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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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geduldig, aber sie wachsen nicht, es wächst bloß ein bisschen Luzerne, und vielleicht ist sogar dafür zu viel Alkali im Boden. Der Möchtegernfarmer muss seine Bäume wieder ausreißen, alle Spuren verwischen und einen Immobilienmakler beauftragen, einen neuen Gimpel zu suchen.»
    Auf der Beifahrerseite des Autos, dort, wo Bunny saß, war ein großes, in wasserdichtes Tuch gehülltes Bündel aufs Trittbrett geschnallt. Sie würden im Zelt übernachten – und das hieß, dass sich der Junge in uralten Erinnerungen des Menschengeschlechts verlor, in den Fährnissen und Erregungen von vor zehntausend Jahren. Bunnys Hände umklammerten zwei Repetiergewehre, er hielt sie so seit Stunden, erstens, weil er sie gern in seinen Händen spürte, und zweitens, weil sie unter freiem Himmel transportiert werden mussten – im Packkasten eingeschlossen, wären es «verborgene Waffen» gewesen, und das war gegen das Gesetz.
    Kurz vor dem Talschluss bog eine Schotterstraße ab, und auf einem Schild stand: «Paradise, 8 Meilen». Sie kurvten einen kleinen Pass hinauf, zwischen Bergen, die aussahen wie umgestürzte Felsbrocken in allen Größen und Farben. Es gab Obstfarmen; die Bäume mit ihren weiß gekalkten Stämmen waren jetzt kahl, und junge Bäume waren mit Maschendraht umwickelt, um die Kaninchen fernzuhalten. Es hatte zum ersten Mal wieder geregnet, und frisches Gras zeigte sich – der kalifornische Frühling beginnt im Herbst.
    Der Pass verbreiterte sich, hie und da standen Farmhäuser, dann kam das Dorf Paradise, eine einzige Straße mit ein paar Läden im Schutz von Eukalyptusbäumen, die im späten Nachmittagslicht lange Schatten warfen. Dad hielt vor der Tankstelle, die gleichzeitig der Lebensmittelladen war. «Können Sie mir sagen, wo die Ranch der Watkins’ liegt?»
    «Es gibt zwei Watkinse», antwortete der Mann. «Den alten Abel Watkins …»
    «Der ist es!», rief Bunny.
    «Der hat eine Ziegenfarm drüben bei der ‹Rutsche›. Ist nicht ganz einfach zu finden. Wollten Sie noch heut Abend hin?»
    «Macht nix, wenn wir uns verirren», sagte Dad. «Wir haben ein Zelt dabei.»
    Daraufhin wies ihnen der Mann umständlich den Weg. Sie mussten die Straße hinter dem Schulhaus nehmen und wurden ganz schön durchgerüttelt, dann kamen ungefähr sechzehn Abzweigungen, von denen sie die richtige erwischen mussten, dann folgte man der Holzrinne, die das Wasser hinunter nach Roseville beförderte, und dann war es der vierte Arroyo 16 nach der Schaffarm des alten Tucker mit dem kleinen Haus unter den Pfefferbäumen. Sie fuhren los und folgten einem gewundenen Weg, der ganz offensichtlich von Schafen ausgetreten worden war; die Sonne versank hinter den dunklen Bergen, und die Wolken wurden rosa; die beiden wichen Felsbrocken aus, die für das Auto zu groß waren, krochen zu tief eingefurchten Rinnsalen hinab und arbeiteten sich unter ständigem Schalten auf der anderen Seite wieder hinauf. Unnötig, sich nach Wachteln zu erkundigen; die Vögel sammelten sich für die Nacht, und von allen Bergen erklang das Echo des melodiösen Wachtelschlags.
    Bald kamen sie zu der «Rutsche», einer Holzrinne, die das Wasser ins Tal beförderte und schon so viele Lecks hatte, dass sich nach allen Richtungen leuchtend grünes Gras ausbreitete, Futter für eine große Schafherde, die weder dem Auto noch dessen Gehupe Beachtung schenkte. Diese dummen Viecher, die gerieten einem noch unter die Räder! Da kam ein Mann dahergeritten, ein großer, brauner, gut aussehender Kerl mit einem bunten Halstuch und einem breitkrempigen Hut mit Lederriemen. Er trieb eine Viehherde heim, und wie er so ritt, machten sein Sattel und seine Steigbügel «knrz, knrz», ein aufregendes Geräusch für einen Jungen, besonders in der abendlichen Stille. Dad hielt an, der Mann hielt ebenfalls, Dad sagte: «Guten Abend», und der Mann antwortete: «Abend.» Er hatte ein angenehmes, offenherziges Gesicht und wies ihnen den Weg. Sie könnten den Arroyo gar nicht verfehlen, denn der führte als einziger Wasser, und wenn sie ein wenig höher kämen, würden sie schon die Gebäude sehen. Als sie weiterfuhren, sagte Bunny: «Himmel, Dad, ich wollte, wir könnten hier leben, so ein Pferd würde ich auch gern reiten.» Er wusste, das gefiel Dad, denn der Mann sah genauso aus, wie ein Mann nach Dads Meinung aussehen musste, groß und kräftig und braungebrannt wie eine Rothaut. Ja, es brauchte bestimmt nicht viel, um Dad zu überreden, seinem Sohn die Ranch der Watkins ’ zu

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