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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Geld war so knapp, dass Bertie kein neues Auto bekam, obwohl sie das ihre bei einem Unfall zu Schrott gefahren hatte, und Dad predigte bei Tisch Sparsamkeit, bis Tante Emma ihnen Hackbraten auftischte, den sie aus den Fleischresten vom Vortag gekocht hatte! Überall Knappheit, Sorge in den Gesichtern, Andeutungen von Bankrott und Arbeitslosigkeit in den Zeitungen. Die Blätter taten ihr Bestes, um es zu verheimlichen, aber es war zwischen den Zeilen zu lesen.
    Dann passierte etwas Komisches. Eines Sommerabends fuhr am Hause Ross eine große Limousine mit einem Chauffeur vor, und ihr entstieg eine würdevolle Persönlichkeit in einem schneeweißen Flanellanzug, ein hochgewachsener junger Mann mit flachsblondem Haar und gewichtiger Miene – Teufel auch, Eli Watkins! Er begrüßte alle mit Handschlag – er trat inzwischen auf wie ein Erzbischof –, dann bat er Dad um ein Gespräch unter vier Augen. Er wurde ins Arbeitszimmer geführt, kam nach einer halben Stunde lächelnd wieder heraus und entfernte sich unter vielen Verbeugungen. Dad sagte nichts, bis er mit Bunny allein war, dann verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen, und er feixte: «Jetzt schlägt’s dreizehn, Eli ist unter die Immobilienmakler gegangen!» Er habe am Stadtrand ein Grundstück in genau der richtigen Größe für den Tempel gefunden, den der Engel des Herrn ihm zu bauen befohlen habe; oder vielmehr, er habe Makler gefunden, die dank ihrem Draht zur Baubehörde die Erlaubnis erhalten hätten, ein Grundstück von dieser unerhörten Größe auszuweisen. So werde sich das Wort des Herrn bewahrheiten und der goldene Tempel entstehen. Doch aus unerfindlichen Gründen hatte der Herr es verabsäumt, Eli einen Tipp bezüglich der Börsenpanik zu geben, und nun saß er wie jeder normale, unheilige Geschäftsmann auf dem Trockenen und war mit seiner Zahlung für das Hundertfünfundsiebzigtausend-Dollar-Areal fast einen Monat im Rückstand. Die Kollekten bei den Erweckungsversammlungen brachten immer weniger ein, und der Herr hatte Eli kundgetan, er möge zu einer anderen Methode der Geldbeschaffung greifen.
    «Was wollte er von dir, Dad?»
    «Der Herr hat ihm geoffenbart, dass ich eine zweite Hypothek auf meinen Grundbesitz aufnehm. Aber ich hab ihm gesagt, dass der Herr mir nicht geoffenbart hat, wo ich das Geld herkriegen soll. Ich hab ihm mit fünfhundert unter die Arme gegriffen.»
    «Lieber Himmel, Dad! Ich dachte, wir sparen!»
    «Na ja, Eli hat darauf hingewiesen, dass er das erste Bohrloch auf dem Paradise-Gelände gesegnet hat und wir deshalb so viel Öl gekriegt haben. Verstehst du, es wär so was wie Blasphemie gewesen, wenn ich mich geweigert hätte.»
    «Aber, Dad, du glaubst doch nicht an dieses Gewäsch von Eli Watkins!»
    «Stimmt, aber der Kerl hat eine gewaltige Anhängerschaft, und vielleicht brauchen wir ihn eines Tages, man weiß ja nie. Wenn es mal eine Wahl mit einem knappen Ausgang gibt, hier oder in Paradise, kriegen wir unser Geld zigfach zurück, wenn Eli sich auf unsere Seite schlägt.»
    12
    Bunny dachte darüber nach, dann nahm er all seinen Mut zusammen und ging noch einmal zu seinem Vater. «Hör zu, Dad! Wenn du fünfhundert für eine Lachnummer mit Eli Watkins hast, möchte ich fünfhundert für etwas Ernstes.»
    Dad machte ein bestürztes Gesicht. Er hätte Bunny nicht von diesem Geld erzählen dürfen! «Worum geht es, mein Sohn?»
    «Ich habe Mr Irving besucht, Dad; er steckt in Schwierigkeiten, er bekommt nirgendwo eine Dozentenstelle. Sie haben ihn auf die schwarze Liste gesetzt. Er muss ja angeben, dass er in den letzten zwei Jahren an der Southern Pacific gelehrt hat, und dann ziehen die Leute Erkundigungen ein, und er ist fest überzeugt, dass irgendwer an der Universität ihnen sagt, dass er ein Roter ist.»
    «Das würd mich nicht wundern», sagte Dad. «Aber das ist nicht deine Schuld.»
    «Doch, Dad! Ich war derjenige, der ihn aus der Reserve gelockt und dazu gebracht hat, mit mir zu reden. Ich hatte gedacht, ich könnte es für mich behalten, aber sie haben einen Spitzel auf uns angesetzt.»
    «Versucht er dich anzupumpen?»
    «Nein, ich habe ihm ein bisschen was angeboten, aber er wollte es nicht nehmen. Dabei weiß ich, dass er es braucht. Ich habe mit Harry Seager und Peter Nagle darüber gesprochen – sie kennen einige Gewerkschaftler in der Stadt und glauben, man könnte hier ein Arbeitercollege gründen. Wir sind alle übereinstimmend der Meinung, dass Mr Irving der ideale Leiter

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