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Offene Geheimnisse und andere Enthuellungen

Titel: Offene Geheimnisse und andere Enthuellungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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geklont, mit ihren mager gehungerten, sonnenverbrannten Körpern und operierten Brüsten, die wie halbe Fußbälle am Strand herumliegen. Die Männer wirken wie zu groß geratene, verwöhnte Jungs, die ständig auf der Suche nach neuem Spielzeug sind, das sie achtlos fallen lassen, sobald es ihnen langweilig wird. Die Nation, die einst als so kinderfreundlich galt, bekommt inzwischen die wenigsten Kinder in ganz Europa. Irgendwie haben die Italiener beschlossen, selbst Kinder zu bleiben, statt welche zu machen. Den Grad ihrer Infantilisierung kann man übrigens am italienischen Fernsehprogramm ablesen, das ja ebenfalls in Berlusconi-Hand ist und in dem man fast nur noch großbusige Blondinen sieht, die kleine Männer an sich drücken, die alle irgendwie Ähnlichkeit mit Berlusconi haben.
    Was ist bloß geworden aus dieser Kulturnation, den warmherzigen Menschen, all dem, was ich – und mit mir Millionen anderer Deutscher – so geliebt haben?
    Na gut, nationale Vorurteile bringen uns nicht weiter. Natürlich weiß ich, dass es auch die klugen, aufgeklärten und sympathischen Italiener noch gibt, die das andere Italien verkörpern, in das wir uns mal verliebt haben, das Land unserer Sehnsüchte und Träume.
    Aber, cari amici, wo haltet ihr euch versteckt? Kommt bitte endlich raus und rettet unsere Liebe zu Italien! Rettet unser, rettet euer Italien!

Bitte einpacken!
    Der Sommer ist vorbei, und endlich sind alle wieder angezogen! Nichts gegen den Sommer, um Gottes willen. Aber dass der deutsche Mensch die heftige Neigung zeigt, sich beim ersten Sonnenstrahl die Kleidung vom Leib zu reißen und seinen mehr oder minder nackten Körper der Öffentlichkeit zu präsentieren, daran kann ich mich einfach nicht gewöhnen. Kaum ist das Wetter annähernd straßencafétauglich, werden winterweiße Waden und Schultern der Sonne ausgesetzt, bis sie sich schweinchenrosa bis signalrot verfärbt haben, und wenn schließlich die Badesaison beginnt, gibt’s kein Halten mehr. Warum es überhaupt noch Bikinioberteile gibt, ist mir rätselhaft; denn die wenigsten Frauen tragen sie noch. Stattdessen tragen sie ihre Brüste selbstbewusst am Strand oder im Freibad spazieren. Auch nichts gegen Brüste, aber wollen wir doch ehrlich sein: Die wenigsten sind so geformt, dass es ein Vergnügen ist, sie anzuschauen. Übrigens auch die wenigsten Hintern oder Penisse.
    Ich weiß schon, ich bin dabei, mich auf gefährliches Terrain zu begeben. Natürlich darf man seine Abneigung gegen zu viel Nacktheit eigentlich nicht ästhetisch begründen. Ob ein Busen schön oder unschön ist, ob ein männliches Glied als anregend oder abstoßend empfunden wird, darf nicht das Kriterium dafür sein, ob diese Körperteile öffentlich gezeigt werden sollen oder nicht. Dann müsste man ja am Eingang zum Freibad eine Pimmel- und Busenkontrolle einführen, und wer würde über Schönheit und Nicht-Schönheit entscheiden, und nach welchen Maßstäben? Geht also nicht. Wäre außerdem diskriminierend, undemokratisch, frauenfeindlich, männerfeindlich, seniorenfeindlich und was weiß ich noch alles.
    Tatsache ist aber, dass wir Anblicke zugemutet bekommen, auf die wir gerne verzichten würden, wenn wir könnten, aber meistens können wir nicht, weil wir zum Beispiel mit Freunden verabredet sind, die gerne nackt baden.
    Da kommt man dann an den Strand (selbst noch bekleidet) und begrüßt nackte Menschen mit Handschlag oder Küsschen, was schon mal ziemlich komisch ist. Womöglich sind dort andere Leute, die wir noch nicht kennen, und schon befindet man sich im Gespräch mit einem wildfremden, nackten Mann, dessen bestes Stück in nächster Nähe vor uns hängt oder womöglich nicht hängt, weil gerade eine besonders hübsche Frau vorbeigegangen ist.
    Mich macht das verlegen.
    Noch was finde ich komisch: Da hört man immer, Männer seien im Bezug auf ihren Penis so empfindlich. Dann erklären Sie mir mal, warum gerade die Männer mit den dicksten Bäuchen und den lächerlichsten Zipfelchen am liebsten nackt den Strand entlangpromenieren, und das mit einer Miene, als hätten sie Grund, auf irgendwas stolz zu sein?
    Oje, schon wieder diskriminierend! Was kann der arme Mann dafür? Wichtig ist doch, dass es ihn glücklich macht! Aber macht es uns glücklich? Leider fragt danach keiner, dabei glaube ich, dass ich mit meinem Unwohlsein nicht alleine bin. So schön es ist, nackt zu baden, die Sonne am ganzen Körper zu spüren und nahtlos braun zu werden (ich mag das alles

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