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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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natürlich zum Feind, und man warf ihn den Wölfen vor. In der kapitalistischen Presse grassierte die Schreckensmeldung, die Kommunisten hätten die Gewerkschaft der Stuckateure – oder vielleicht auch die der Knopfmacher – erobert, die Anklagejury rüste sich bereits zum Prozess gegen ein Nest von Verschwörern. Der durchschnittliche Gewerkschaftsführer, einerlei, wie anständig und ehrlich er auch sein mochte, erschauerte bis ins Mark, wenn eine solche Keule über seinem Haupt geschwungen wurde.
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    Dann gab es da noch Harry Seager mit seinen Problemen. Die Seager-Wirtschaftsschule hatte einen Jahrgang junger Männer und Frauen hervorgebracht, die fehlerlos «Alle Menschen sind frei und gleich geboren», und «Gebt mir die Freiheit oder gebt mir den Tod!» auf der Maschine schreiben konnten. Und nun bewarben sich diese jungen Leute in den Kontoren von Angel City und mussten erfahren, dass niemand sich so etwas von seinen Angestellten tippen lassen wollte! Klar und deutlich wurde diesen jungen Leuten gesagt, dass die Seager-Wirtschaftsschule eine bolschewistische Anstalt sei und die Geschäftsleute in der Stadt davor gewarnt worden seien, deren Absolventen zu beschäftigen. Boykott war in Angel City illegal, und wenn Gewerkschaftsmitglieder versuchten, zum Boykott aufzurufen, verschwanden sie umgehend im Gefängnis. Aber man stelle sich vor, Harry Seager würde den Staatsanwalt bitten, die Vorstände des Verbands der Kaufleute und Unternehmer, deren Wahlkampfbeiträge ihn schließlich ins Amt gebracht hatten, strafrechtlich zu verfolgen!
    Bunny fuhr nach Paradise, und auch da gab es allerlei Kummer. Als Vorbereitung auf den anstehenden Kampf um den Lohntarif begannen die Ölunternehmer, die «Unruhestifter», also die aktiven Gewerkschafter, auszumerzen. Und zum ersten Mal schloss sich Ross Consolidated der Vorgehensweise der anderen an. Ben Riley, einem der Männer, die sich in der Rascum-Hütte trafen, war mitgeteilt worden, er werde nicht mehr gebraucht. Sie hätten zu viele Arbeiter, hatte der Vorarbeiter gesagt, doch das war eine glatte Lüge, denn seither waren ein halbes Dutzend neue Leute eingestellt worden. Nein, Ben war Sozialist und hatte auf Versammlungen in Paradise gesprochen und sozialistische Flugblätter verteilt, die die ungeheuerliche Verschwendung in der Erdölindustrie aufzeigten und den weltweiten Wettlauf ums Öl, der zum nächsten großen Krieg führen würde.
    Es war Ruth, die Bunny das alles erzählte, sehr ernst und mit besorgtem Blick in den sanften Augen. «Es ist eine Schande, Bunny, denn Ben hat nichts, wo er hingehen kann. Und hier hat er ein Zuhause und eine Frau und zwei kleine Mädchen.»
    Auch Bunny war beunruhigt; Dad hatte versprochen, dass so etwas nicht vorkommen werde!
    «Kannst du nichts tun?», fragte Ruth flehentlich.
    «Na ja, Ben war Fördermeister und gehörte damit zur Abteilung Betrieb, und Dad hat nur mit Erschließungsarbeiten zu tun. Er wird dem Betriebsleiter nicht in die Quere kommen wollen.»
    «Dann frag ihn doch, ob er Ben in der Erschließung beschäftigen kann.»
    «Ich werde ihn fragen, Ruth, aber ich weiß schon, was er antwortet: Wenn er Männern, die andere Abteilungen loswerden wollen, Arbeit anbietet, würde das böses Blut geben. Und du weißt ja, was für ein Trara er um die gute Stimmung in der Firma macht.»
    «Ja, Bunny, aber was ist mit der Stimmung von Ben und den Männern?», erwiderte Ruth mit jenem erstaunlich hartnäckigen Nachdruck, den sanfte Menschen manchmal an den Tag legen. Ruth verstand sich nicht auf abstrakte Themen, sie vertrat keine Theorien über den «Klassenkampf», aber sobald es um Tatsachen ging, um menschliches Leid, wurde sie davon gepackt und war ebenso entschlossen wie Paul. Diese Männer, die zum Streiten und Erörtern in die Hütte kamen, waren alle ihre Freunde, und wenn sie nicht anständig behandelt wurden, musste man etwas unternehmen!
    Erneut befand sich Bunny in der alten, quälenden Situation, in der er einen Kampf mit ansehen musste, dem er nicht Einhalt gebieten, ja den er nicht einmal entschärfen konnte. Es gelang Ben Riley, auf einer Ranch Beschäftigung zu finden, er musste dort zwölf Stunden am Tag arbeiten, kam aber trotzdem abends aufs Gelände zurück und trug seine sozialistischen Druckschriften aus – mit einem ätzenden Gefühl der Verbitterung natürlich, das seine Freunde teilten.
    Auch Tom Axton von der Gewerkschaft war wieder da, und er, Paul und Bunny führten lange Gespräche. Wie im

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