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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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hier, als Spielgefährtin für einen jungen Idealisten, der vor den Sorgen anderer Menschen davonlief. Sie nahmen Annabelles ungenutzte Pferde, ritten ohne Sattel über die Berge bis zum Strand, galoppierten in die Brandung und schwammen mit ihnen, zur großen Verwunderung der Seehunde; oder sie ließen die Pferde frei laufen, veranstalteten Wettrennen, übten Handstandüberschlag und schlugen Räder. Dann lief Vee, ein Wirbelwind aus fliegenden weißen Gliedern und wehendem schwarzem Haar, bis weit ins Wasser hinein, und die Wellen waren nicht wilder als ihr Gelächter. Anschließend setzten sie sich in die Sonne, und sie erzählte ihm Geschichten über Hollywood – und bestimmt waren die Wellen auch nicht wilder als diese Geschichten. In Hollywood konnte alles passieren, es passierte auch tatsächlich alles, und Vee kannte die Leute, denen es passierte.
    Bunny fuhr wieder heim und merkte, dass ihn etwas verfolgte, eine Gestalt in einem engen, einteiligen Badeanzug, eine junge Gestalt, kraftvoll, aber anmutig, lebhaft und gewandt. Es war offensichtlich, dass sie ihn mochte, und wenn Bunny aus seinen Träumen erwachte, wurde ihm bewusst, dass auch er sie mochte. Er dachte an sie, wenn er eigentlich lernen sollte, und seine Gedanken ließen sich in einer Frage zusammenfassen: «Warum nicht?» Dann erschien die Nymphe Echo in Gestalt von Dad, Mr Roscoe, Annabelle Ames und ihren Freunden und antwortete: «Warum nicht?» 91 Die einzige Person, die anders reagiert hätte, wäre Henrietta Ashleigh gewesen, doch Henrietta war bedauerlicherweise fast ganz aus seiner Erinnerung verschwunden. Bunny besuchte weder die blaue Lagune, noch sprach er die Gebete aus dem schwarzgoldenen Büchlein.
    Bunny rief Vee Tracy im Studio oder in ihrem Bungalow an, und sie war immer für einen Spaß zu haben. Sie gingen in eines der Restaurants, in dem die Schauspieler aßen, anschließend in eines der vielen Kinos, in dem eben diese Schauspieler zu sehen waren, und sie erzählte ihm vom Privatleben dieser Leute – Geschichten, die noch absonderlicher waren als die für sie erfundenen. Schon bald zählte die tratschende Filmwelt eins und eins zusammen: Vee Tracy hatte sich einen Millionär geangelt, einen Ölprinz – ha, da hatten die Millionen zusammengefunden! Aber es war auch noch romantisch, denn er war angeblich Bolschewik! Die Blicke und Worte, die Bunny auffing, waren ein weiteres Echo auf jene irritierende Frage: «Warum nicht?»
    4
    Während sie halb im Sand vergraben am Strand saßen und über das blaue Wasser schauten, erzählte sie aus ihrem Leben. «Ich bin kein unbeschriebenes Blatt, Bunny, glaub das nicht. Als ich in dieses Spiel einstieg, musste ich mir meinen Weg selbst bahnen, und ich habe dafür bezahlt wie jedes andere Mädchen. Du wirst allerlei Lügen darüber hören, aber lass dich nicht täuschen, es gibt keine weiblichen Produzenten, und unter den Männern gibt es keine Heiligen.»
    Bunny dachte darüber nach. «Können sie sich nicht damit zufriedengeben, eine gute Schauspielerin gefunden zu haben?»
    «Sie kann tagsüber eine gute Schauspielerin sein und nachts eine gute Geliebte. Ein Mann kann beides haben, und er nimmt beides.»
    «Das klingt ziemlich entsetzlich», sagte Bunny.
    «Ich sage dir, der Wettbewerb in diesem Spiel ist extrem hart; wenn du vorwärtskommen willst, ist alles andere unwichtig und unwirklich. Ich weiß, dass es bei mir so war; ich trieb mich vor den Türen der Studios herum – ich war erst fünfzehn –, ich habe gehungert und gehofft und schließlich mit dem Teufel geschlafen, um hineinzukommen.»
    Sie saß da und starrte vor sich hin, und Bunny, der sie aus dem Augenwinkel beobachtete, sah die Wut in ihrem Gesicht.
    «Man muss auch Folgendes bedenken», fuhr sie fort. «Ein Mädchen begegnet einem Mann, der eine Menge Geld hat, sie in einem großen Auto spazieren fährt, ihr etwas Gutes zu essen und viele schöne Kleider kauft und sie in einem Bungalow wohnen lässt. Sie findet das hochanständig von ihm und kommt leicht auf den Gedanken, dass er etwas ganz Besonderes ist. Die Moralapostel, die keine Ahnung haben, rümpfen freilich die Nase, aber die schlichte Wahrheit ist: Der Mann mit dem Geld, der mich tatsächlich zum Film brachte, war für mich fast so etwas wie ein Gott, und es war nur recht und billig, ihm zu geben, was er wollte. Ich musste erst ein paar Monate mit ihm leben, um zu erkennen, dass er ein dickköpfiger Dussel war.»
    Sie schwiegen beide. «Ich nehme an», sagte

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