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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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der Titelseite des «Angel City Evening Howler»:
    FILMSTAR JAGT NACKTEN ÖLREVOLUZZER !
    Dann hörte er plötzlich eine Stimme hinter sich: «Ich gebe auf! Ich reite zurück!» Er wirbelte herum, das Pferd wirbelte ebenfalls herum, und sie rannten fast noch schneller davon, als sie gekommen waren. Und beide schüttelten sich vor Lachen an diesem Morgen wie am ersten Schöpfungstag!
    12
    Die Griechen hatten weder Hosen noch Hemden getragen, und das Anlegen dieser Kleidungsstücke eignete sich nicht für romantische oder ästhetische Deutungen. Deshalb ritt Vee Tracy am Strand entlang, während Bunny sich anzog; und als er schließlich zu ihr kam, war sie keine Griechin mehr, sondern eine auf ihren Ruf bedachte amerikanische junge Dame, und es hätte von schlechtem Geschmack gezeugt, wenn er ihren verrückten Einfall erwähnt hätte.
    Sie führte das Pferd am Zügel und Bunny ging neben ihr her. «Haben Sie diesen Albtraum gesehen?», fragte sie, als sie an den zweiunddreißig Loreleien in ihren Leichenhemden vorbeikamen. «Das war eine der Fantastereien des alten Hank Thatcher. Sie haben sicher schon von Happy Hank, dem kalifornischen Traubenkönig, gehört?»
    «Also dem gehört dieses Haus!», rief Bunny.
    «Er träumte von Orgien und hielt sich ein halbes Dutzend Harems; seine Frau verweigerte ihm zur Strafe die Scheidung, und als er starb, verhüllte sie seinen Traum als eine Art öffentliche Buße.»
    «Aber außer den Seehunden sieht das niemand.»
    «Oh, die Zeitungen sind voll davon, sie lassen keine Gelegenheit aus, über die Thatchers zu berichten. Ab und zu schicken sie auch einen Reporter vorbei. Einmal brachten sie eine umwerfend komische Story – der Reporter hatte eine Art Kettenhemd unter der Kleidung getragen, und die Hunde haben vergebens an ihm gezerrt!»
    «Sie hetzt Hunde auf sie?»
    «Deshalb wagt niemand, hinaufzugehen und einen heimlichen Blick auf die Statuen zu werfen.»
    «Lieber Gott! Ich habe mir ein halbes Dutzend angesehen!»
    «Na, dann haben Sie Glück gehabt. Deshalb habe ich ja diesen Revolver bei mir; manchmal kommen die Hunde an den Strand, und dann spielen die Nachbarn Krieg.»
    «Warum zieht sie keinen Zaun?»
    «Sie streitet sich mit der Bezirksverwaltung. Sie behauptet, dass der Strand ihr gehört, und hin und wieder riegelt sie ihn ab, dann schickt die Bezirksverwaltung ein paar Männer vorbei, die die Sperre nachts wieder abreißen. Sie liegen sich seit zehn Jahren in den Haaren. Außerdem möchte der Staat einen Highway durch das Anwesen bauen – das würde mehrere Meilen Küstenstraße überflüssig machen –, aber sie setzt sich zur Wehr und gibt dafür ein Vermögen aus. Sie lebt in der Burg wie eine belagerte Prinzessin in früheren Zeiten; alle Jalousien sind heruntergezogen, und sie schleicht mit einem Gewehr in der Hand von Zimmer zu Zimmer und hält Ausschau nach Einbrechern und Spionen. Fragen Sie Harvey, der kennt sie.»
    «Ist sie verrückt?»
    «Es ist eine Reaktion auf das Leben mit ihrem Mann; der war ein Verschwender, deshalb ist sie ein Geizhals. Man erzählt sich folgende Geschichte über ihn: Er pflegte seine Leute bar zu bezahlen und fuhr in einer offenen Kutsche herum, in der lauter Leinensäckchen mit jeweils tausend Dollar in Gold lagen. Einmal hatte er eins verloren, vermisste es aber nicht, und als ein Arbeiter es ihm wiederbrachte, sah der alte Hank ihn verächtlich an, steckte die Hand in die Hosentasche und zog einen halben Dollar heraus. ‹Da›, sagte er, ‹so viel kostet ein Seil, kauf dir eins und häng dich auf!›»
    «Sie hält also das Geld zusammen.»
    «Genau. Sie bezahlt alle Rechnungen per Einschreiben, bewahrt die Einlieferungsbelege auf und besteht darauf, im Gegenzug vom Postamt eine Empfangsbestätigung zu erhalten; wenn die kommt, heftet sie beides ab, und wenn die quittierte Rechnung vorliegt, wird die noch dazugeheftet und alles in ein Verzeichnis aufgenommen. Sie lässt keinen Buchhalter an diese Arbeit heran, weil sie keinem Angestellten zutraut, dass er sie anständig erledigt. Stundenlang hockt sie über ihren Geschäftsbriefen und deckt anderer Leute Leichtsinn und Unfähigkeit auf. Sie stellt Rechtsanwälte ein, stellt weitere Anwälte ein, die die erste Garnitur überprüfen müssen, und beauftragt schließlich ein Detektivbüro damit, herauszufinden, inwieweit die Anwälte sie über den Tisch ziehen. Sie ist überzeugt, dass die Bezirksbehörden sie verfolgen und alle Beamten Gauner sind – da hat sie vielleicht

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