Öl!
Daran sieht man wieder einmal, wie leicht so ein Irrtum in die Welt kommt!
Doch dann zeigte sich, dass Minister Crisby irgendwann hunderttausend Dollar bei seiner Bank eingezahlt hatte, und wo hatte er die her? Ein großer Zeitungsverleger aus Washington meldete sich, er habe seinem lieben Freund, dem Minister, diese kleine Summe ohne bestimmten Anlass geliehen. Anschließend begab sich der große Verleger für den Winter nach Florida; er war krank und durfte unter gar keinen Umständen gestört werden. Dieser verderbte Ausschuss schickte trotzdem ein Mitglied nach Florida, holte den Verleger in den Zeugenstand, nagelte ihn in Gegenwart von einem halben Hundert Reportern fest und brachte ihn zu dem Geständnis, dass seine Geschichte ein nettes Märchen gewesen sei.
Woher also waren die Hunderttausend gekommen? Die Verleumder ruhten natürlich nicht; Leute wie Dan Irving liefen mit Klatschgeschichten aus Washington zum Ausschuss. Also schnappte sich der Ausschuss Pete O’Reilly junior, röstete ihn und zwang ihn zu dem Geständnis, dass er Minister Crisby die lächerliche Summe von hunderttausend Dollar in einer kleinen schwarzen Tasche gebracht habe – wie im Film! Dann holten sie sich Pete senior, und der behauptete, es sei nur ein Darlehen gewesen, er habe einen Schuldschein, könne sich aber nicht erinnern, wo der hingekommen sei. Schließlich zog er eine Unterschrift hervor, die angeblich von dem Schuldschein abgetrennt worden sei, er wisse allerdings nicht, was aus dem Rest geworden sei; er selbst gehe sehr sorglos mit Schuldscheinen um und werde diesen wohl seiner Frau gegeben haben, die ihn – bis auf die Unterschrift – verlegt habe. Und dazu noch diese skandalösen Einzelheiten über die Spitzen der besten Gesellschaft in Washington und Angel City! Die Zeitungen veröffentlichten sie, erschauerten aber gleichzeitig ob ihrer eigenen Respektlosigkeit.
4
Täglich bekam Dad lange Telegramme von Verne, natürlich nicht direkt an ihn gerichtet, sondern an Mrs Bolling, die Frau jenes vertrauenswürdigen jungen Angestellten; sie waren unterzeichnet mit «A. I. Butter» – ein Spiel mit Dads Lieblingsausdruck «alles in Butter». Es war nicht die Sorte Telegramm, mit der Ärzte die Nerven ihrer Patienten beruhigen, nein, vielmehr versetzten sie den Patienten in fieberhafte Unrast – oft und oft wünschte er sich, er hätte auf die Warnungen seines jungen Idealisten gehört und sich aus diesem Korruptionssumpf herausgehalten! Aber natürlich konnte Bunny das jetzt nicht sagen, er konnte nur die neuesten Nachrichten lesen, abwarten und sich fragen, um welche Stunde der Blitz auf sie herniederfahren würde.
Annabelles neuer Film, «Ein Mutterherz», war fertig, und es sollte eine besonders glanzvolle Premiere geben. Bunny würde natürlich mit Vee hingehen und Dad mit Tante Emma, und alles würde wenigstens für diesen einen Abend in Butter sein. Bunny kam nach Hause, er hatte gerade die Korrekturfahnen der nächsten Ausgabe durchgesehen, da stieß er in der Eingangshalle auf seine Tante, die vor Aufregung zitternd und zähneklappernd auf ihn wartete. «O Bunny! So was Schreckliches! Sie wollen deinen Vater einsperren!»
«Einsperren?»
«Da sind Männer hinter ihm her … direkt vorm Haus! Du musst weg, ohne dass man dich sieht … sie werden dir folgen … ach, ich hab solche Angst … bitte, bitte, sei vorsichtig! Lass nicht zu, dass sie deinen Vater kriegen!»
Es gelang ihm, die ganze Geschichte aus ihr herauszuholen, und die war fast so melodramatisch, wie ihre überstürzten Worte es angedeutet hatten. Vor ein paar Minuten war der junge Bolling hier gewesen, jener vertrauenswürdige Angestellte, um Bunny eine höchst dringliche Nachricht von Dad zu überbringen. Er hatte sie ihm aufgeschrieben. Er solle mit dem Auto wegfahren, sich aber unbedingt vergewissern, dass ihm niemand folge – denn ganz bestimmt würden ihm Männer zu folgen versuchen, um Dad aufzuspüren. Sobald er sie abgeschüttelt habe, müsse er seinen Wagen, dessen Nummer ja auf seinen Namen laufe, stehen lassen, sich einen Automobilhändler suchen, wo ihn niemand kenne, und unter einem Decknamen einen geschlossenen Wagen kaufen; kein neues Auto, denn sie müssten vielleicht sehr schnell fahren. Wieder müsse er sich vergewissern, dass niemand hinter ihm her sei, und dann hinaus in die Vorstadt San Pasqual kommen, dort würde Dad an einer bestimmten Ecke zu ihm stoßen. Mr Bolling hatte Tante Emma fünftausend Dollar in Scheinen
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