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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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werde sie aufgeben müssen.»
    «Das sollte sich ein Mann gut überlegen, bevor er sein Glück so wegwirft, mein Sohn.»
    «Ich habe es mir überlegt, sehr gründlich. Aber ich kann mein Dasein nicht als Anhängsel von Vees Filmkarriere verbringen. Ich würde im Luxus ersticken. Ich habe eigene Überzeugungen, und denen muss ich folgen. Ich möchte den Arbeitern helfen, und als Erstes muss ich wissen, wie ihnen zumute ist.»
    «Ich hab das Gefühl, du redest schon daher wie einer von ihnen – ich mein, einer von den Roten.»
    «Kann sein, Dad, obwohl das den Roten bestimmt nicht so vorkäme.»
    Wieder trat Schweigen ein. Dads Vorrat an Worten ging zur Neige. «So was ist mir noch nie im Leben untergekommen!»
    «Eigentlich ist es eine uralte Idee, mindestens zweitausendvierhundert Jahre alt.» Und Bunny erzählte von dem jungen Prinzen Siddharta im fernen Indien, den die westliche Welt als Buddha kennt; wie er auf sein Land und seine Reichtümer verzichtete und mit einer Bettelschale in der Hand auszog, in der Hoffnung, eine Wahrheit über das Leben zu finden, von der man bei Hofe nichts wusste. «In dem Palast, den der König dem Prinzen geschenkt hatte, prangten alle Luxusgüter Indiens, denn der König wollte seinen Sohn unbedingt glücklich machen. Jeder leidvolle Anblick, alles Unglück und alles Wissen über das Unglück wurden von Siddharta ferngehalten, er wusste gar nicht, dass es Böses in der Welt gibt. Doch wie sich der angekettete Elefant nach der Wildnis des Dschungels sehnt, so sehnte sich der Prinz danach, die Welt zu sehen, und er bat seinen Vater, den König, um die Erlaubnis dazu. Shuddhodana befahl, einen juwelengeschmückten Streitwagen mit vier prächtigen Pferden bereitzuhalten und die Straßen, die sein Sohn nehmen würde, zu schmücken.» Als Bunny den verwirrten Blick auf Shuddhodanas Gesicht sah, musste er lachen. «Was wäre dir lieber, Dad, wenn ich Buddhist würde oder Bolschewik?»
    Und wahrlich, Dad hätte nicht sagen können, was ihm lieber gewesen wäre!
    11
    In unserem Jahrhundert ist ein neues Universum entdeckt worden, das Unterbewusstsein, und man hört viel Merkwürdiges darüber. Es ist sehr resolut und gibt sich stets alle Mühe, seinen Willen durchzusetzen, und wenn es auf Widerstand stößt, geht es manchmal so weit, den Körper krank zu machen. Eine eifersüchtige Frau wird einen durchaus echten Nervenzusammenbruch erleiden und damit die Aufmerksamkeit ihres Mannes wiedererlangen – und so weiter, es gibt einen ganzen Katalog solch seltsamer Phänomene. Aber da sich die Freud’schen Theorien mit der methodistischen Theologie nicht vertrugen, waren sie noch nicht bis in die Southern Pacific University vorgedrungen. Bunny hegte also keinerlei Verdacht, als Dad gleich nach seinem Universitätsabschluss und kurz vor seinem Aufbruch mit Gregor Nikolajew an einer schweren Grippe erkrankte. Natürlich musste Bunny die Abreise verschieben, zu Hause gab es nun genug Sorgen für ihn. Einige Tage lang war es nicht sicher, ob Dad überleben würde, und Bunny empfand all die Gewissensbisse, die Vernon Roscoe ihm prophezeit hatte. Außerdem stand er vor der beängstigenden Aussicht, dass er nun womöglich die Herrschaft über Dads Millionen übernehmen musste.
    Der alte Mann kam durch; aber er war sehr geschwächt und in einem erbarmungswürdigen Zustand. Der Arzt warnte die Familie, dass die Grippe vermutlich das Herz in Mitleidenschaft gezogen habe; Dad müsse geschont und vor jeder Aufregung bewahrt werden. Tief in Dads Innerem dürfte da ein fröhliches Kichern zu hören gewesen sein, denn nun konnte Bunny unmöglich fortgehen. Der Vater klammerte sich wie ein Kind an die Hand seines Jungen, und Bunny musste sich zu ihm setzen und ihm die traurige und ergreifende Geschichte des jungen Prinzen Siddhartha erzählen. Hatte Dad Vee etwas von dem Plan gesagt, oder handelte es sich um die telepathische Verbindung eines Unterbewusstseins mit dem anderen? Sie kam oft zu Besuch und war sehr liebenswürdig und mitfühlend – der wilde Elefant in Bunnys Innerem wurde mit einer Million seidener Schnüre angepflockt.
    Als Dad schließlich wieder auf den Beinen war und auf der Veranda in der Sonne sitzen konnte, bekam seine Gerissenheit die Oberhand, und er hatte bald einen Plan ausgeheckt. «Mein Junge, ich hab über dein Problem nachgedacht, und mir ist klar geworden, dass du das Recht hast, deine Ideen zu äußern. Ich hab mir überlegt, ob wir nicht einen Kompromiss aushandeln können, und

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