im Jahr 2011 fand ein Militärputsch statt, bei dem Fatimatas Vater getötet und Adama ins Gefängnis geworfen wurde, wo er zwölf Jahre verbrachte - zwölf schwarze Jahre inkompetenter Militärdiktatur, deren Anführer auf der Gehaltsliste von ww-Konzernen standen, die das Land ausbluten ließen und sich seiner als Müllkippe bedienten. Einige Gebiete im Norden, in der Gegend von Markoy und Gorom-Gorom, sind auf mehrere Hundert Jahre hinaus verseucht. Wenn dort der Harmattan weht, sind noch immer radioaktive Partikel in der Luft.
Während der düsteren Jahre bekamen Fatimata und Amadou in ihrem Exil in Mali einen zweiten Sohn - Abou, der im Jahr 2012 geboren wurde - und bauten einen aktiven Widerstand auf. Fatimata setzte Himmel und Erde in Bewegung, um Adama frei zu bekommen, während Amadou, der damals schon in der Hochfinanz arbeitete, eine Kooperative ins Leben rief, die bettelarmen Bauern mit Kleinkrediten unter die Arme griff. Im Jahr 22 wurde den Militärmachthabern plötzlich klar, dass es die Konzerne, von denen sie finanziell abhingen, nicht mehr gab, weil der »chinesische Drache« sie verschlungen hatte. In der Folge konnten sie sich nicht mehr lange halten. Angestachelt von Fatimata und der Partei ihres Vaters, setzte das Volk sie ab und befreite alle politischen Gefangenen - unter ihnen auch Adama Diallo, der die Präsidentschaftswahlen im Folgejahr haushoch gewann. Die Jahre im Gefängnis hatten ihn verbraucht und hart gemacht, seinen politischen Überzeugungen jedoch nichts anhaben können. Immer noch lebte er für die Ideen und Richtlinien seines verstorbenen Vorbilds Alpha Konaté und ernannte dessen Tochter zur Premierministerin. Fatimata gestand sich ein, dass sie ihn immer noch liebte. Damals hätte sie sich scheiden lassen und ihn heiraten sollen, doch sie tat es nicht: Ihre Verwandten und die Angst vor dem Geschwätz der Leute hielten sie ab. Und Adama? Liebte er sie ebenfalls? Fatimata hat es nie erfahren. Adamas wahre Liebe gehörte immer seinem Land, seinem Volk und seinem Stammesgebiet. Außerdem ließ er sich, obwohl er ursprünglich dem Stamm der Dioula angehörte, vom Volk der Fulbe und seiner reichen Mythologie faszinieren.
Zwischen Amadou und Fatimata lief nichts mehr. Sie widmete sich der Politik, er der Leitung seiner Kooperative, und zwischen ihnen stand Adama. Sie entfremdeten sich immer mehr. Am Ende seiner fünfjährigen Amtszeit, im Jahr 2028, stellte sich Adama nicht mehr zur Wiederwahl. Stattdessen wurde Fatimata gewählt, und ihre heimliche Liebe zog sich in die Wüste zu den Fulbe zurück.
Wo ist er jetzt? Was tut er? Kümmert er sich um eine Herde? Bestellt er Gärten in einer Oase? Lebt er überhaupt noch? Sein Bruder weiß es vielleicht, doch er sagt ihr nichts.
Im vergangenen Jahr wurde Amadou für den Posten des stellvertretenden Direktors der Afrikanischen Bank für Entwicklung vorgeschlagen. Das Gehalt und die Vergünstigungen standen in keinem
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