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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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gewesen, wenn alle Marsianer in einer großen Stadt leben würden, aber die Marsbewohner waren eben ein ganz eigener Menschenschlag.
    Die Strecke 7-Y war gerade dem Netz hinzugefügt worden; in plumpen Windungen schob sie sich bis zu der neuen Siedlung Beltram Lakes vor. Die Träger hatten bereits drei Viertel der Strecke von der Hauptlinie bis zur Siedlung zurückgelegt. Eine riesige Maschine schuf die Fundamente für die Träger. Sie arbeitete sich durch die Landschaft vor, fraß Sand- und Erdreich in einem Umkreis von bis zu drei Metern und warf dafür vorgefertigte Träger aus, die sie im Boden verankerte. Auffressen, auswerfen, verankern und wieder ein Stück vorrücken – und wieder auffressen, auswerfen und verankern. Die Maschine bewegte sich zügig voran; sie wurde von einem kleinen kybernetischen Gehirn gelenkt und auf Kurs gehalten. Hinter ihr kamen die anderen Maschinen, die zwischen den Trägern die Schienen und die Versorgungsleitungen verlegten. Den marsianischen Siedlern standen vielfältige technische Wunder zur Verfügung; doch der Mikrowellentransport von nutzbarer elektrischer Energie gehörte nicht dazu – noch nicht. Daher mußten die Versorgungsleitungen wie in der vortechnischen Zeit von einem Ort zum anderen verlegt werden.
    Die Einschienenbahn war hauptsächlich für den Gütertransport vorgesehen. Die Marsianer selbst fuhren, wie alle anderen Menschen auch, mit Schnellgleitern, um von einem Ort zum anderen zu reisen. Doch die schlanken, kleinen Gleiter ließen sich kaum für den Transport von Baumaterialien einsetzen; und dies war eine Welt in der Aufbauphase – jetzt, da die Einrichtungsperiode endlich vorüber war. Die Terranisierung war abgeschlossen. Noch war der Mars wie ein Urwald, jetzt, im Jahre des Herrn 2152. Die anstehende Aufgabe hieß, eine Zivilisation auf einem endlich bewohnbar gemachten Planeten zu errichten.
    Mittlerweile lebten mehrere Millionen Menschen auf dem Mars. Sie hatten ihre Grenzerphase hinter sich gebracht und machten sich nun daran, die Annehmlichkeiten eines gesunden Wirtschaftswachstums zu genießen. Und die Einschienenbahn marschierte immer weiter, Kilometer um Kilometer, überspannte die Meere und überquerte die Seen und Flüsse.
    Die Knochenarbeit wurde von intelligenten Maschinen ausgeführt. Allerdings mußten sie von Menschen überwacht werden. Man konnte nie vorhersagen, wann die Kybernetik – und sei es auch nur ein ganz kleines bißchen – durcheinandergeraten würde und die Maschine Amok lief. Vor ein paar Jahren war so etwas einmal geschehen: Irgendwie waren die Abstellrelais aus dem Stromkreis ausgeklinkt, und bevor irgend etwas dagegen unternommen werden konnte, standen auf einer Streckenlänge von dreißig Kilometern kreuz und quer in der Gegend verteilt Träger im Holliman-See; zweihundertvierzig Meter tief unter der Wasseroberfläche. Marsianer hassen Verschwendung. Die Maschinen hatten bewiesen, daß man ihnen nicht hundertprozentig vertrauen konnte, also wurden sie von dieser Zeit an überwacht.
    Die Bauaufsicht über diese Abzweigung von Einschienenbahn Nummer eins lag in den Händen eines schlanken, sonnengebräunten Mannes im Alter von achtundsechzig Jahren. Paul Weiner verfügte über ausgezeichnete politische Beziehungen. Ihm gleichberechtigt zur Seite stand ein dicker, rothaariger Mann namens Hadley Donovan, der keinerlei Beziehungen aufweisen konnte. Im rein statistischen Sinn waren rote Haare auf dem Mars selten. Dicke waren auch nicht häufig vertreten, aber lange nicht mehr so selten wie einst. Das Leben war in diesen Tagen nicht mehr so beschwerlich, und die jungen Marsianer wurden weicher.
    Donovan amüsierte sich über das archaische Verhalten der Altvorderen, die mit der Waffe immer schnell bei der Hand gewesen waren, über ihre steife Etikette, ihre theatralische Hartgesottenheit und ihre allzu übertriebene Selbsteinschätzung. Vielleicht hatte solches Gebaren in der Pionierzeit des Mars durchaus einen Sinn gehabt, dachte Donovan, aber diese Zeit war nun schon seit über dreißig Jahren vorbei. Er selbst gestattete sich den Luxus eines mäßig runden Bauchs. Er wußte, daß Paul Weiner ihn deswegen scheel ansah.
    Dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit.
    Die beiden Männer saßen nebeneinander in einem Geländewagen und rollten über die weglose Landschaft, fünfunddreißig Kilometer von der Träger-Baustelle entfernt. Die Transponder piepsten in regelmäßigen Intervallen; auf dem vor ihnen liegenden Kontrollpanel

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