Öffne deine Seele (German Edition)
Bild machen.
Ich bin vollständig bekleidet; so viel kann ich spüren. Ebenso wie ich spüre, dass irgendetwas in meinem Schritt … etwas das brennt und sticht …
Ein Katheter. Die Flüssigkeit, die mein Körper aufnimmt, muss irgendwie wieder verschwinden.
Er muss mich dort … muss mich dort berührt haben!
Ich weigere mich, das Bild in meinem Kopf Gestalt annehmen zu lassen. Doch seltsamerweise bin ich mir sicher, dass er bei diesem Vorgang keinerlei perverse Lust empfunden hat. Nein, das spielt keine Rolle für ihn.
Er hat mir das eine erspart: Sie können es nicht sehen, die hunderttausend Augen vor den Fernsehschirmen, oder wie viele es sein mögen.
Nein, ich bin nicht nackt.
Und doch spielt das keine Rolle.
Ich bin mehr als nackt. Hilflos, wehrlos ihren Blicken ausgesetzt.
Und ich weiß, was mich erwartet.
Er hat mich betäubt. Doch das war nur der erste Schritt.
Falk Sieverstedt.
Jasmin Vedder.
Öffne deine Seele!
zehn
A lbrecht drückte die Taste mit dem kleinen roten Telefon und beendete das Gespräch mit dem Revier.
Die Kollegen waren informiert. Die Frage war, welchen Wert diese Informationen jetzt noch besaßen.
«Verflucht!», knurrte er.
Merz – und der Ehemann. Das absonderlichste Gespann unter der Sonne.
Einmal in ihrem Leben hatten sie gemeinsame Sache gemacht – und sich den wahnsinnigsten nur denkbaren Zeitpunkt ausgesucht.
Es gab keine kranke Oma.
Hannah wurde in Wahrheit bereits seit mehr als vierundzwanzig Stunden vermisst, und Merz selbst war es gewesen, der sie als Letzter gesehen hatte: am Hintereingang des Anwesens, nur wenige hundert Meter von Albrechts jetzigem Standort entfernt.
Die Kommissarin war auf dem Weg zu Marius gewesen, hatte ihn aber niemals erreicht – es sei denn, sämtliche Bewohner des Anwesens hätten sich kollektiv zur Lüge entschlossen. Doch auch ihr Nissan war nicht auf dem Gelände, wie Albrecht soeben erfahren hatte.
Nein, Entführer und Opfer mussten sich irgendwo draußen befinden.
Und Justus’ Identität …
Am Ende des dunklen Korridors öffnete sich eine Tür.
«Hallo?»
«Wenn Sie der Mediziner sind, kommen Sie her!», knurrte Albrecht.
«Na… natürlich.» Undeutliche Bewegungen in der Finsternis, ein feuchter Händedruck. «Heinrich Warnecke. Ich bin der behandelnde Arzt.»
«Albrecht», brummte Albrecht. «Von der Kripo. Sie waren gestern Nacht hier auf dem Anwesen?»
«Wie? Ja. Die Zufahrt war dicht, und durch das Unwetter hatte ich keine Möglichkeit …»
«Schon klar. Wer war noch hier? Die volle Besatzung? Die ganze Nacht über?»
«Ja?» Es klang wie eine Frage. «Äh, ja. Alle, die auf dem Anwesen wohnen. Folkmar und ich haben uns so gut eingerichtet wie möglich.»
«Und die Demonstranten?»
Warnecke blinzelte verwirrt. «Marius hat ihnen Zimmer gebucht, glaube ich. Also draußen. Aber … Herr Albrecht, ich bin zu einem Notfall gerufen worden. Ist der Meister im Studio?»
Der Meister.
Noch ein Jünger.
«Korrekt», sagte Albrecht. «Warten Sie hier!»
«Aber …»
Der Hauptkommissar legte keinen Wert darauf, sich anzuhören, ob es möglicherweise medizinisch geboten erschien, dass sich der Moderator nicht vom Fleck rührte.
Er hatte mit dem Mann einige Worte zu wechseln, wenn Warnecke mit ihm fertig war.
Außer Hörweite des Entführers.
«Herr Soppeldt? Der Arzt ist jetzt hier.»
Die Gestalt hinter dem Tisch schien ganz kurz zusammenzuzucken.
«Marius», murmelte der Fernsehmann. «Einfach Marius.»
Der Techniker machte Anstalten, sich hinter seiner Rechnerbatterie zu erheben.
«Sie bleiben bitte an Ihrem Platz! – Marius?»
Höflich hielt Albrecht dem Moderator den Arm entgegen.
«Danke.» Unsicher auf den Beinen, stützte Marius sich an der Schulter des Hauptkommissars ab. «Die erste Tür links, bitte», sagte er leise. «Dort ist einer meiner Ruheräume.»
Warnecke hatte sie bereits geöffnet.
Dunkelheit. Hier fehlte selbst die matte Lichtleiste.
Albrecht übergab den Moderator an den Arzt und blieb selbst auf dem Flur.
Vierundzwanzig Stunden.
Was hätte er in diesen vierundzwanzig Stunden tun können, wenn er nur geahnt hätte, dass Friedrichs vermisst wurde!
Doch was hätte das für einen Unterschied gemacht? Solange er davon überzeugt gewesen war, dass der Konsul für den Tod seines Sohnes verantwortlich war, hätte er vermutlich auch wegen Hannahs Verschwinden in dieser Richtung ermittelt.
Wenn er es nicht überhaupt mit ihrem Privatleben in Verbindung gebracht
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