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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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ich konnte Zaqs Verärgerung verstehen, weil ich ebenso empfand. Mein Zorn war aber nicht auf den Alten gerichtet; er entsprang vielmehr einem Gefühl der Enttäuschung und allgemeinen Gereiztheit wegen der Art und Weise, in der sich alles entwickelt hatte, seit wir uns auf die Suche nach der entführten Frau begeben hatten. Die Ereignisse waren uns immer einen Schritt voraus, als ob
Eshu
, der Trickster-Gott, seine Spielchen mit uns trieb. Zaqs Ärger wurde durch das seltsame Fieber und die ständigen Schmerzen in seinen geschwollenen Beinen nur noch größer. Der Schnaps hatte geholfen, den Schmerz zu betäuben, jetzt aber war er alle und die Schmerzen machten ihn ständig reizbar.
    Der Alte sah aus, als wäre er den Tränen nahe; hilflos sah er kurz zu mir herüber und fuchtelte mit den Händen.
    »Sie nich gesund, Sir, deswegen. Ich glaub, Sie hier kurz ausruhen, bevor wir weiter. Deswegen …«
    Zaqs Zorn verschwand so schnell, wie er gekommen war. Er senkte die Stimme und drehte sich um, um ins Haus zu gehen.
    »Wir sollten morgen früh wirklich zeitig los. Ganz früh.«
    »Ja. Ja, Sir. Ganz zeitig, morgen.«
    In dieser Nacht lauschte ich, wie sich Zaq auf der Matte neben mir wälzte und stöhnte und fluchte und sich die ganze lange Nacht mit seinen Schmerzen und seinen Dämonen herumschlug.

3.
    Gegen Morgen, als wir schon aufgegeben hatten, noch einschlafen zu können und einträchtig nebeneinander saßen, fragte ich Zaq, wie er zu diesem Auftrag gekommen war.
    »Sie sind in meinem Büro aufgetaucht. Es war wieder so ein langweiliger Arbeitstag, und mich auf eine Suchexpedition nach einer entführten Frau zu begeben war das Letzte, das ich im Sinn hatte, das kannst du mir glauben.«
    Beke Johnson, sein Chefredakteur und gleichzeitig der Besitzer des
Daily Star
, war mit aufgeregtem Gesicht in sein Büro gekommen und hatte ihm mitgeteilt, dass zwei Männer ihn sprechen wollten. Zwei Weiße.
    Zaq erkannte den Ehemann auf den ersten Blick. In den vergangenen Tagen hatte er sein Gesicht neben ihrem in den Zeitungen und im Fernsehen gesehen. Mitarbeiter eines Öl-Konzerns, Brite, Erdölchemiker, seine Frau war allein ausgegangen und nicht zurückgekommen, vermutlich von Rebellen entführt. Die Entführung interessierte Zaq, weil er nur einen Tag zuvor einen Leitartikel über eine andere Entführung geschrieben hatte, bei der eine siebzigjährige Frau und ein drei Jahre altes Mädchen verschleppt worden waren. Die Rebellen hatten sie wegen eines Lösegelds entführt. Dem Leitartikel gab er den Titel »Verbrecher oder Freiheitskämpfer?«
    »Ich bin begeisterter Leser deiner Kolumne.«
    Der Mann trat vor und hielt Zaq die Hand hin. Zaq blinzelte im grellen Licht, das durch das offene Fenster hereinbrach, sah auf die Hand hinunter, als wüsste er nicht recht, was er mit ihr anfangen sollte, dann streckte er seine pummelige Hand aus und schüttelte sie. Er hatte einen ziemlichen Kater, und sein Atem ging so schwer, dass sich sein korpulenter Leib nach Luft ringend hob und senkte. Beke Johnson thronte hinter seinem Schreibtisch und drängte die Besucher, sich doch bitte zu setzen, sich doch bitte zu setzen. Sein zerknitterter Anzug, die schief sitzende Krawatte und das Wolfslächeln auf dem feisten Gesicht verschlimmerten Zaqs Kopfschmerzen und ließen das Bedürfnis in ihm aufsteigen, hinüber langen und das Lächeln mit der Hand zudecken zu müssen. Der zweite Besucher setzte sich nicht und schaute aus dem offenen Fenster, als wollte er dem schlechten Geruch im engen Zimmer aus dem Weg gehen. Zaq betrachtete sich den unauffälligen schwarzen Anzug, das blaue Hemd, die schwarzweiß gestreifte Krawatte, die sorgfältig geputzten schwarzen Schuhe: diplomatischer Dienst, wahrscheinlich Sicherheitstruppe. Das musste der Aufpasser sein, der sicherstellen sollte, dass der Ehemann der berühmten Tradition der britischen Unerschütterlichkeit keine Schande machte.
    »Sie wollten mich sprechen?«
    Zaq stand da, die Hände vor sich gefaltet, bemüht, sich nicht das Stoppelkinn zu kratzen. Seine Augen waren vom stundenlangen Star ren auf den Computerbildschirm gerötet und tränten, die Lippen aufgesprungen.
    »Ich bin …«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind ständig in den Nachrichten. Was also kann ich für Sie tun?«
    Der Ehemann seufzte. Sein Blick wanderte zu dem anderen Mann hinüber, der nickte und Zaq ansprach.
    »In Ordnung, Sie wissen bereits über die Entführung Bescheid, also können wir das weglassen. James hier

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