Öland
aufgelegt.«
»Ja. Ich wollte wissen, was … mit der Sandale«, stotterte
Ann-Britt Malm. »Ich wollte wissen, warum sie in Martins
Besitz war, was das zu bedeuten hatte. Aber ich hatte Angst
vor der Antwort, Angst davor, dass Martin Ihrem Kind etwas
angetan hatte.«
»Nicht meinem Kind«, sagte Gerlof erschöpft. »Jens war
mein Enkelkind. Aber ich weiß auch nicht, was die Sandale
zu bedeuten hat.«
»Mir geht es genauso, und das ist …« Sie verstummte. »Martinwollte mir nichts erzählen, als er sie mir gab, aber ich
habe … Aber vielleicht hat er die Sandale als eine Art Sicherheit an sich genommen. Könnte das eine Möglichkeit sein?«
»Als Sicherheit?«, wiederholte Gerlof.
»Um sich vor jemandem zu schützen«, ergänzte Ann-Britt
Malm. »Ich weiß doch auch nicht.«
Gerlof sah sie an.
»Hat Martin jemals über die Kants gesprochen? Familie
Kant?«
Ann-Britt zögerte, dann nickte sie, ohne Gerlof in die Augen zu sehen.
»Doch, schon, aber er hat nur gesagt, dass sie Geschäfte
miteinander gemacht haben. Vera Kant hatte ja in Martins
Containerschiffe investiert.«
»Vera aus Stenvik? Das ist doch sicher eher ihr Bruder August gewesen, oder nicht?«
Ann-Britt schüttelte den Kopf.
»Vera Kant hat in Martins erstes Containerschiff investiert«, wiederholte sie ernst. »Er brauchte dieses Geld, daran
erinnere ich mich genau.«
Gerlof nickte. Er hatte nur noch eine Frage auf den Lippen,
dann würde er dieses große, düstere Haus verlassen.
»Als Martin Ihnen den Umschlag gab, hatte er da kurz vorher Besuch gehabt?«
»Wir bekommen nicht so oft Besuch«, war Ann-Britts Antwort.
»Ich glaube, jemand aus Stenvik könnte hier gewesen
sein«, sagte Gerlof. »Ein alter Steinmetz, Ernst Adolfsson.«
»Ernst, ja, das stimmt«, sagte sie. »Wir haben ihm einige
Steinskulpturen abgekauft. Er ist ja leider tot. Er war hier,
aber schon Anfang des Sommers.«
Ernst ist mir einen großen Schritt voraus gewesen, dachte
Gerlof.
»Vielen Dank für alles«, sagte er und holte seinen Mantel,der ihm viel schwerer erschien als zuvor, fast wie eine Rüstung. »Kommt Martin bald ins Krankenhaus?«, fragte er zum
Abschied.
»Nein, er geht nicht ins Krankenhaus, die Ärzte kommen
immer zu uns.«
Auf der Treppe packte ihn der Wind und ließ ihn vor Kälte
wanken, auch weil er so müde war. Außerdem nieselte es.
Als er keinen Wagen auf der Straße ausmachte, kniff er die
Augen zusammen, um sich gegen die Kälte zu wappnen, entdeckte dann aber Johns Auto, das etwas weiter weg geparkt
war.
John nickte Gerlof zu, als der die Beifahrertür öffnete und
sich hineinsetzte.
»Das wäre erledigt«, schnaufte er.
»Gut«, erwiderte John.
Da erst bemerkte Gerlof, dass hinter Johns Sitz eine breitschultrige Gestalt saß, sein Sohn Anders.
»Ich bin zu seiner Wohnung gefahren«, erzählte John. »Sie
haben ihn laufen lassen, Anders ist wieder frei.«
»Das freut mich. Hallo, Anders.«
Johns Sohn nickte zum Gruß.
»Das ist doch gut, dass dir die Polizei geglaubt hat, nicht?«,
sagte Gerlof.
»Ja.«
»Du wirst Vera Kants Haus bestimmt nicht noch mal einen
Besuch abstatten, oder?«
»Nee.« Anders schüttelte heftig den Kopf. »Da spukt es.«
»Ich habe davon gehört«, sagte Gerlof. »Hattest du gar keine
Angst?«
»Nee«, erwiderte Anders. »Sie ist ja in ihrem Zimmer geblieben.«
»Sie? Meinst du Vera Kant?«
Anders nickte.
»Sie ist verbittert.«
»Verbittert?«
»Sie fühlt sich betrogen.«
»Ach, tut sie das!«
Er musste an das denken, was Maja ihm von den zwei Männerstimmen erzählt hatte, die sie in Veras Haus gehört hatte.
War eine der Stimmen vielleicht die Martin Malms gewesen?
Der Regen wurde stärker, und John stellte die Scheibenwischer an, als sie losfuhren.
»Ich würde gerne noch ein bisschen bei Anders in Borgholm bleiben«, sagte er. »Wir wollten mit seiner Mutter Kaffee
trinken. Du bist bestimmt herzlich eingeladen.«
»Nein, ich werde nach Hause fahren«, warf Gerlof schnell
ein. »Sonst wird Boel noch hysterisch.«
»Aha.«
»Ich komme doch auch mit dem Bus nach Marnäs, fährt
der nächste nicht schon um halb vier?«
»Wir können ja mal an der Haltestelle nachsehen«, schlug
John vor.
Gerlof saß schweigend neben seinem Freund, während sie
durch Borgholm fuhren. Wie so oft hatte er das Gefühl, dass
er bei dem Gespräch mit Martin Malm wichtige Dinge übersehen, die falschen Fragen gestellt und die
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