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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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dass die von den Schiffssensoren
aufgezeichneten Ereignisse von Objekten und Quanten im gleichen Raum
ausgelöst wurden: von Staubkörnern, Magnetfeldern und den
Radarechos von näheren Himmelskörpern, sowie von der
Strahlung weiter entfernter Welten, Sterne, Galaxien oder Quasare,
dem kosmischen Hintergrundgeräusch. Dazu musste sie präzise
abschätzen können, wie die Daten auszusehen hatten, die sie
von solchen Objekten empfing. Diese Vorschriften hatte niemand
für sie aufgestellt: Sie hatte sie im Lauf der Zeit selbst
formuliert und mithilfe jeweils neuer Informationen korrigiert. Es
war ein Verfahren, das niemals abgeschlossen werden konnte, doch sie
trieb das Spiel nun schon so lange, dass sie sich als wahren Meister
betrachtete.
    Zum Beispiel wusste sie, dass Planeten – oder vielmehr die
entsprechenden abstrakten Objekte in ihrem Modell – sich
keinesfalls so verhielten. Bei einem Ereignis der
äußeren Welt war ein solcher Fehler vollkommen
unerklärlich. Das bedeutete, dass bei der Datenerfassung etwas
schief gelaufen sein musste.
    Die Persönlichkeit verfolgte diesen Ansatz noch ein wenig
weiter. Auch damit war die Anomalie nur schwer zu erklären.
    Sie war ungemein selektiv, nur der Planet selbst war davon
betroffen. Nichts sonst, nicht einmal seine Monde, war auch nur im
Geringsten von der Normalität abgewichen.
    Die Unterpersönlichkeit änderte ihre Meinung: Die
Anomalie musste von außen kommen, und daraus folgte, dass ihr
eigenes Modell der realen Welt schockierend fehlerhaft war. Auch
dieses Ergebnis gefiel ihr nicht. Sie hatte schon sehr lange keinen
zwingenden Grund mehr gesehen, das Modell so drastisch zu revidieren,
und war über eine solche Zumutung empört.
    Außerdem konnte sie auf Grund dieser Beobachtung nicht
ausschließen, dass für die Gnostische Himmelfahrt selbst… nun ja, nicht gerade Gefahr im Verzug war – der
fragliche Planet war immer noch Dutzende von Lichtstunden entfernt
–, aber dass sich das Lichtschiff womöglich auf einem Kurs
befand, auf dem irgendwann in der Zukunft mit nicht unerheblichen
Risiken gerechnet werden musste.
    Das gab den Ausschlag. Die Unterpersönlichkeit traf eine
Entscheidung: In diesem Fall hatte sie keine andere Wahl. Sie musste
die Besatzung informieren.
    Und das konnte nur eines bedeuten: eine Direktbotschaft an
Königin Jasmina.
    Die Unterpersönlichkeit stellte fest, dass die Königin
derzeit auf dem von ihr bevorzugten Betrachtungsmedium Statusberichte
abrief. Es übernahm kraft ihrer Vollmacht die Kontrolle
über die Datenleitung und löschte beide Bildschirme
für eine Notfallmeldung.
    Dann formulierte sie einen einfachen Text: SENSOR-ANOMALIE:
ERBITTE ANWEISUNG.
    Die Nachricht flimmerte nur für einen Moment – deutlich
kürzer als das ursprüngliche Ereignis, das immerhin eine
halbe Sekunde gedauert hatte – über die Bildschirme der
Königin und forderte ihre Aufmerksamkeit.
    Dann besann sich die Unterpersönlichkeit hastig eines
Besseren.
    Vielleicht war es doch ein Fehler. Die Anomalie war zwar
unerklärlich gewesen, aber sie hatte sich von selbst
behoben.
    Die tieferen Schichten hatten keine weiteren ungewöhnlichen
Beobachtungen gemeldet. Der Planet benahm sich genau so, wie es sich
in den Augen der Unterpersönlichkeit gehörte.
    Nach einer weiteren Bedenkzeit gelangte sie endlich zu dem
Schluss, das Ereignis ließe sich als Wahrnehmungsstörung
interpretieren. Es genügte, alles noch einmal durchzugehen, alle
Einzelheiten aus der richtigen Perspektive zu betrachten und nicht
nur in eingefahrenen Bahnen zu denken. Als Unterpersönlichkeit
war genau das ihre Aufgabe. Wenn sie jede Anomalie, die sie nicht
sofort erklären konnte, blindlings weitergäbe, könnte
die Besatzung sie ja auch durch eine Softwareschicht ohne eigene
Intelligenz ersetzen. Oder, schlimmer, durch ein klügeres
Upgrade.
    Sie löschte den Text vom Bildschirm und ersetzte ihn durch
die Daten, die sich die Königin zuvor angesehen hatte.
    Dann schlug sie sich weiter mit dem Problem herum, bis man ihr
etwa eine Minute später eine neue Anomalie in den Postkasten
warf. Diesmal ging es um eine winzige Schubschwankung von einem
Prozent im steuerbordseitigen Synthetikertriebwerk. Damit hatte sie
einen reizvollen neuen Notfall zu bearbeiten und konnte die
Planetenfrage vorerst zurückstellen. Eine Minute war selbst
für ein Schiff mit derart langsamen Nachrichtenverbindungen eine
lange Zeit. Mit jeder weiteren Minute, die verging, ohne dass sich
der Planet daneben

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