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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Schlimmste von uns.»
    «Machen Sie sich keine Sorgen», antwortete er, «ich behalte es für mich.»
    Er hörte, wie die Tür leise aufging und sich leise wieder schloss, er machte das Licht an und sperrte ab – nie mehr würde er, wenn er privat zu Gast war, diese Vorsichtsmaßnahme unterlassen! Eine Weile ging er auf und ab und dachte über dieses beunruhigende Erlebnis nach. Er sagte sich mit geziemender Bescheidenheit, dass es hierzu nicht gekommen war, weil er so unwiderstehlich und faszinierend war, sondern weil die Frauen in dieser neuen, heidnischen Gesellschaft über die Konfrontation mit der Keuschheit erschraken – sie erschien ihnen als etwas Ungeheures, Übermenschliches.
    Als das Matrosenmädchen am nächsten Morgen dem jungen Adonis an Deck begegnete, errötete sie zum ersten Mal seit Jahren auf natürliche Weise. Doch sie kam bald darüber hinweg; sie unterhielten sich über Theosophie, so spirituell wie eh und je, und waren gut Freund miteinander. Er nannte sie Thelma, und Charlie witzelte nicht einmal deswegen. Aber auf der Heimfahrt wollte Bertie alles ganz genau wissen. Hatte Mrs Norman mit ihm geschlafen, und wie oft? Und als Bunny errötete, lachte sie ihn aus und ärgerte sich, weil er so dumm war und nichts erzählen wollte. Sie befand, dass sie natürlich eine Affäre gehabt hätten. Das sei in Ordnung, an Bord der «Sirene» habe es auch andere Affären gegeben. Das Licht im Hauptkorridor sei so schummrig, dass man nicht gleich erkannt werde, wenn man von einer Tür zu anderen husche. «Aber bild dir bloß nicht ein, dass sie dich jemals heiratet», fügte Bertie weltklug hinzu. «Sie redet pausenlos über ihren Seelenwanderungsquatsch, aber ihre Occidental-Steel-Wertpapiere gibt sie nicht preis, Seelenwanderung hin oder her!»
    11
    Wenige Tage später wurde Occidental Steel plötzlich von einem schlimmen Kurseinbruch heimgesucht, und Bertie machte sich Sorgen – ihr Interesse am Konzern war schon das einer Eigentümerin. Sie erkundigte sich bei Dad, und der erklärte, das sei «alles bloß Manipulation». Aber kurz darauf purzelten auch viele andere Aktien, darunter die von Ross Consolidated, und nun sagte Dad, es gebe Idioten, die durch Spekulationen die Aktienkurse in die Höhe trieben, und dann müssten sie eben auch wieder fallen. Doch die Krise breitete sich über das ganze Land aus, und es hieß, selbst große Konzerne und sogar Banken seien in Schwierigkeiten. Panik lag in der Luft, und Dad und Verne hielten besorgt Konferenzen ab, stoppten alle Erschließungsarbeiten und entließen vorübergehend einige hundert Arbeiter; sie steckten ’n bisschen zurück, wie Dad es formulierte. Auf den Banken liege viel Geld, sagte Dad, aber da kämen nur die Großen ran. Verne war wütend auf den Bankier Mark Eisenberg, der ihn «ruiniert» hatte. Das waren die Großen Fünf, die mit ihren ewigen Winkelzügen die Unabhängigen kaltzustellen versuchten. Das könnte ihnen so passen – Ross Consolidated in die Enge zu treiben und dann für fünf oder zehn Millionen aufzukaufen!
    Bunny sprach mit Mr Irving, und der erklärte ihm, hier sei die Zentralbank am Werk, eine Einrichtung der großen Wall-Street-Banken, nach außen hin eine Regierungsbehörde, in Wirklichkeit aber eine Gruppe von Bankiers, die die Macht hätten, in Krisenzeiten unbegrenzt neues Papiergeld zu drucken. Dieses Geld werde den großen Banken zur Verfügung gestellt, und diese liehen es wiederum der Wirtschaft, deren Wertpapiere sie bekämen und schützen müssten. Wenn also eine Börsenpanik um sich greife, seien die Großen fein raus, während die Kleinen an die Wand gedrückt würden.
    Im aktuellen Fall gehe den Farmern die Luft aus. Sie seien nicht organisiert und hätten niemanden, der sie durch Zölle schütze; sie müssten ihre Ernte auf dem Markt verschleudern, und die Preise purzelten – noch vor Jahresende würden buchstäblich Millionen von Farmern bankrott sein. Der Preis der Fabrikwaren hingegen sinke nicht im selben Ausmaß, weil die großen Konzerne, die die Wall-Street-Banken hinter sich hätten, ihre Aktien nicht abstoßen müssten. Bunny berichtete seinem Vater von dieser Interpretation, und der gab sie an Mr Roscoe weiter. Dieser meinte, das sei weiß Gott völlig richtig; er kenne die Kerle, die ihre Finger in der Ladenkasse der Zentralbank hier an der Küste hätten, und sie würden alles in Sichtweite aufkaufen, diese verfl… Sch…kerle, aber das Eigentum von Roscoe und Ross kriegten sie nicht!
    Das

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