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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Vera Kant aus Stenvik. August kanntest du ganz gut, oder? Ihr beide habt ja
     ziemlich viele Geschäfte miteinander gemacht.«
    Martin versuchte aus dem Rollstuhl aufzustehen. Zumindest wirkte es so, seine Schultern zuckten, er atmete in kurzen Stößen, und seine Füße pressten sich gegen die Fußstützen. Er öffnete den Mund.
    »Frr-schoff«, stieß Martin mit heiserer Stimme hervor.
    »Wie bitte?«, fragte Gerlof. »Was hast du gesagt, Martin?«
    »Frr-schoff«, wiederholte dieser.
    Verwirrt sah Gerlof ihn an und ließ das Buch sinken. Was
     hatte Martin da gestammelt? Es klang wie Frische . Oder vielleicht Freundschaft?
    Oder war es ein Name –  Fridolf?
    Oder Fritiof?

PUERTO LIMÓN, JULI 1963
    U ngeduldig wartet Nils seit einer halben Stunde in der
     Dunkelheit unter den Palmen, mit dem Rücken zum Strand.
     Mücken umschwirren ihn. Er verscheucht sie und denkt an
     Öland, wie schön es gewesen ist, durch die Alvar zu streifen,
     frei und ohne Sorgen. Er lauscht, hört aber keine Geräusche
     vom Strand.
    Endlich nähern sich hinter ihm Schritte.
    »Es hat gedauert, aber jetzt schläft er«, sagt Fritiof.
     »Sehr gut.«
    Nils begleitet Fritiof an den Strand. Der schwedische Borrachon liegt wie ein Sack Kartoffeln zusammengesunken neben
     der Glut des Lagerfeuers. In der Hand hält er seine letzte
     Weinflasche.
    »Dann dürfen Sie jetzt loslegen«, sagt Fritiof.
    »Ich?«
    »Ja, Sie.« Fritiof sieht ihn scharf an. »Ich hatte genug damit
     zu tun, den Penner auf der gesamten Fahrt wach zu halten.
    Jetzt sind Sie an der Reihe.«
    Nils sieht auf den Borrachon herab, ohne sich zu rühren.
     »Er ist ein Nichts, Nils«, sagt Fritiof. »Nur für uns ist er
     wertvoll.«
    Nils kann sich immer noch nicht bewegen.
    »Glauben Sie, dass Sie dafür in die Hölle kommen?«, fragt
     Fritiof ihn.
    Nils schüttelt den Kopf.
    »Das tun Sie auch nicht«, sagt Fritiof. »Sie kommen nach
     Hause!«
    »Die ist hier«, erwidert Nils.
    »Was ist hier?«
    »Die Hölle ist hier«, wiederholt Nils.
    »Umso besser.« Fritiof nickt. »Dann wird es Zeit, dass Sie
     diese Hölle verlassen.«
    Nils nickt müde, bückt sich, greift dem Borrachon unter die
     Arme und hebt den Oberkörper an. Der Mann brummelt im
     Schlaf, wehrt sich aber nicht. Nils schleift ihn durch den
     Sand zum schwarzen Meer.
    »Geben Sie auf die Haie Acht!«, ruft Fritiof ihm hinterher.
     Das Wasser ist lauwarm, die Dünung relativ hoch. Nils
     geht rückwärts ins Meer und zieht den Körper des Borrachons
     hinter sich her.
    Plötzlich bewegt sich der Mann. Der Borrachon hustet, als
     eine Welle über sein Gesicht schwappt, und versucht sich zu
     wehren. Nils beißt sich auf die Lippe, stapft noch ein paar
     Meter tiefer ins Wasser, bis es ihm bis zu den Oberschenkeln
     steht, und drückt den Borrachon mit aller Kraft unter Wasser.
     Er schließt die Augen und fängt an zu zählen: eins, zwei,
     drei …
    Die Arme des Mannes schlagen wild um sich, um an die
     Wasseroberfläche zu gelangen. Nils hält ihn fest, denkt an
     Öland und zählt weiter.
    … achtundvierzig, neunundvierzig, fünfzig  …
    Er hat das Gefühl, dass es eine Ewigkeit dauert, bis der Körper des Schweden endlich aufgibt. Trotzdem bleibt Nils
     stehen und drückt ihn unter Wasser. Fort mit allem Leben,
     nichts darf zurückbleiben. Wenn er nur lange genug wartet,
     erscheint ihm der Borrachon vielleicht nicht in seinen Träumen wie Kommissar Henriksson.
    »Alles in Ordnung?«, ruft Fritiof vom Strand.
    »Ja.«
    »Sehr gut, Nils.« Fritiof kommt zu ihm ins Wasser, bückt
     sich, nimmt einen Arm des Toten und lässt ihn fallen. »Gut
     gemacht.«
    Nils sagt kein Wort. Er bleibt in den Wellen stehen, während Fritiof den leblosen Körper ans Ufer schleppt. Plötzlich
     muss er an seinen kleinen Bruder Axel denken.
    Es war ein Unfall, Axel, ich wollte dich nicht  … Wenn man mordet, kehren die Toten zurück.
    Fritiof watet an den Strand und wischt sich mit dem
     Hemdsärmel über die Stirn. Er schnauft.
    »Prima. Das hätten wir erledigt«, sagt er zufrieden und
     dreht sich zu Nils um. »Dann sind Sie jetzt dran, mir davon
     zu erzählen.«
    »Wovon zu erzählen?«
    Nils kommt mit langsamen Schritten aus dem Wasser und
     baut sich vor ihm auf.
    »Von der Kriegsbeute, die Sie versteckt haben. Wo ist sie,
     Nils?«
    Der Körper des Småländers liegt zwischen ihren Füßen.
     Nils weiß, dass Fritiof jetzt Oberwasser hat, aber er weigert
     sich nachzugeben.
    »Und wie heißen Sie jetzt

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