Öl!
College stellte sich auch in der Ölarbeitergewerkschaft die Frage, was man mit den Roten machen sollte. Ohne die Sozialisten, die Kommunisten und die IWW bekäme man niemals eine große Zahl von Arbeitern zusammen, aber sie waren allesamt aufdringlich «lästig». Paul teilte Axtons Meinung, es könne in der Erdölindustrie nur um eins gehen: die Gewerkschaft zu retten. Darauf müssten sich alle Arbeiter konzentrieren und jede Form von Spaltung vermeiden. Gut, antworteten die Sozialisten und Kommunisten, sie würden mithelfen; aber sobald es zum Kampf käme, würden die Bosse die Polizei holen und vor Gericht ziehen, und die Ölarbeiter würden wie alle anderen Arbeiter merken, dass sie sich nicht aus der Politik heraushalten könnten, sondern den kapitalistischen Staat bezwingen müssten. So weit stimmte man mit den Sozialisten und Kommunisten überein, aber dann erhob sich die Frage, wie dieses Bezwingen durchgeführt werden sollte, und schon gebärdeten sich die beiden Fraktionen haargenau wie die Familie Menzies!
Eine eigene Gruppierung bildeten die «Industrial Workers of the World», wie sie sich nannten; das waren Männer, die sich von der Korruption und dem Mangel an Visionen in den alten Gewerkschaften abgestoßen gefühlt und eine Konkurrenzorganisation ins Leben gerufen hatten, die «One Big Union» 87 , die eines Tages alle Arbeiter unter ihrem Dach vereinen sollte. Bei den normalen Gewerkschaftsführern waren sie verhasst, und die Zeitungen stellten sie als Kriminelle und Rowdys dar. Bunny lernte einen von ihnen kennen und fand sich einem jungen Mann gegenüber, der seinem Ideal mit der Kompromisslosigkeit eines frühchristlichen Märtyrers nachstrebte. Diese «Wobblies» wurden nach dem kalifornischen «Antisyndikalismusgesetz» 88 nun gejagt wie wilde Tiere. Jeder, der in ein Arbeiterlager oder einen Industriebetrieb kam, musste damit rechnen, von einem Polizisten oder «Werksbullen» hochgenommen zu werden, und der bloße Besitz einer roten Karte 89 bedeutete vierzehn Jahre Staatsgefängnis. Trotzdem waren sie hier in Paradise, ein halbes Dutzend von ihnen hatten einen wilden Unterschlupf oder ein Zelt droben in den Bergen, sie lockten Arbeiter zu ihren Versammlungen, man sah den hellen Schein eines Lagerfeuers und hörte das schwache Echo der Lieder aus dem «Little Red Songbook» 90 . Für Bunny war dies romantisch und geheimnisvoll, während es für Dad, Mr Roscoe und die Manager von Ross Consolidated klang, als läge diese Wildnis in der Provinz Bengalen und als wären die Laute, die der Nachtwind herantrug, das Gebrüll menschenfressender Tiger.
3
Jetzt hatte Bunny die Möglichkeit, diesen und allen anderen Sorgen rasch zu entfliehen, ins Kloster. Dort oben hatte niemand irgendwelche Sorgen, und wenn doch, so bürdeten sie sie nicht ihm auf. «Machen Sie dieses Haus zu Ihrem Country Club», hatte Annabelle gesagt, «kommen Sie, wann Sie wollen, und bleiben Sie, solange Sie wollen. Unsere Pferde müssen geritten, unsere Bücher gelesen werden, und es gibt einen ganzen Ozean – nehmen Sie sich nur vor der Rippströmung in Acht!» Also fuhr Bunny zu diesem schönen Spielplatz hinauf, und manchmal war Vee Tracy auch da, und wenn nicht, tauchte sie wie durch ein Wunder wenige Stunden später auf.
Sie war einige Jahre älter als er, und was die Weltkenntnis anbelangte, war sie älter, als er mit hundert sein würde. Trotzdem war sie eine gute Spielgefährtin. Es war ihr Beruf, körperlich und emotional jung zu sein, damit verdiente sie ihren Lebensunterhalt, und sie spielte dieses Spiel unentwegt. Es war ein anstrengendes Dasein, vergleichbar dem eines trainierenden Athleten oder eines Berufsboxers vor dem Kampf. Wer wusste schon, auf welche absurden Einfälle ein Romancier oder Drehbuchautor kommen mochte oder ein Regisseur, der mit dem Verlauf eines Melodrams unzufrieden war? Dann wurde sie plötzlich auf ein Wildpferd gebunden oder auf einen Baumstamm in einem Sägewerk, oder sie hing mit einem Seil an einem Rennboot und wurde mitgerissen, oder sie musste eine Kirchturmspitze hinaufklettern. In früheren Zeiten wurden den Frauen in barbarischen wie zivilisierten Ländern aus vielen merkwürdigen Gründen die Härten eines asketischen Lebens aufgezwungen, aber hat es dafür jemals einen verrückteren Grund gegeben als den, vor den Augen von Millionen als schreckensbleiche Jungfrau erscheinen zu können, die sich aus den Händen eines lüsternen Schänders losreißt?
Jedenfalls war sie jetzt
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