Offene Geheimnisse und andere Enthuellungen
Frauen als unzurechnungsfähig hinzustellen, drücken sich vor den Unterhaltszahlungen, muten ihren Kindern ungeliebte, neue Partnerinnen zu, bevor die sich auch nur an die Trennungssituation gewöhnen konnten. Da wird gelogen und intrigiert, verleumdet und getrickst; kein Mittel ist mies genug, den einstmals Geliebten zu schädigen. Ich kenne einen Mann, der eines Tages in seine leer geräumte Wohnung kam – seine Frau hatte sich mit dem gesamten Mobiliar abgesetzt. Ich kenne eine Frau, die nach der Trennung zum Sozialfall wurde, weil ihr Mann mithilfe cleverer Berater sein stattliches Einkommen auf null gerechnet hat. Es scheint, als müssten manche Menschen denjenigen zerstören, der ihnen ihre Liebe entzogen hat, um selbst weiterleben zu können.
Eine der großen, ungelösten Fragen ist, ob Beziehungen scheitern, weil wir so sind, wie wir sind, oder weil wir uns die falschen Partner suchen. Die meisten Menschen glauben, es läge am Partner. Der ist schuld, dass wir nicht glücklich sind, denn schließlich ist es seine Aufgabe, uns glücklich zu machen. Wenn er das nicht schafft, hat er versagt, völlig klar.
Komisch, dass so wenige Menschen auf den Gedanken kommen, es könnte auch an ihnen liegen, wenn die Liebe zerbricht. Dass sie – vielleicht schon seit langem – zu wenig fürsorglich, aufmerksam, liebevoll und zärtlich sind. Dafür eifersüchtig, ungeduldig, desinteressiert und egoistisch.
Die Ehe ist der Sieg der Hoffnung über die Vernunft: Zwei Drittel der Ehen werden geschieden, trotzdem heiraten die Leute unverdrossen weiter, und jedes Paar hofft, es gehöre zum dritten Drittel. Manche lassen sich auch durch fortgesetztes Scheitern nicht entmutigen – sie heiraten ein zweites, ein drittes, ein viertes Mal – manchmal sogar denselben Partner!
Ohne diese naive Zuversicht, dass irgendwann alles gut werde, dass die Liebe siegen und wir glücklich werden könnten, wäre die Menschheit zum Aussterben verurteilt, deshalb müssen wir eigentlich froh sein, dass der Einzelne in dieser Hinsicht nicht besonders lernfähig ist. Und dann gibt es diese Paare, die vierzig oder fünfzig Jahre verheiratet sind und dabei zufrieden, ja, glücklich aussehen. Alt und gebückt gehen sie nebeneinander, halten sich an der Hand und lassen uns glauben, dass es die große Liebe tatsächlich gibt. Am liebsten würde man zu ihnen gehen und fragen: »Wie habt ihr das geschafft, was ist euer Geheimnis, warum hat eure Liebe überlebt?«
Einmal habe ich es gewagt, und ein Paar, beide über 80, nach ihrem Erfolgsrezept gefragt. Zwei Sätze aus diesem Gespräch sind mir in Erinnerung geblieben. Der Mann sagte: »Ich wollte immer, dass meine Frau glücklich ist.« Und die Frau sagte: »Ich wollte immer, dass mein Mann glücklich ist.«
Wie bitte? Der andere ist also nicht dazu da, m i c h glücklich zu machen, sondern ich bin dazu da, i h n glücklich zu machen? Man stelle sich vor, alle würden so denken!
Die Schlabberhosen-Mamis
Was ist es, das eine Frau zur Mutter macht? Die Empfängnis? Die Geburt? Das erste Stillen?
Alles falsch. Es ist der Tag, an dem eine Frau zum ersten Mal morgens vor dem Kleiderschrank steht und denkt: »Ist doch egal.« Die Pfunde von der Schwangerschaft wollen nicht weichen, der Stillbusen sprengt jede Bluse, nichts passt mehr. Im Bad sieht sie in den Spiegel und denkt wieder: »Ist doch egal.« Schminken, frisieren, wofür? Die einzigen Menschen, denen sie heute begegnen wird, sind die anderen Mütter in der Stillgruppe und die Kassiererin im Supermarkt. Sie denkt »ist doch egal«, und schlüpft in die potthässlichen Gesundheitssandalen, die sie trägt, seit während der Schwangerschaft ihre Füße so angeschwollen waren, dass ihr keine anderen Schuhe mehr passten. »Ist doch egal«, denkt sie, als sie beim Verlassen des Hauses über ihrer linken Schulter die Spuckwindel entdeckt und auf ihrem Ärmel Flecken von getrockneter Muttermilch. Wuchernde Achselhaare, käsige Beine, alles ist ihr egal geworden angesichts ihrer neuen Mission, der Brutpflege.
Und so kommt es, dass wir umgeben sind von Menschen, die mal Frauen waren, sich aber irgendwann so verwandelt haben, dass ihre Geschlechtszugehörigkeit nicht mehr eindeutig auszumachen ist. Weiblich können sie nicht sein, denn keine Frau würde sich freiwillig derart vernachlässigen. Männlich können sie nicht sein, denn Männer können nicht stillen. Es kann sich also nur um eine Art drittes Geschlecht handeln.
Ich bin ja nicht bekannt
Weitere Kostenlose Bücher