Öl!
zuwiderlief, verdrehte er die Augen, begann laut zu beten und «ließ los». Bunny hatte Dad davon erzählt, und offenbar hatte Dad sich schon überlegt, was er dann tun würde.
Er antwortete in nicht minder feierlichem Ton: «Ja, wir sind erlöst.»
«Ihr seid im Blut gewaschen?»
«Ja, Bruder, wir sind gewaschen.»
«Zu welcher Kirche gehörst du, Bruder?»
«Zur Kirche des Wahren Wortes.»
Kurze Stille. «Von so einer hab ich noch nie was gehört», sagte Mr Watkins.
«Tut mir leid», sagte Dad. «Ich würd’s Ihnen gern erklären, aber wir dürfen mit Fremden nicht über unsern Glauben reden.»
«Aber, Bruder!» Mr Watkins war sichtlich verblüfft. «In der Bibel steht, ‹der Herr hat uns berufen, ihnen das Evangelium zu predigen› und auch ‹das Evangelium muss zuvor gepredigt werden unter allen Völkern›.» 17
«Ich versteh schon, Bruder», sagte Dad immer noch todernst, «aber nach unserer Glaubensauffassung freunden wir uns erst mit den Menschen an und reden später über unsere Religion. Wir müssen die Überzeugungen der anderen respektieren.»
«Ja, Bruder», sagte Mr Watkins; seine Stimme verebbte gewissermaßen, und man merkte, dass er nicht wusste, was er darauf erwidern sollte. Er blickte auf seine Familie, als erwarte er von ihr Beistand, aber keiner von ihnen hatte bisher je mehr gesagt als «ja, Pap», wenn er etwas befohlen hatte.
So war es an Dad, der peinlichen Situation ein Ende zu bereiten. «Wir sind hier raufgekommen, weil wir nach Schopfwachteln suchen», sagte er. «Ich hör jede Menge hier in der Gegend.»
5
Es wurde so kalt, dass das kleine Feuer nicht mehr ausreichend Behaglichkeit spendete, deshalb verabschiedete sich die Familie Watkins; Dad und Bunny bauten ihr Zelt auf, verstauten ihre Siebensachen, und Bunny pustete in die Matratze, bis sie prall war. Die Sterne glitzerten, und so schlugen sie ihr Lager unter freiem Himmel auf. Nachdem sie die Decken ausgebreitet hatten, zogen sie Schuhe und Oberbekleidung aus, legten alles ins Zelt und krochen eilends unter die Decken – huuh! Diese Kälte brachte einen richtig zum Schlottern! Bunny rollte sich zu einem Ball zusammen, lag da, spürte den nächtlichen Wind auf seiner Stirn und fragte: «Sag mal, Dad, was ist denn die Kirche des Wahren Wortes?»
Dad kicherte. «Der arme alte Idiot», sagte er, «mit irgendwas musst ich ihm ja den Mund stopfen.»
Sie lagen still da, und schon bald atmete Dad tief und gleichmäßig. Der Junge dagegen fand noch keinen Schlaf, obwohl er müde war. Er lag da und grübelte vor sich hin. Dads moralische Grundsätze waren nicht die, denen Bunny zu folgen beschlossen hatte. Dad log, wenn er es für nötig hielt; als Grund gab er an, dass der andere mit der Wahrheit nichts anzufangen wusste oder, je nach den Umständen, kein Anrecht darauf hatte. Andererseits aber, auch dies war klar, wollte Dad nicht, dass Bunny diesen Grundsätzen folgte. Er mochte Bunny befehlen, nichts zu sagen, aber er hätte ihm nie befohlen zu lügen, und wenn Dad lügen musste, tat er es normalerweise nicht in Bunnys Gegenwart. Es gab eine Menge solcher Widersprüche: Dad rauchte Zigarren und trank hie und da, wollte aber nicht, dass Bunny rauchte oder trank. Es war ganz seltsam.
Bunnys Kopf und Gesicht waren kalt, aber der Rest war warm, und er ließ sich treiben, davontreiben, seine Gedanken verschwammen – doch plötzlich war er wieder wach. Was war das? Die Matratze schaukelte, und Bunny kullerte von einer Seite zur andern, sodass er sich mit den Ellbogen abstützen musste. «Dad!», rief er. «Was ist das?»
Dad war sofort wach; er setzte sich auf, und auch Bunny setzte sich auf und brauchte beide Hände, um sich festzuhalten. «Herrje!», rief Dad. «Ein Erdbeben!»
Tatsächlich, ein Erdbeben! Also wirklich, was für ein merkwürdiges Gefühl, wenn der feste Erdboden, auf den man sich immer verließ, einen so durchschüttelte! Der Baum über ihnen begann zu knarzen, als brächte ihn ein Wind zum Schwanken; sie sprangen auf und flohen aus diesem Unterstand. Geschrei erhob sich, ein Blöken und Klagen – den Ziegen gefiel dieses Ereignis noch weniger als den Menschen, sie hatten ja keinen Begriff von Erdschichten und geologischen Verwerfungen, womit sie sich hätten beruhigen können. Und dann ertönte ein ganz anderes Geschrei, es kam von der Familie Watkins, die offenbar aus ihrer Hütte gerannt war. «Gloria, halleluja! Jesus, rette uns! Herr, sei uns gnädig!»
Dad sagte: «Es ist schon vorbei; komm,
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