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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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medizinische Behandlung wird mich wiederbeleben. Ich bitte euch um Hilfe. Bitte versucht nicht, diese Kammer ohne qualifizierte medizinische Ausrüstung zu öffnen.“
    Die Stimme schwieg.
    Dann setzte sie wieder ein: „Möge der Segen der ewigen Harmonie über euch kommen, Freunde. Ihr seid auf die …“
    „Ein Endlosband“, murmelte Donovan.
    „Da, sehen Sie!“ keuchte Weiner und zeigte auf das gläserne Höhlendach. Die Glasplatte wurde von unten beleuchtet und war jetzt durchsichtig. Donovan spähte in die rechteckige Kammer hinunter: Ein dünner Mann mit einem Raubvogelgesicht lag auf dem Rücken in einer Nährlösung. Verbindungsleitungen führten zu seinen Gliedern und dem Rumpf. Das Ganze erinnerte an eine Nichts-Kammer, wirkte aber weit ausgeklügelter. Der Schläfer trug ein Lächeln auf den Lippen. Geheimnisvolle Zeichen waren auf den Wänden der Kammer angebracht. Donovan erkannte sie als Symbole der Harmonisten, diesem venusischen Kult. Er spürte Verwirrung in sich aufsteigen. Worauf waren sie hier bloß gestoßen? „Die Ruhestätte von Lazarus“, sagte das Endlosband. Lazarus war der Prophet der Harmonisten. In Donovans Augen waren alle diese Religionen gleichermaßen schwachsinnig. Jetzt mußte er diese Entdeckung bekanntgeben, die Arbeit würde unterbrochen werden, er selbst würde ungewollt in die Schlagzeilen kommen und …
    Und nichts davon würde eintreten, wenn Weiner wie gewöhnlich vor sich hingedöst hätte. Warum war ihm bloß diese Anomalie auf dem Anzeiger aufgefallen? Warum nur?
    „Wir machen wohl besser eine Meldung darüber“, sagte Weiner. „Ich glaube, das ist eine ganz heiße Sache.“

 
2
     
     
     
    In einem kleinen, vom Dschungel begrenzten Gebäude auf der Venus starrten acht Menschen, die eigentlich kaum noch als solche zu bezeichnen waren, einen neunten an. Alle trugen die zyanidblaue Venusierhaut; aber nur drei von ihnen waren mit dieser Haut geboren worden.
    Bei den anderen handelte es sich um chirurgische Veränderungen, um Erdenmenschen, die in Venusier umgewandelt worden waren. Aber nicht nur ihre Körper waren einer Veränderung unterzogen worden: Die sechs Angepaßten waren bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer geistigen Entwicklung Vorster gewesen.
    Die Vorster waren die mächtigste Bewegung auf der Erde. Aber dies hier war nicht die Erde, sondern die Venus, und der zweite Planet befand sich fest in der Hand der Harmonisten, die man manchmal auch nach David Lazarus, ihren seines Glaubens wegen ermordeten Gründer, Lazariten nannte. Lazarus, der Prophet der Transzendenten Harmonie, war vor über sechzig Jahren von Vorster-Funktionären der unteren Ränge ermordet worden. Aber nun, zur übergroßen Verwirrung seiner Anhänger …
    „Bruder Nicholas, können wir jetzt deinen Bericht hören?“ fragte Christopher Mondschein, der Chef der Harmonisten auf der Venus.
    Nicholas Martell, ein schlanker, zäher Mann am Beginn der mittleren Jahre, sah seine Brüder unbehaglich an. In den letzten Tagen war er nur selten zum Schlafen gekommen, und sein geistiges Gleichgewicht hatte etliche derbe Tiefschläge hinnehmen müssen. Er war zum Mars geflogen, um den ungeheuerlichen Bericht zu überprüfen, der kurze Zeit zuvor alle drei von Menschen bewohnten Planeten in helle Aufregung versetzt hatte.
    Martell sagte: „Es ist alles genauso, wie es in der Nachricht zum Ausdruck kam. Zwei Arbeiter haben zufällig eine unterirdische Kammer entdeckt, als sie gerade den Bau einer Einschienenbahn vorbereiteten.“
    „Hast du die Kammer gesehen?“ fragte Mondschein.
    „Ich sah die Kammer. Man hat eine Absperrung darum gelegt.“
    „Und was ist mit Lazarus?“
    „Eine Gestalt lag in der Kammer. Sie wies sehr große Ähnlichkeit mit dem Bildnis von Lazarus in Rom auf. Und sie glich allen Porträts. Die Höhle birgt eine Art Nichts-Kammer, und eine Gestalt ist darin verankert. Die Marsianer haben die Schaltung des Gehäuses untersucht und festgestellt, daß ringsherum wahrscheinlich alles in die Luft fliegt, falls jemand daran herumpfuscht.“
    „Und die Gestalt …“ beharrte ein hohlwangiger Mann namens Emory. „Ist sie Lazarus?“
    „Sie sieht aus wie Lazarus“, sagte Martell. „Bitte vergeßt nicht, daß ich Lazarus noch nie persönlich gesehen habe. Als er starb, war ich noch nicht einmal geboren; falls er gestorben ist.“
    „Das darfst du nicht sagen“, schnappte Emory. „Es handelt sich hier eindeutig um einen Betrug. Lazarus ist gestorben, das steht fest.

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