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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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sie dann, «du fragst dich, warum ich dir das erzähle. Ich bin jetzt in Sicherheit, ich habe Geld auf der Bank, gebe mich als Dame, kann eine große Schau abziehen und die hässliche Vergangenheit vergessen. Wenn ich dir erzählt hätte, ich wäre eine unschuldige Jungfrau, hättest du mir wahrscheinlich geglaubt. Aber ich sage mir, wenn Geld für mich irgendetwas im Leben bedeutet, dann dies: Ich muss nicht mehr lügen.»
    Bunny erwiderte: «Ich kenne einen Mann, der dasselbe sagt. Das hat mich sehr beeindruckt. So jemand ist mir vorher noch nie begegnet.»
    «Aber es macht einen zum wilden Exoten. Ich habe in der Filmwelt einen entsetzlichen Ruf – hast du schon davon gehört?»
    «Nicht viel», antwortete er.
    Sie blickte ihn scharf an. «Was haben sie dir erzählt? Vermutlich alles über Robbie Warden?»
    «Alles wohl kaum», antwortete er lächelnd. «Ich habe gehört, dass du in ihn verliebt warst und seither gewissermaßen Trauer trägst.»
    «Ich habe mich zweimal wegen einem Mann zum Narren gemacht; Robbie war der zweite, und glaube mir, er wird der letzte sein. Er hat das Geld für den besten Film aufgebracht, den ich je gedreht habe, er war schön wie ein junger Gott und hat mich gebeten, ihn zu heiraten, und ich habe es tatsächlich vorgehabt, aber die ganze Zeit hat er mit zwei oder drei anderen Frauen rumgemacht, und eine von ihnen hat ihn erschossen. Das war das Ende meines strahlenden jungen Traums. Nein, ich trage nicht Trauer, ich bin froh, dass mir viel Unglück erspart geblieben ist. Aber wenn ich ein bisschen zynisch bin, was die Liebe angeht, und ein bisschen ungehobelt in meiner Redeweise, dann verstehst du jetzt, warum.»
    Sie schüttelte den Sandberg von ihren nackten Beinen und stand auf. «Schau, so halte ich mir das Fett vom Leib», sagte sie, legte die Handflächen auf den nassen, festen Sand, erhob sich in den Handstand, die schlanken weißen Beine nach oben gestreckt, und lachte Bunny verkehrt herum an. In dieser Haltung ging sie mit langsamen Handschritten zum Wasser hinunter, dann vollführte sie die zweite Hälfte des Überschlags, landete auf den Füßen und stürmte in die Brandung. «Komm rein! Das Wasser ist herrlich!»
    5
    Bunny dachte über dieses Gespräch nach und zog daraus wie üblich eine Lehre in Sachen Bescheidenheit. Vee hatte für ihren Erfolg kämpfen müssen, während er noch nie für etwas hatte kämpfen müssen. Wenn er beim Film Karriere machen wollte, würde Dad das für ihn arrangieren, die Studiotüren würden auffliegen. Und dasselbe galt für jede andere berufliche Laufbahn, die ihm in den Sinn kam. Wie konnte er es wagen, jemand anderen zu verurteilen?
    Während er Vee Tracy zuhörte, sorgte außerdem die Erinnerung an Eunice Hoyt dafür, dass er bescheiden blieb. Nein, die Leute wussten nicht, was beim Sex richtig war, oder wenn sie es wussten, drückten sie sich nicht verständlich aus. Der Gedanke an so viele andere Männer war unangenehm, half aber auch, die Atmosphäre zu reinigen. Sie würde nicht erwarten, dass er sie sofort heiratete; es gab zwar Eheschließungen unter Filmleuten, aber offenbar erst, wenn sie sich vergewissert hatten, dass sie miteinander glücklich wurden. Außerdem konnte Bunny in Anbetracht all dessen sicher sein, dass Vee nicht empört sein würde, wenn sie erfuhr, dass sie durch seine Träume geisterte.
    Sie waren im Kloster, hatten getanzt und gingen nun hinaus auf eine Loggia – oder Rampe oder Terrasse oder wie immer man den Außenbereich einer Kathedrale nennt. Der Mond schien, derselbe Mond, der schon auf Bunny und Eunice und auf Bunny und Nina Goodrich geschienen hatte. Drinnen erklang Orgelmusik und draußen dufteten die Blumen, und Bunny dachte: «Was soll ich tun?» So konnte es nicht weitergehen, das war klar, er war inzwischen so weit, dass er am ganzen Körper zitterte. Dennoch brachte er irgendwie keinen Ton heraus. Bisher hatten immer die Mädchen den Anfang machen müssen, es war völlig absurd. Was zum Teufel war bloß los mit ihm?
    Mit stockender Stimme schlug er vor: «Lass uns tanzen.» Vee stand auf, er stand auf, sie waren vorher auf diese Loggia oder Terrasse oder Rampe hinausgetanzt, und jetzt würden sie wieder zurücktanzen, dann wäre er buchstäblich wieder da, wo er vorher gewesen war. Nein, das ging nicht. Ihn überkam jähe Verzweiflung, und statt den Arm wie beim Tanz um sie zu legen, umschlang er sie so, dass sie unmöglich noch tanzen konnte. Das war eine ziemlich plumpe Vorgehensweise und

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